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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Der Asiatischen Banise.
bildeten Hände luden durch ihre zarte Finger/ und
weisse Haut/ iedweden Mund zu einem demüthi-
gen Hand-Küssen: und daß ich den geballten
Schnee mit Stillschweigen übergehe/ so darf ich
an die übrigen Theile des Leibes/ welche doch mei-
nen unwürdigen Augen verborgen blieben/ nicht
einmal gedencken/ wo ich mir nicht selbst die gröste
Qvaal verursachen will. Dieses war nun ein
ziemlicher Gegensatz/ wenn ich meine verliebte
Eswara betrachtete. Endlich so schien es/ als ob
sie sich wenig um einigen Zierath oder Schmuck
bekummerte/ indem sie sich nicht allzu köstlich ge-
kleidet/ sondern ihren wohlgewachsenen Leib einem
gleichfals grün und güldenen Leib-Rocke/ wie
mein Printz aus wunderlicher Schickung trug/
anvertrauet hatte/ ausser daß durch die Haare ei-
nige blitzende Diamanten spielten: ja ihre natür-
liche Schönheit war ihr gröster Schmuck/ nicht
zwar/ daß/ wenn sie angeputzt gewesen/ nicht al-
les über die massen wohl angestanden/ wo nicht
gar ihre Schönheit vermehret hätte; sondern
sie verließ sich auf ihre schöne Bildung/ und
begehrte nichts von der Kunst zu entlehnen. Jn
der Geschicht-Erzehlung aber fort zu fahren/ so
stellte sich der ehrliche Herr Talemon zu rechter
Zeit wieder bey uns ein/ und brachte zur erfreuli-
chen Zeitung/ daß Printz Zarang/ wegen seiner
Zaghafftigkeit/ die er bey vorgegangener Gefahr
erwiesen/ ziemlich aus des Königes Gnade gefal-
len: indem er in der Flucht gleichsam der erste ge-

we-

Der Aſiatiſchen Baniſe.
bildeten Haͤnde luden durch ihre zarte Finger/ und
weiſſe Haut/ iedweden Mund zu einem demuͤthi-
gen Hand-Kuͤſſen: und daß ich den geballten
Schnee mit Stillſchweigen uͤbergehe/ ſo darf ich
an die uͤbrigen Theile des Leibes/ welche doch mei-
nen unwuͤrdigen Augen verborgen blieben/ nicht
einmal gedencken/ wo ich mir nicht ſelbſt die groͤſte
Qvaal verurſachen will. Dieſes war nun ein
ziemlicher Gegenſatz/ wenn ich meine verliebte
Eſwara betrachtete. Endlich ſo ſchien es/ als ob
ſie ſich wenig um einigen Zierath oder Schmuck
bekummerte/ indem ſie ſich nicht allzu koͤſtlich ge-
kleidet/ ſondern ihꝛen wohlgewachſenen Leib einem
gleichfals gruͤn und guͤldenen Leib-Rocke/ wie
mein Printz aus wunderlicher Schickung trug/
anvertrauet hatte/ auſſer daß durch die Haare ei-
nige blitzende Diamanten ſpielten: ja ihre natuͤr-
liche Schoͤnheit war ihr groͤſter Schmuck/ nicht
zwar/ daß/ wenn ſie angeputzt geweſen/ nicht al-
les uͤber die maſſen wohl angeſtanden/ wo nicht
gar ihre Schoͤnheit vermehret haͤtte; ſondern
ſie verließ ſich auf ihre ſchoͤne Bildung/ und
begehrte nichts von der Kunſt zu entlehnen. Jn
der Geſchicht-Erzehlung aber fort zu fahren/ ſo
ſtellte ſich der ehrliche Herr Talemon zu rechter
Zeit wieder bey uns ein/ und brachte zur erfreuli-
chen Zeitung/ daß Printz Zarang/ wegen ſeiner
Zaghafftigkeit/ die er bey vorgegangener Gefahr
erwieſen/ ziemlich aus des Koͤniges Gnade gefal-
len: indem er in der Flucht gleichſam der erſte ge-

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[206/0226] Der Aſiatiſchen Baniſe. bildeten Haͤnde luden durch ihre zarte Finger/ und weiſſe Haut/ iedweden Mund zu einem demuͤthi- gen Hand-Kuͤſſen: und daß ich den geballten Schnee mit Stillſchweigen uͤbergehe/ ſo darf ich an die uͤbrigen Theile des Leibes/ welche doch mei- nen unwuͤrdigen Augen verborgen blieben/ nicht einmal gedencken/ wo ich mir nicht ſelbſt die groͤſte Qvaal verurſachen will. Dieſes war nun ein ziemlicher Gegenſatz/ wenn ich meine verliebte Eſwara betrachtete. Endlich ſo ſchien es/ als ob ſie ſich wenig um einigen Zierath oder Schmuck bekummerte/ indem ſie ſich nicht allzu koͤſtlich ge- kleidet/ ſondern ihꝛen wohlgewachſenen Leib einem gleichfals gruͤn und guͤldenen Leib-Rocke/ wie mein Printz aus wunderlicher Schickung trug/ anvertrauet hatte/ auſſer daß durch die Haare ei- nige blitzende Diamanten ſpielten: ja ihre natuͤr- liche Schoͤnheit war ihr groͤſter Schmuck/ nicht zwar/ daß/ wenn ſie angeputzt geweſen/ nicht al- les uͤber die maſſen wohl angeſtanden/ wo nicht gar ihre Schoͤnheit vermehret haͤtte; ſondern ſie verließ ſich auf ihre ſchoͤne Bildung/ und begehrte nichts von der Kunſt zu entlehnen. Jn der Geſchicht-Erzehlung aber fort zu fahren/ ſo ſtellte ſich der ehrliche Herr Talemon zu rechter Zeit wieder bey uns ein/ und brachte zur erfreuli- chen Zeitung/ daß Printz Zarang/ wegen ſeiner Zaghafftigkeit/ die er bey vorgegangener Gefahr erwieſen/ ziemlich aus des Koͤniges Gnade gefal- len: indem er in der Flucht gleichſam der erſte ge- we-

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/226>, abgerufen am 24.11.2024.