Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.Der Asiatischen Banise. HJer kömmt ein kleiner Brief/ durch Liebe sty- lisiret/ Und legt sich/ schönstes Kind/ zu deinen Füssen hin/ Jch schwere/ daß diß Blat nichts falsches in sich führet/ Besondern iedes Wort umschrenckt der treu- ste Sinn. Der Wörter schlechte Pracht entspringt aus frommen Kiele/ Die Dinte schreibt zwar schwartz/ doch ist das Hertze weiß. Er setzet reine Treu sich nur zum keuschen Ziele/ Kurtz: Dessen Absehn ist ein grünes Myrthen- Reiß. Bewundre nicht/ mein Kind/ mein allzu kühnes Schreiben/ Den Ausspruch hat ja selbst dein schöner Mund gethan/ Es stünde bloß bey mir untreu und treu zu bleiben; Drumb nehm ich billich mich des holden Ur- thels an. Dein reines Tugend-Gold beleget mich mit Ketten/ Und deiner Schönheit Macht schliest mich in Fessel ein/ Woraus mich nichts/ als nur der blasse Tod soll retten/ Und die Erlösung soll bloß in dem Grabe seyn. Er
Der Aſiatiſchen Baniſe. HJer koͤmmt ein kleiner Brief/ durch Liebe ſty- liſiret/ Und legt ſich/ ſchoͤnſtes Kind/ zu deinen Fuͤſſen hin/ Jch ſchwere/ daß diß Blat nichts falſches in ſich fuͤhret/ Beſondern iedes Wort umſchrenckt der treu- ſte Sinn. Der Woͤrter ſchlechte Pracht entſpringt aus frommen Kiele/ Die Dinte ſchreibt zwar ſchwartz/ doch iſt das Hertze weiß. Er ſetzet reine Treu ſich nur zum keuſchen Ziele/ Kurtz: Deſſen Abſehn iſt ein gruͤnes Myrthen- Reiß. Bewundre nicht/ mein Kind/ mein allzu kuͤhnes Schreiben/ Den Ausſpruch hat ja ſelbſt dein ſchoͤner Mund gethan/ Es ſtuͤnde bloß bey mir untreu uñ treu zu bleiben; Drumb nehm ich billich mich des holden Ur- thels an. Dein reines Tugend-Gold beleget mich mit Ketten/ Und deiner Schoͤnheit Macht ſchlieſt mich in Feſſel ein/ Woraus mich nichts/ als nur der blaſſe Tod ſoll retten/ Und die Erloͤſung ſoll bloß in dem Grabe ſeyn. Er
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Der Aſiatiſchen Baniſe.
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Jch ſchwere/ daß diß Blat nichts falſches in ſich
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ſte Sinn.
Der Woͤrter ſchlechte Pracht entſpringt aus
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Die Dinte ſchreibt zwar ſchwartz/ doch iſt das
Hertze weiß.
Er ſetzet reine Treu ſich nur zum keuſchen Ziele/
Kurtz: Deſſen Abſehn iſt ein gruͤnes Myrthen-
Reiß.
Bewundre nicht/ mein Kind/ mein allzu kuͤhnes
Schreiben/
Den Ausſpruch hat ja ſelbſt dein ſchoͤner Mund
gethan/
Es ſtuͤnde bloß bey mir untreu uñ treu zu bleiben;
Drumb nehm ich billich mich des holden Ur-
thels an.
Dein reines Tugend-Gold beleget mich mit
Ketten/
Und deiner Schoͤnheit Macht ſchlieſt mich in
Feſſel ein/
Woraus mich nichts/ als nur der blaſſe Tod ſoll
retten/
Und die Erloͤſung ſoll bloß in dem Grabe ſeyn.
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