Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.Anderes Buch. aber vertrug solches mit höchster Gedult/ indem ernur diese Worte drauff sagte: Mein Freund! laß mich mit diesem Blute Nutzen schaffen/ auff daß dir nichts abgehe/ sonder du mein Fleisch dar- inne backen und rösten könnnest. Unter so viel tausend verkehrten Gemüthern aber hielt sich doch noch ein tapfferes Hertze auff/ welches ungeachtet eyfferigster Nachforschung biß ietzo unerkant/ sein Name aber in das Buch der getreuen Hel- den eingetragen verblieben ist. Dieser kunte die dem vorhin unbeglückten Xemindo angethane Beleidigung durchaus nicht vertragen: Dan- nenhero er als ein Blitz aus dem Hauffen hervor brach/ und den frechen Henckers-Buben mit einem Wurff-Spieß durch und durch rannte/ daß der Spieß in ihm stecken blieb/ und er todt zu des Xe- mindo Füssen fiel. So geschwinde diese Rache vollzogen war/ so hurtig wuste sich dieser treue Rächer wiederum unter dem Hauffen zu verber- gen/ daß alle angewandte Mühe ihn auffzusuchen/ nur vergebens war. Diese That war des elen- den Herrns letzte Vergnügung auff dieser Welt/ welche ihn dermassen bewegte/ daß er einige Thränen fallen ließ/ und sagte: Tapffere Seele/ wer du auch seyst/ wolten die Götter/ es wäre allen meinen Unterthanen gleiche Treue und Tapffer- keit eingepflantzet gewesen/ es solte mich dieser Jammer nicht betroffen haben. Jnmittelst hast du verdienet/ daß du mit ewigen Lorbeern gekrö- net werdest- Hiermit führte man ihn weiter fort/ biß X 5
Anderes Buch. aber vertrug ſolches mit hoͤchſter Gedult/ indem ernur dieſe Worte drauff ſagte: Mein Freund! laß mich mit dieſem Blute Nutzen ſchaffen/ auff daß dir nichts abgehe/ ſonder du mein Fleiſch dar- inne backen und roͤſten koͤnnneſt. Unter ſo viel tauſend verkehrten Gemuͤthern aber hielt ſich doch noch ein tapfferes Hertze auff/ welches ungeachtet eyfferigſter Nachforſchung biß ietzo unerkant/ ſein Name aber in das Buch der getreuen Hel- den eingetragen verblieben iſt. Dieſer kunte die dem vorhin unbegluͤckten Xemindo angethane Beleidigung durchaus nicht vertragen: Dan- nenhero er als ein Blitz aus dem Hauffen hervor bꝛach/ und den fꝛechen Henckeꝛs-Buben mit einem Wurff-Spieß durch und durch rannte/ daß der Spieß in ihm ſtecken blieb/ und er todt zu des Xe- mindo Fuͤſſen fiel. So geſchwinde dieſe Rache vollzogen war/ ſo hurtig wuſte ſich dieſer treue Raͤcher wiederum unter dem Hauffen zu verber- gen/ daß alle angewandte Muͤhe ihn auffzuſuchen/ nur vergebens war. Dieſe That war des elen- den Herrns letzte Vergnuͤgung auff dieſer Welt/ welche ihn dermaſſen bewegte/ daß er einige Thraͤnen fallen ließ/ und ſagte: Tapffere Seele/ wer du auch ſeyſt/ wolten die Goͤtter/ es waͤre allen meinen Unterthanen gleiche Treue und Tapffer- keit eingepflantzet geweſen/ es ſolte mich dieſer Jammer nicht betroffen haben. Jnmittelſt haſt du verdienet/ daß du mit ewigen Lorbeern gekroͤ- net werdeſt- Hiermit fuͤhrte man ihn weiter fort/ biß X 5
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Anderes Buch.
aber vertrug ſolches mit hoͤchſter Gedult/ indem er
nur dieſe Worte drauff ſagte: Mein Freund!
laß mich mit dieſem Blute Nutzen ſchaffen/ auff
daß dir nichts abgehe/ ſonder du mein Fleiſch dar-
inne backen und roͤſten koͤnnneſt. Unter ſo viel
tauſend verkehrten Gemuͤthern aber hielt ſich doch
noch ein tapfferes Hertze auff/ welches ungeachtet
eyfferigſter Nachforſchung biß ietzo unerkant/
ſein Name aber in das Buch der getreuen Hel-
den eingetragen verblieben iſt. Dieſer kunte die
dem vorhin unbegluͤckten Xemindo angethane
Beleidigung durchaus nicht vertragen: Dan-
nenhero er als ein Blitz aus dem Hauffen hervor
bꝛach/ und den fꝛechen Henckeꝛs-Buben mit einem
Wurff-Spieß durch und durch rannte/ daß der
Spieß in ihm ſtecken blieb/ und er todt zu des Xe-
mindo Fuͤſſen fiel. So geſchwinde dieſe Rache
vollzogen war/ ſo hurtig wuſte ſich dieſer treue
Raͤcher wiederum unter dem Hauffen zu verber-
gen/ daß alle angewandte Muͤhe ihn auffzuſuchen/
nur vergebens war. Dieſe That war des elen-
den Herrns letzte Vergnuͤgung auff dieſer Welt/
welche ihn dermaſſen bewegte/ daß er einige
Thraͤnen fallen ließ/ und ſagte: Tapffere Seele/
wer du auch ſeyſt/ wolten die Goͤtter/ es waͤre allen
meinen Unterthanen gleiche Treue und Tapffer-
keit eingepflantzet geweſen/ es ſolte mich dieſer
Jammer nicht betroffen haben. Jnmittelſt haſt
du verdienet/ daß du mit ewigen Lorbeern gekroͤ-
net werdeſt- Hiermit fuͤhrte man ihn weiter fort/
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Zitationshilfe: | Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/349>, abgerufen am 05.07.2024. |