Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Asiatischen Banise.
denn zu hoher Zeit ankam/ indem das grimmige
Thier bereits die Tatze hinten in ihren Rock ein-
geschlagen/ und zur Erden zu reissen bemühet war.
Der Printz wuste in der Angst nicht/ ob er hauen
oder stechen solte/ derowegen er einen Stoß nach
dem Thiere führete/ welcher in ein Auge gerieth/
und ihm so hefftig schmertzte/ daß es die Princes-
sin verließ/ um diesen Stoß an meinem Printzen
zu rächen/ und ihn so grausam anfiel/ daß es ihm
den Bund vom Kopffe riß. Jch lieff demnach
auch herbey/ meinen Herrn zu retten/ ehe ich aber
herzu kam/ hatte er ihm bereits durch einen ge-
waltigen Hieb das Haupt gespalten/ daß es todt
zur Erden stürtzte. Jndessen lag die schöne Blu-
me/ die Princeßin/ sage ich/ in dem Grase in einer
tieffen Ohnmacht/ dahero mein Printz alsobald
den blutigen Sebel wegwarff/ und sich neben sie
auff die Knie setzte/ auch durch sanfftes Schüt-
teln sie zu ermuntern trachtete. Hier lag nun die
Rose/ welche alle Schönheit des Gartens über-
traff/ mein Printz verwendete kein Auge von ihr/
und sagte heimlich: Diß ist der Götter Schön-
heit/ die sie mir zu Pandior gewiesen. Endlich
hätte es nicht viel gemangelt/ daß nicht der Printz
neben sie ins grüne Graß gesuncken wäre/ so sehr
hatte ihn Liebe/ Verwunder- und Bestürtzung
eingenommen. Endlich eilte der Käyser/ Zarang
und das Frauen-Zimmer/ gantz erschrocken her-
bey/ und vermeinten nicht anders/ weil der
Schweiß des Panthers hin und wieder das Graß

ge-

Der Aſiatiſchen Baniſe.
denn zu hoher Zeit ankam/ indem das grimmige
Thier bereits die Tatze hinten in ihren Rock ein-
geſchlagen/ und zur Erden zu reiſſen bemuͤhet war.
Der Printz wuſte in der Angſt nicht/ ob er hauen
oder ſtechen ſolte/ derowegen er einen Stoß nach
dem Thiere fuͤhrete/ welcher in ein Auge gerieth/
und ihm ſo hefftig ſchmertzte/ daß es die Princeſ-
ſin verließ/ um dieſen Stoß an meinem Printzen
zu raͤchen/ und ihn ſo grauſam anfiel/ daß es ihm
den Bund vom Kopffe riß. Jch lieff demnach
auch herbey/ meinen Herrn zu retten/ ehe ich aber
herzu kam/ hatte er ihm bereits durch einen ge-
waltigen Hieb das Haupt geſpalten/ daß es todt
zur Erden ſtuͤrtzte. Jndeſſen lag die ſchoͤne Blu-
me/ die Princeßin/ ſage ich/ in dem Graſe in einer
tieffen Ohnmacht/ dahero mein Printz alſobald
den blutigen Sebel wegwarff/ und ſich neben ſie
auff die Knie ſetzte/ auch durch ſanfftes Schuͤt-
teln ſie zu ermuntern trachtete. Hier lag nun die
Roſe/ welche alle Schoͤnheit des Gartens uͤber-
traff/ mein Printz verwendete kein Auge von ihr/
und ſagte heimlich: Diß iſt der Goͤtter Schoͤn-
heit/ die ſie mir zu Pandior gewieſen. Endlich
haͤtte es nicht viel gemangelt/ daß nicht der Printz
neben ſie ins gruͤne Graß geſuncken waͤre/ ſo ſehr
hatte ihn Liebe/ Verwunder- und Beſtuͤrtzung
eingenommen. Endlich eilte der Kaͤyſer/ Zarang
und das Frauen-Zimmer/ gantz erſchrocken her-
bey/ und vermeinten nicht anders/ weil der
Schweiß des Panthers hin und wieder das Graß

ge-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0212" n="192"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der A&#x017F;iati&#x017F;chen Bani&#x017F;e.</hi></fw><lb/>
denn zu hoher Zeit ankam/ indem das grimmige<lb/>
Thier bereits die Tatze hinten in ihren Rock ein-<lb/>
ge&#x017F;chlagen/ und zur Erden zu rei&#x017F;&#x017F;en bemu&#x0364;het war.<lb/>
Der Printz wu&#x017F;te in der Ang&#x017F;t nicht/ ob er hauen<lb/>
oder &#x017F;techen &#x017F;olte/ derowegen er einen Stoß nach<lb/>
dem Thiere fu&#x0364;hrete/ welcher in ein Auge gerieth/<lb/>
und ihm &#x017F;o hefftig &#x017F;chmertzte/ daß es die Prince&#x017F;-<lb/>
&#x017F;in verließ/ um die&#x017F;en Stoß an meinem Printzen<lb/>
zu ra&#x0364;chen/ und ihn &#x017F;o grau&#x017F;am anfiel/ daß es ihm<lb/>
den Bund vom Kopffe riß. Jch lieff demnach<lb/>
auch herbey/ meinen Herrn zu retten/ ehe ich aber<lb/>
herzu kam/ hatte er ihm bereits durch einen ge-<lb/>
waltigen Hieb das Haupt ge&#x017F;palten/ daß es todt<lb/>
zur Erden &#x017F;tu&#x0364;rtzte. Jnde&#x017F;&#x017F;en lag die &#x017F;cho&#x0364;ne Blu-<lb/>
me/ die Princeßin/ &#x017F;age ich/ in dem Gra&#x017F;e in einer<lb/>
tieffen Ohnmacht/ dahero mein Printz al&#x017F;obald<lb/>
den blutigen Sebel wegwarff/ und &#x017F;ich neben &#x017F;ie<lb/>
auff die Knie &#x017F;etzte/ auch durch &#x017F;anfftes Schu&#x0364;t-<lb/>
teln &#x017F;ie zu ermuntern trachtete. Hier lag nun die<lb/>
Ro&#x017F;e/ welche alle Scho&#x0364;nheit des Gartens u&#x0364;ber-<lb/>
traff/ mein Printz verwendete kein Auge von ihr/<lb/>
und &#x017F;agte heimlich: Diß i&#x017F;t der Go&#x0364;tter Scho&#x0364;n-<lb/>
heit/ die &#x017F;ie mir zu Pandior gewie&#x017F;en. Endlich<lb/>
ha&#x0364;tte es nicht viel gemangelt/ daß nicht der Printz<lb/>
neben &#x017F;ie ins gru&#x0364;ne Graß ge&#x017F;uncken wa&#x0364;re/ &#x017F;o &#x017F;ehr<lb/>
hatte ihn Liebe/ Verwunder- und Be&#x017F;tu&#x0364;rtzung<lb/>
eingenommen. Endlich eilte der Ka&#x0364;y&#x017F;er/ Zarang<lb/>
und das Frauen-Zimmer/ gantz er&#x017F;chrocken her-<lb/>
bey/ und vermeinten nicht anders/ weil der<lb/>
Schweiß des Panthers hin und wieder das Graß<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ge-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[192/0212] Der Aſiatiſchen Baniſe. denn zu hoher Zeit ankam/ indem das grimmige Thier bereits die Tatze hinten in ihren Rock ein- geſchlagen/ und zur Erden zu reiſſen bemuͤhet war. Der Printz wuſte in der Angſt nicht/ ob er hauen oder ſtechen ſolte/ derowegen er einen Stoß nach dem Thiere fuͤhrete/ welcher in ein Auge gerieth/ und ihm ſo hefftig ſchmertzte/ daß es die Princeſ- ſin verließ/ um dieſen Stoß an meinem Printzen zu raͤchen/ und ihn ſo grauſam anfiel/ daß es ihm den Bund vom Kopffe riß. Jch lieff demnach auch herbey/ meinen Herrn zu retten/ ehe ich aber herzu kam/ hatte er ihm bereits durch einen ge- waltigen Hieb das Haupt geſpalten/ daß es todt zur Erden ſtuͤrtzte. Jndeſſen lag die ſchoͤne Blu- me/ die Princeßin/ ſage ich/ in dem Graſe in einer tieffen Ohnmacht/ dahero mein Printz alſobald den blutigen Sebel wegwarff/ und ſich neben ſie auff die Knie ſetzte/ auch durch ſanfftes Schuͤt- teln ſie zu ermuntern trachtete. Hier lag nun die Roſe/ welche alle Schoͤnheit des Gartens uͤber- traff/ mein Printz verwendete kein Auge von ihr/ und ſagte heimlich: Diß iſt der Goͤtter Schoͤn- heit/ die ſie mir zu Pandior gewieſen. Endlich haͤtte es nicht viel gemangelt/ daß nicht der Printz neben ſie ins gruͤne Graß geſuncken waͤre/ ſo ſehr hatte ihn Liebe/ Verwunder- und Beſtuͤrtzung eingenommen. Endlich eilte der Kaͤyſer/ Zarang und das Frauen-Zimmer/ gantz erſchrocken her- bey/ und vermeinten nicht anders/ weil der Schweiß des Panthers hin und wieder das Graß ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Zum Zeitpunkt der Volltextdigitalisierung im Deut… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/212
Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/212>, abgerufen am 24.11.2024.