Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.Der Asiatischen Banise. te/ indem sie lange verzog/ sich hierauff zu erklä-ren/ sondern vielmehr alle Anstalt zu möglichster Gegenwehr machte. Wie der Tyranne dieses sahe/ daß er vergeblich auff eine Antwort wartete/ stärckete er sein Lager/ ließ eine grosse Anzahl Sturmleitern verfertigen/ und seinen Soldaten andeuten/ daß sie sich inner drey Tagen zum Stur- me fertig halten solten. Wie nun alles in Be- reitschafft war/ wurden die Mauren mit solchem abscheulichen Geschrey bestürmet/ daß es schiene/ als wenn Himmel und Erde in einander gemen- get wäre: ja der Streit war so grausam/ daß in kurtzer Zeit die Lufft voll heller Flammen/ der Erdboden aber von dem Blut der Erschlagenem gantz durchweichet worden war/ wobey der Blitz der Schwerdter und Spiesse stets die Augen blen- dete/ welches dermassen grausam anzusehen war/ daß ich vermeynte/ in Ohnmacht zu fincken. Mein Gebet war inzwischen stets zu den Göttern gerich- tet/ daß sie der bedrängten Stadt beystehen/ und sie aus der Hand dieses Tyrannen erretten möch- ten/ welches auch vor dieses mal gnädigst erhöret wurde. Denn als dieser Sturm sechs Stun- den lang gewähret hatte/ und der Bluthund ver- nahm/ daß sich die Festung so tapffer wehrte/ hin- gegen die Seinigen gantz abgemattet wurden/ so ließ er die Stürmenden durch hundert und zwan- tzig tausend Mann der besten Leute ablösen/ welche den Sturm erneuern musten. Dieser andere Anfall währete biß in die Nacht/ ehe zum Abzuge ge-
Der Aſiatiſchen Baniſe. te/ indem ſie lange verzog/ ſich hierauff zu erklaͤ-ren/ ſondern vielmehr alle Anſtalt zu moͤglichſter Gegenwehr machte. Wie der Tyranne dieſes ſahe/ daß er vergeblich auff eine Antwort wartete/ ſtaͤrckete er ſein Lager/ ließ eine groſſe Anzahl Sturmleitern verfertigen/ und ſeinen Soldaten andeuten/ daß ſie ſich inner drey Tagen zum Stuꝛ- me fertig halten ſolten. Wie nun alles in Be- reitſchafft war/ wurden die Mauren mit ſolchem abſcheulichen Geſchrey beſtuͤrmet/ daß es ſchiene/ als wenn Himmel und Erde in einander gemen- get waͤre: ja der Streit war ſo grauſam/ daß in kurtzer Zeit die Lufft voll heller Flammen/ der Erdboden aber von dem Blut der Erſchlagenem gantz durchweichet worden war/ wobey der Blitz der Schwerdter und Spieſſe ſtets die Augen blen- dete/ welches dermaſſen grauſam anzuſehen war/ daß ich vermeynte/ in Ohnmacht zu fincken. Mein Gebet war inzwiſchen ſtets zu den Goͤttern gerich- tet/ daß ſie der bedraͤngten Stadt beyſtehen/ und ſie aus der Hand dieſes Tyrannen erretten moͤch- ten/ welches auch vor dieſes mal gnaͤdigſt erhoͤret wurde. Denn als dieſer Sturm ſechs Stun- den lang gewaͤhret hatte/ und der Bluthund ver- nahm/ daß ſich die Feſtung ſo tapffer wehrte/ hin- gegen die Seinigen gantz abgemattet wurden/ ſo ließ er die Stuͤrmenden durch hundert und zwan- tzig tauſend Mann der beſten Leute abloͤſen/ welche den Sturm erneuern muſten. Dieſer andere Anfall waͤhrete biß in die Nacht/ ehe zum Abzuge ge-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0358" n="338"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der Aſiatiſchen Baniſe.</hi></fw><lb/> te/ indem ſie lange verzog/ ſich hierauff zu erklaͤ-<lb/> ren/ ſondern vielmehr alle Anſtalt zu moͤglichſter<lb/> Gegenwehr machte. Wie der Tyranne dieſes<lb/> ſahe/ daß er vergeblich auff eine Antwort wartete/<lb/> ſtaͤrckete er ſein Lager/ ließ eine groſſe Anzahl<lb/> Sturmleitern verfertigen/ und ſeinen Soldaten<lb/> andeuten/ daß ſie ſich inner drey Tagen zum Stuꝛ-<lb/> me fertig halten ſolten. Wie nun alles in Be-<lb/> reitſchafft war/ wurden die Mauren mit ſolchem<lb/> abſcheulichen Geſchrey beſtuͤrmet/ daß es ſchiene/<lb/> als wenn Himmel und Erde in einander gemen-<lb/> get waͤre: ja der Streit war ſo grauſam/ daß in<lb/> kurtzer Zeit die Lufft voll heller Flammen/ der<lb/> Erdboden aber von dem Blut der Erſchlagenem<lb/> gantz durchweichet worden war/ wobey der Blitz<lb/> der Schwerdter und Spieſſe ſtets die Augen blen-<lb/> dete/ welches dermaſſen grauſam anzuſehen war/<lb/> daß ich vermeynte/ in Ohnmacht zu fincken. Mein<lb/> Gebet war inzwiſchen ſtets zu den Goͤttern gerich-<lb/> tet/ daß ſie der bedraͤngten Stadt beyſtehen/ und<lb/> ſie aus der Hand dieſes Tyrannen erretten moͤch-<lb/> ten/ welches auch vor dieſes mal gnaͤdigſt erhoͤret<lb/> wurde. Denn als dieſer Sturm ſechs Stun-<lb/> den lang gewaͤhret hatte/ und der Bluthund ver-<lb/> nahm/ daß ſich die Feſtung ſo tapffer wehrte/ hin-<lb/> gegen die Seinigen gantz abgemattet wurden/ ſo<lb/> ließ er die Stuͤrmenden durch hundert und zwan-<lb/> tzig tauſend Mann der beſten Leute abloͤſen/ welche<lb/> den Sturm erneuern muſten. Dieſer andere<lb/> Anfall waͤhrete biß in die Nacht/ ehe zum Abzuge<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ge-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [338/0358]
Der Aſiatiſchen Baniſe.
te/ indem ſie lange verzog/ ſich hierauff zu erklaͤ-
ren/ ſondern vielmehr alle Anſtalt zu moͤglichſter
Gegenwehr machte. Wie der Tyranne dieſes
ſahe/ daß er vergeblich auff eine Antwort wartete/
ſtaͤrckete er ſein Lager/ ließ eine groſſe Anzahl
Sturmleitern verfertigen/ und ſeinen Soldaten
andeuten/ daß ſie ſich inner drey Tagen zum Stuꝛ-
me fertig halten ſolten. Wie nun alles in Be-
reitſchafft war/ wurden die Mauren mit ſolchem
abſcheulichen Geſchrey beſtuͤrmet/ daß es ſchiene/
als wenn Himmel und Erde in einander gemen-
get waͤre: ja der Streit war ſo grauſam/ daß in
kurtzer Zeit die Lufft voll heller Flammen/ der
Erdboden aber von dem Blut der Erſchlagenem
gantz durchweichet worden war/ wobey der Blitz
der Schwerdter und Spieſſe ſtets die Augen blen-
dete/ welches dermaſſen grauſam anzuſehen war/
daß ich vermeynte/ in Ohnmacht zu fincken. Mein
Gebet war inzwiſchen ſtets zu den Goͤttern gerich-
tet/ daß ſie der bedraͤngten Stadt beyſtehen/ und
ſie aus der Hand dieſes Tyrannen erretten moͤch-
ten/ welches auch vor dieſes mal gnaͤdigſt erhoͤret
wurde. Denn als dieſer Sturm ſechs Stun-
den lang gewaͤhret hatte/ und der Bluthund ver-
nahm/ daß ſich die Feſtung ſo tapffer wehrte/ hin-
gegen die Seinigen gantz abgemattet wurden/ ſo
ließ er die Stuͤrmenden durch hundert und zwan-
tzig tauſend Mann der beſten Leute abloͤſen/ welche
den Sturm erneuern muſten. Dieſer andere
Anfall waͤhrete biß in die Nacht/ ehe zum Abzuge
ge-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeZum Zeitpunkt der Volltextdigitalisierung im Deut… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |