Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.Erstes Buch. vor rathsam/ bey dem Vorgeben eines Hoff-Jun-ckers von Ava zu beruhen: Das andere aber wolte er bey erster Nachfrage mit zweiffelhaffter Rede beantworten/ bis völlige Besserung seiner Wunde sich verspüren liesse. Als aber währen- den Nachsinnens das angenehme Welt-Auge/ in dem springenden Wasser eines in den Garten ste- henden Kunst-Brunnens artige Vorstellungen machte/ und solches den Talemon erinnerte/ nach zusehen/ ob den Printzen der Schlaff verlassen/ und ob er was benöthiget wäre: eilte er zuförderst seiner Frauen/ der Hassana/ zu/ und ermahnte sie/ etwas von einem Frühstücke zu verfertigen/ wel- ches zugleich stärckte und sättigte: weil sich der gestrig-späte Gast etwas übel auf befände. Da denn gedachte Hassana/ theils aus angebornem weiblichen Vorwitze/ theils aus Antrieb ihrer Pflege-Tochter Lorangy/ nicht unterließ/ fleißigst nach zuforschen: Wer doch erwehnter Gast seyn müste? Welche er aber mit der im Garten er- sonnenen Antwort befriedigte. Hierauff gieng er gantz leise nach des Printzen Zimmer/ und eröfne- te die Thüre in möglichster Stille: in willens/ die annoch brennden Nacht-Lampen ihres Ammtes zu erlassen/ und auszulöschen. Als er nun unfern dem Lager kam/ bemerckte er/ daß sich des Prin- tzen Mund bewegte/ auch/ nach etlichen tieffgehol- ten Seufftzern/ diese Worte im Schlaffe vor- brachte: Banise muß auch im Tode leben/ und ich sterbe lebendig. Worauff er gantz sanffte wie- B
Erſtes Buch. vor rathſam/ bey dem Vorgeben eines Hoff-Jun-ckers von Ava zu beruhen: Das andere aber wolte er bey erſter Nachfrage mit zweiffelhaffter Rede beantworten/ bis voͤllige Beſſerung ſeiner Wunde ſich verſpuͤren lieſſe. Als aber waͤhren- den Nachſinnens das angenehme Welt-Auge/ in dem ſpringenden Waſſer eines in den Garten ſte- henden Kunſt-Brunnens artige Vorſtellungen machte/ und ſolches den Talemon erinnerte/ nach zuſehen/ ob den Printzen der Schlaff verlaſſen/ und ob er was benoͤthiget waͤre: eilte er zufoͤrderſt ſeiner Frauen/ der Haſſana/ zu/ und ermahnte ſie/ etwas von einem Fruͤhſtuͤcke zu verfertigen/ wel- ches zugleich ſtaͤrckte und ſaͤttigte: weil ſich der geſtrig-ſpaͤte Gaſt etwas uͤbel auf befaͤnde. Da denn gedachte Haſſana/ theils aus angebornem weiblichen Vorwitze/ theils aus Antrieb ihrer Pflege-Tochter Lorangy/ nicht unterließ/ fleißigſt nach zuforſchen: Wer doch erwehnter Gaſt ſeyn muͤſte? Welche er aber mit der im Garten er- ſonnenen Antwort befriedigte. Hierauff gieng er gantz leiſe nach des Printzen Zimmer/ und eroͤfne- te die Thuͤre in moͤglichſter Stille: in willens/ die annoch brennden Nacht-Lampen ihres Ammtes zu erlaſſen/ und auszuloͤſchen. Als er nun unfern dem Lager kam/ bemerckte er/ daß ſich des Prin- tzen Mund bewegte/ auch/ nach etlichen tieffgehol- ten Seufftzern/ dieſe Worte im Schlaffe vor- brachte: Baniſe muß auch im Tode leben/ und ich ſterbe lebendig. Worauff er gantz ſanffte wie- B
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Erſtes Buch.
vor rathſam/ bey dem Vorgeben eines Hoff-Jun-
ckers von Ava zu beruhen: Das andere aber
wolte er bey erſter Nachfrage mit zweiffelhaffter
Rede beantworten/ bis voͤllige Beſſerung ſeiner
Wunde ſich verſpuͤren lieſſe. Als aber waͤhren-
den Nachſinnens das angenehme Welt-Auge/ in
dem ſpringenden Waſſer eines in den Garten ſte-
henden Kunſt-Brunnens artige Vorſtellungen
machte/ und ſolches den Talemon erinnerte/ nach
zuſehen/ ob den Printzen der Schlaff verlaſſen/
und ob er was benoͤthiget waͤre: eilte er zufoͤrderſt
ſeiner Frauen/ der Haſſana/ zu/ und ermahnte ſie/
etwas von einem Fruͤhſtuͤcke zu verfertigen/ wel-
ches zugleich ſtaͤrckte und ſaͤttigte: weil ſich der
geſtrig-ſpaͤte Gaſt etwas uͤbel auf befaͤnde. Da
denn gedachte Haſſana/ theils aus angebornem
weiblichen Vorwitze/ theils aus Antrieb ihrer
Pflege-Tochter Lorangy/ nicht unterließ/ fleißigſt
nach zuforſchen: Wer doch erwehnter Gaſt ſeyn
muͤſte? Welche er aber mit der im Garten er-
ſonnenen Antwort befriedigte. Hierauff gieng er
gantz leiſe nach des Printzen Zimmer/ und eroͤfne-
te die Thuͤre in moͤglichſter Stille: in willens/ die
annoch brennden Nacht-Lampen ihres Ammtes
zu erlaſſen/ und auszuloͤſchen. Als er nun unfern
dem Lager kam/ bemerckte er/ daß ſich des Prin-
tzen Mund bewegte/ auch/ nach etlichen tieffgehol-
ten Seufftzern/ dieſe Worte im Schlaffe vor-
brachte: Baniſe muß auch im Tode leben/ und
ich ſterbe lebendig. Worauff er gantz ſanffte
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Zitationshilfe: | Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/37>, abgerufen am 16.07.2024. |