Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.Erstes Buch. welcher Hülffe benöthiget wäre. Auf solche Nach-frage entschloß sich Balacin/ welcher solches vor eine Göttliche Schickung annahm/ zu antwor- ten/ und sagte: Wer ihr auch seyd von Göttern oder Menschen an diesen Ort begleitet/ erbarmet euch über eine Person/ derer Gemüthe verwun- det/ und der Leib beschädiget ist. Ponnedro/ also nennete sich der jüngere/ ward durch solche Stim- me dermassen bewegt/ daß er sich alsobald am U- fer herunterließ/ und hefftigst erschrack/ als er bey Monden-Schein die todten Cörper und das nie- dergehauene Tyger erblickte; der Printz aber er- munterte ihn mit diesen Worten: Entsetzet euch nicht/ mein Freund/ vor diesem heßlichen Anblick. Diese zwey entseelten Mörder haben nach mei- nem Leben unverschuldeter Weise getrachtet: der Schutz des Himmels aber hat sie der Schärffe meines Sebels übergeben/ wiewohl ich zugleich einen Theil meines Geblütes ihrer Mord-Begier aufopffern müssen. Weil ich denn nun schon so lange an diesem einsamen Orte/ von allen Men- schen entfernt/ und in meinem Blute hier liegen müssen/ da ohne Zweiffel diese Höle mein Grab seyn würde/ so bitte ich euch um des Himmels wil- len/ wo ihr ja von dem Anhange des Tyrannischen Käysers seyd/ durchstosset mein Hertz/ und be- freyet Leib und Gemüthe von Qvaal und Schmer- tzen. Seyd ihr aber aus dem Geschlechte der Menschen/ und aufrichtige Peguaner/ so erbar- met euch über den/ welchen der bekümmerte Printz von
Erſtes Buch. welcher Huͤlffe benoͤthiget waͤre. Auf ſolche Nach-frage entſchloß ſich Balacin/ welcher ſolches vor eine Goͤttliche Schickung annahm/ zu antwor- ten/ und ſagte: Wer ihr auch ſeyd von Goͤttern oder Menſchen an dieſen Ort begleitet/ erbarmet euch uͤber eine Perſon/ derer Gemuͤthe verwun- det/ und der Leib beſchaͤdiget iſt. Ponnedro/ alſo nennete ſich der juͤngere/ ward durch ſolche Stim- me dermaſſen bewegt/ daß er ſich alſobald am U- fer herunterließ/ und hefftigſt erſchrack/ als er bey Monden-Schein die todten Coͤrper und das nie- dergehauene Tyger erblickte; der Printz aber er- munterte ihn mit dieſen Worten: Entſetzet euch nicht/ mein Freund/ vor dieſem heßlichen Anblick. Dieſe zwey entſeelten Moͤrder haben nach mei- nem Leben unverſchuldeter Weiſe getrachtet: der Schutz des Himmels aber hat ſie der Schaͤrffe meines Sebels uͤbergeben/ wiewohl ich zugleich einen Theil meines Gebluͤtes ihrer Mord-Begier aufopffern muͤſſen. Weil ich denn nun ſchon ſo lange an dieſem einſamen Orte/ von allen Men- ſchen entfernt/ und in meinem Blute hier liegen muͤſſen/ da ohne Zweiffel dieſe Hoͤle mein Grab ſeyn wuͤrde/ ſo bitte ich euch um des Himmels wil- len/ wo ihr ja von dem Anhange des Tyranniſchen Kaͤyſers ſeyd/ durchſtoſſet mein Hertz/ und be- freyet Leib und Gemuͤthe von Qvaal und Schmer- tzen. Seyd ihr aber aus dem Geſchlechte der Menſchen/ und aufrichtige Peguaner/ ſo erbar- met euch uͤber den/ welchen der bekuͤmmerte Printz von
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0033" n="13"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Erſtes Buch.</hi></fw><lb/> welcher Huͤlffe benoͤthiget waͤre. Auf ſolche Nach-<lb/> frage entſchloß ſich Balacin/ welcher ſolches vor<lb/> eine Goͤttliche Schickung annahm/ zu antwor-<lb/> ten/ und ſagte: Wer ihr auch ſeyd von Goͤttern<lb/> oder Menſchen an dieſen Ort begleitet/ erbarmet<lb/> euch uͤber eine Perſon/ derer Gemuͤthe verwun-<lb/> det/ und der Leib beſchaͤdiget iſt. Ponnedro/ alſo<lb/> nennete ſich der juͤngere/ ward durch ſolche Stim-<lb/> me dermaſſen bewegt/ daß er ſich alſobald am U-<lb/> fer herunterließ/ und hefftigſt erſchrack/ als er bey<lb/> Monden-Schein die todten Coͤrper und das nie-<lb/> dergehauene Tyger erblickte; der Printz aber er-<lb/> munterte ihn mit dieſen Worten: Entſetzet euch<lb/> nicht/ mein Freund/ vor dieſem heßlichen Anblick.<lb/> Dieſe zwey entſeelten Moͤrder haben nach mei-<lb/> nem Leben unverſchuldeter Weiſe getrachtet: der<lb/> Schutz des Himmels aber hat ſie der Schaͤrffe<lb/> meines Sebels uͤbergeben/ wiewohl ich zugleich<lb/> einen Theil meines Gebluͤtes ihrer Mord-Begier<lb/> aufopffern muͤſſen. Weil ich denn nun ſchon ſo<lb/> lange an dieſem einſamen Orte/ von allen Men-<lb/> ſchen entfernt/ und in meinem Blute hier liegen<lb/> muͤſſen/ da ohne Zweiffel dieſe Hoͤle mein Grab<lb/> ſeyn wuͤrde/ ſo bitte ich euch um des Himmels wil-<lb/> len/ wo ihr ja von dem Anhange des Tyranniſchen<lb/> Kaͤyſers ſeyd/ durchſtoſſet mein Hertz/ und be-<lb/> freyet Leib und Gemuͤthe von Qvaal und Schmer-<lb/> tzen. Seyd ihr aber aus dem Geſchlechte der<lb/> Menſchen/ und aufrichtige Peguaner/ ſo erbar-<lb/> met euch uͤber den/ welchen der bekuͤmmerte Printz<lb/> <fw place="bottom" type="catch">von</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [13/0033]
Erſtes Buch.
welcher Huͤlffe benoͤthiget waͤre. Auf ſolche Nach-
frage entſchloß ſich Balacin/ welcher ſolches vor
eine Goͤttliche Schickung annahm/ zu antwor-
ten/ und ſagte: Wer ihr auch ſeyd von Goͤttern
oder Menſchen an dieſen Ort begleitet/ erbarmet
euch uͤber eine Perſon/ derer Gemuͤthe verwun-
det/ und der Leib beſchaͤdiget iſt. Ponnedro/ alſo
nennete ſich der juͤngere/ ward durch ſolche Stim-
me dermaſſen bewegt/ daß er ſich alſobald am U-
fer herunterließ/ und hefftigſt erſchrack/ als er bey
Monden-Schein die todten Coͤrper und das nie-
dergehauene Tyger erblickte; der Printz aber er-
munterte ihn mit dieſen Worten: Entſetzet euch
nicht/ mein Freund/ vor dieſem heßlichen Anblick.
Dieſe zwey entſeelten Moͤrder haben nach mei-
nem Leben unverſchuldeter Weiſe getrachtet: der
Schutz des Himmels aber hat ſie der Schaͤrffe
meines Sebels uͤbergeben/ wiewohl ich zugleich
einen Theil meines Gebluͤtes ihrer Mord-Begier
aufopffern muͤſſen. Weil ich denn nun ſchon ſo
lange an dieſem einſamen Orte/ von allen Men-
ſchen entfernt/ und in meinem Blute hier liegen
muͤſſen/ da ohne Zweiffel dieſe Hoͤle mein Grab
ſeyn wuͤrde/ ſo bitte ich euch um des Himmels wil-
len/ wo ihr ja von dem Anhange des Tyranniſchen
Kaͤyſers ſeyd/ durchſtoſſet mein Hertz/ und be-
freyet Leib und Gemuͤthe von Qvaal und Schmer-
tzen. Seyd ihr aber aus dem Geſchlechte der
Menſchen/ und aufrichtige Peguaner/ ſo erbar-
met euch uͤber den/ welchen der bekuͤmmerte Printz
von
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/33 |
Zitationshilfe: | Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/33>, abgerufen am 16.07.2024. |