Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.Erstes Buch. ihr zu kommen: und ob ich mich gleich bemühte/solchen zu überschwimmen/ so wurde ich doch von vielen entsetzlichen Crocodilen zurücke gehalten/ welche mir mit auffgesperrten Rachen den Tod dräueten. Jn solcher Angst habt ihr mich nun erwecket/ und mich schleunigster Andacht erin- nert/ die erzürnten Götter anzuflehen/ daß sie alle üble Deutung verhindern/ und mich mit er- wündschter Hülffe beseligen wollen. Aber/ ach mein Talemon/ entdecket mir doch aufrichtig/ in was vor einem Zustande ich meine wehrte Prin- ceßin wissen soll? Talemon entfärbte sich/ und erinnerte mit kurtzen Worten/ vor ietzo nur seiner Gesundheit zu pflegen/ und den vorhin matten Leib durch übriges Sorgen nicht ferner zu schwä- chen. Solches aber betrübte den Printzen um so viel mehr/ daß er im Bette auffuhr/ und mit kläg- licher Stimme fragte: Talemon! ich beschwere euch bey dem Geiste/ der ohne Zweiffel entseelten Banise saget mir: Jst die Princeßin todt oder lebendig? Welche Worte von einer solchen her- vor scheinenden Verzweiffelung begleitet worden/ daß sich Talemon kaum erholen/ und also beant- worten konte: Ey was todt! hat es doch dem Printzen diesen Augenblick geträumet/ daß Ba- nise noch lebet; und solcher Traum giebet meiner Wissenschafft Beyfall/ ein mehrers zu wissen/ ist vor dißmal nicht nötig: es sey dann: daß einige Großmuth die Empfindligkeit dämpffe. Lebet nur Banise noch/ wiederredete Balacin/ so herr- schet B 2
Erſtes Buch. ihr zu kommen: und ob ich mich gleich bemuͤhte/ſolchen zu uͤberſchwimmen/ ſo wurde ich doch von vielen entſetzlichen Crocodilen zuruͤcke gehalten/ welche mir mit auffgeſperrten Rachen den Tod draͤueten. Jn ſolcher Angſt habt ihr mich nun erwecket/ und mich ſchleunigſter Andacht erin- nert/ die erzuͤrnten Goͤtter anzuflehen/ daß ſie alle uͤble Deutung verhindern/ und mich mit er- wuͤndſchter Huͤlffe beſeligen wollen. Aber/ ach mein Talemon/ entdecket mir doch aufrichtig/ in was vor einem Zuſtande ich meine wehrte Prin- ceßin wiſſen ſoll? Talemon entfaͤrbte ſich/ und erinnerte mit kurtzen Worten/ vor ietzo nur ſeiner Geſundheit zu pflegen/ und den vorhin matten Leib durch uͤbriges Sorgen nicht ferner zu ſchwaͤ- chen. Solches aber betruͤbte den Printzen um ſo viel mehr/ daß er im Bette auffuhr/ und mit klaͤg- licher Stimme fragte: Talemon! ich beſchwere euch bey dem Geiſte/ der ohne Zweiffel entſeelten Baniſe ſaget mir: Jſt die Princeßin todt oder lebendig? Welche Worte von einer ſolchen her- vor ſcheinenden Verzweiffelung begleitet worden/ daß ſich Talemon kaum erholen/ und alſo beant- worten konte: Ey was todt! hat es doch dem Printzen dieſen Augenblick getraͤumet/ daß Ba- niſe noch lebet; und ſolcher Traum giebet meiner Wiſſenſchafft Beyfall/ ein mehrers zu wiſſen/ iſt vor dißmal nicht noͤtig: es ſey dann: daß einige Großmuth die Empfindligkeit daͤmpffe. Lebet nur Baniſe noch/ wiederredete Balacin/ ſo herr- ſchet B 2
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Erſtes Buch.
ihr zu kommen: und ob ich mich gleich bemuͤhte/
ſolchen zu uͤberſchwimmen/ ſo wurde ich doch von
vielen entſetzlichen Crocodilen zuruͤcke gehalten/
welche mir mit auffgeſperrten Rachen den Tod
draͤueten. Jn ſolcher Angſt habt ihr mich nun
erwecket/ und mich ſchleunigſter Andacht erin-
nert/ die erzuͤrnten Goͤtter anzuflehen/ daß ſie alle
uͤble Deutung verhindern/ und mich mit er-
wuͤndſchter Huͤlffe beſeligen wollen. Aber/ ach
mein Talemon/ entdecket mir doch aufrichtig/ in
was vor einem Zuſtande ich meine wehrte Prin-
ceßin wiſſen ſoll? Talemon entfaͤrbte ſich/ und
erinnerte mit kurtzen Worten/ vor ietzo nur ſeiner
Geſundheit zu pflegen/ und den vorhin matten
Leib durch uͤbriges Sorgen nicht ferner zu ſchwaͤ-
chen. Solches aber betruͤbte den Printzen um ſo
viel mehr/ daß er im Bette auffuhr/ und mit klaͤg-
licher Stimme fragte: Talemon! ich beſchwere
euch bey dem Geiſte/ der ohne Zweiffel entſeelten
Baniſe ſaget mir: Jſt die Princeßin todt oder
lebendig? Welche Worte von einer ſolchen her-
vor ſcheinenden Verzweiffelung begleitet worden/
daß ſich Talemon kaum erholen/ und alſo beant-
worten konte: Ey was todt! hat es doch dem
Printzen dieſen Augenblick getraͤumet/ daß Ba-
niſe noch lebet; und ſolcher Traum giebet meiner
Wiſſenſchafft Beyfall/ ein mehrers zu wiſſen/ iſt
vor dißmal nicht noͤtig: es ſey dann: daß einige
Großmuth die Empfindligkeit daͤmpffe. Lebet
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