Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.Erstes Buch. alle dermassen schöne waren/ daß sie unter den ab-scheulichen hauffen ihrer Führer und Henckers- Knechte wie die Sonnen-Strahlen unter den schwartzen Wolcken hervor leuchteten. Man erblickte an ihnen das zärteste Wesen/ und spiel- ten die vor Angst erblasseten Rosen ihrer Wan- gen noch mit solcher Anmuth/ daß auch die Stei- ne hierdurch hätten sollen erweichet werden/ an- gesehen alle zwischen funffzehen und fünff und zwantz Jahren ihre Jugend mit einer schmertzli- chen Todes-Art verwechseln musten. Dieser vor Augen stehende schmähliche Tod/ und erbärm- liche Unbilligkeit pressete einen Seufftzer und Zet- ter-Geschrey nach dem andern heraus/ worbey diese schwache/ doch holdselige Creaturen/ fast iedesmal in eine Ohnmacht fielen. Ob nun zwar viel andere Weiber/ welche ihnen das Ge- leite gaben/ ihnen allerhand Stärckungen und Confect reicheten/ so kunten und wolten sie doch nichts kosten/ sintemal die Bitterkeit des Todes alle Süßigkeit in Wermuth verwandelte. Hin- ter diesem armseligen Frauenzimmer folgeten 60. Grepos oder gemeine Priester/ ie zwey nach einander/ welche mit niedergeschlagenen An- gesichtern in ihren Büchern lasen/ und zum öff- tern rieffen: HErr/ der du von keinem andern/ weder von dir selbsten/ das Wesen hast/ richte un- sere Wercke/ damit sie deiner Gerechtigkeit gefal- ten mögen. worauff andere antworteten: HErr/ verleyhe/ daß dieses also geschehe/ auff daß P 5
Erſtes Buch. alle dermaſſen ſchoͤne waren/ daß ſie unter den ab-ſcheulichen hauffen ihrer Fuͤhrer und Henckers- Knechte wie die Sonnen-Strahlen unter den ſchwartzen Wolcken hervor leuchteten. Man erblickte an ihnen das zaͤrteſte Weſen/ und ſpiel- ten die vor Angſt erblaſſeten Roſen ihrer Wan- gen noch mit ſolcher Anmuth/ daß auch die Stei- ne hierdurch haͤtten ſollen erweichet werden/ an- geſehen alle zwiſchen funffzehen und fuͤnff und zwantz Jahren ihre Jugend mit einer ſchmertzli- chen Todes-Art verwechſeln muſten. Dieſer vor Augen ſtehende ſchmaͤhliche Tod/ und erbaͤrm- liche Unbilligkeit preſſete einen Seufftzer und Zet- ter-Geſchrey nach dem andern heraus/ worbey dieſe ſchwache/ doch holdſelige Creaturen/ faſt iedesmal in eine Ohnmacht fielen. Ob nun zwar viel andere Weiber/ welche ihnen das Ge- leite gaben/ ihnen allerhand Staͤrckungen und Confect reicheten/ ſo kunten und wolten ſie doch nichts koſten/ ſintemal die Bitterkeit des Todes alle Suͤßigkeit in Wermuth verwandelte. Hin- ter dieſem armſeligen Frauenzimmer folgeten 60. Grepos oder gemeine Prieſter/ ie zwey nach einander/ welche mit niedergeſchlagenen An- geſichtern in ihren Buͤchern laſen/ und zum oͤff- tern rieffen: HErr/ der du von keinem andern/ weder von dir ſelbſten/ das Weſen haſt/ richte un- ſere Wercke/ damit ſie deiner Gerechtigkeit gefal- ten moͤgen. worauff andere antworteten: HErr/ verleyhe/ daß dieſes alſo geſchehe/ auff daß P 5
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Erſtes Buch.
alle dermaſſen ſchoͤne waren/ daß ſie unter den ab-
ſcheulichen hauffen ihrer Fuͤhrer und Henckers-
Knechte wie die Sonnen-Strahlen unter den
ſchwartzen Wolcken hervor leuchteten. Man
erblickte an ihnen das zaͤrteſte Weſen/ und ſpiel-
ten die vor Angſt erblaſſeten Roſen ihrer Wan-
gen noch mit ſolcher Anmuth/ daß auch die Stei-
ne hierdurch haͤtten ſollen erweichet werden/ an-
geſehen alle zwiſchen funffzehen und fuͤnff und
zwantz Jahren ihre Jugend mit einer ſchmertzli-
chen Todes-Art verwechſeln muſten. Dieſer
vor Augen ſtehende ſchmaͤhliche Tod/ und erbaͤrm-
liche Unbilligkeit preſſete einen Seufftzer und Zet-
ter-Geſchrey nach dem andern heraus/ worbey
dieſe ſchwache/ doch holdſelige Creaturen/ faſt
iedesmal in eine Ohnmacht fielen. Ob nun
zwar viel andere Weiber/ welche ihnen das Ge-
leite gaben/ ihnen allerhand Staͤrckungen und
Confect reicheten/ ſo kunten und wolten ſie doch
nichts koſten/ ſintemal die Bitterkeit des Todes
alle Suͤßigkeit in Wermuth verwandelte. Hin-
ter dieſem armſeligen Frauenzimmer folgeten
60. Grepos oder gemeine Prieſter/ ie zwey nach
einander/ welche mit niedergeſchlagenen An-
geſichtern in ihren Buͤchern laſen/ und zum oͤff-
tern rieffen: HErr/ der du von keinem andern/
weder von dir ſelbſten/ das Weſen haſt/ richte un-
ſere Wercke/ damit ſie deiner Gerechtigkeit gefal-
ten moͤgen. worauff andere antworteten:
HErr/ verleyhe/ daß dieſes alſo geſchehe/ auff
daß
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