Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

Erstes Buch.
res Hertzens/ ob mein Betrübniß zu tadeln sey/
wenn ich keine Gegen-Liebe verspüre/ und von
dem Cron-Printzen mit schelen Augen angesehen
werde? Wie nun solcher Liebes-Zwang nur ie-
derzeit Wermuth im Munde/ und Eckel im Her-
tzen mit sich führen wird/ also scheinen mir aus des
Printzen Gesichte lauter gefährliche Cometen/
deren Bedeutung erst nach des Herrn Vaters
Tode auff meinen Kopff fallen möchte. Tale-
mon verspürte des Printzen Jrrthum/ iedoch
wolte er sich nach Art kluger Hofe-Leute nicht all-
zu geschwinde bloß geben/ sondern hub einen weit-
läufftigen Discours von der Landschafft Tan-
nassery an/ also/ daß mein Printz genung zuthun
hatte/ gebührende Antwort zu geben. Denn weil
er in seiner Jugend Siam durchreiset/ und sich
auch einige Zeit an dem Hofe zu Tannassery auf-
gehalten hatte/ so wuste er mehr zu fragen/ als mein
Printz zu antworten. Ja als Talemon fortfuh-
re/ nach der Stamm-Linie der Tannasserischen
Regenten zu forschen/ gab mir der Printz einen
Winck/ diesen Discours zu unterbrechen. Jch
saß selber wie ein Feuer/ und wuste in der Angst
nichts zu sagen/ als daß ich fragte: Ob der Herr
Schatzmeister auch eine feine Gemahlin hätte?
Wie kommt dem Herrn diese Frage in Sinn?
antwortete er lächelnde: ich will nicht hoffen/ daß
diese Frage einige Bedeutung nach sich ziehen
werde. Nach diesem verließ er mich/ und wen-
dete sich wieder zum Printzen/ welcher sich schlaf-

fende
M 2

Erſtes Buch.
res Hertzens/ ob mein Betruͤbniß zu tadeln ſey/
wenn ich keine Gegen-Liebe verſpuͤre/ und von
dem Cron-Printzen mit ſchelen Augen angeſehen
werde? Wie nun ſolcher Liebes-Zwang nur ie-
derzeit Wermuth im Munde/ und Eckel im Her-
tzen mit ſich fuͤhren wird/ alſo ſcheinen mir aus des
Printzen Geſichte lauter gefaͤhrliche Cometen/
deren Bedeutung erſt nach des Herrn Vaters
Tode auff meinen Kopff fallen moͤchte. Tale-
mon verſpuͤrte des Printzen Jrrthum/ iedoch
wolte er ſich nach Art kluger Hofe-Leute nicht all-
zu geſchwinde bloß geben/ ſondern hub einen weit-
laͤufftigen Diſcours von der Landſchafft Tan-
naſſery an/ alſo/ daß mein Printz genung zuthun
hatte/ gebuͤhrende Antwort zu geben. Denn weil
er in ſeiner Jugend Siam durchreiſet/ und ſich
auch einige Zeit an dem Hofe zu Tannaſſery auf-
gehalten hatte/ ſo wuſte er mehr zu fragẽ/ als mein
Printz zu antworten. Ja als Talemon fortfuh-
re/ nach der Stamm-Linie der Tannaſſeriſchen
Regenten zu forſchen/ gab mir der Printz einen
Winck/ dieſen Diſcours zu unterbrechen. Jch
ſaß ſelber wie ein Feuer/ und wuſte in der Angſt
nichts zu ſagen/ als daß ich fragte: Ob der Herr
Schatzmeiſter auch eine feine Gemahlin haͤtte?
Wie kommt dem Herrn dieſe Frage in Sinn?
antwortete er laͤchelnde: ich will nicht hoffen/ daß
dieſe Frage einige Bedeutung nach ſich ziehen
werde. Nach dieſem verließ er mich/ und wen-
dete ſich wieder zum Printzen/ welcher ſich ſchlaf-

fende
M 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0199" n="179"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Er&#x017F;tes Buch.</hi></fw><lb/>
res Hertzens/ ob mein Betru&#x0364;bniß zu tadeln &#x017F;ey/<lb/>
wenn ich keine Gegen-Liebe ver&#x017F;pu&#x0364;re/ und von<lb/>
dem Cron-Printzen mit &#x017F;chelen Augen ange&#x017F;ehen<lb/>
werde? Wie nun &#x017F;olcher Liebes-Zwang nur ie-<lb/>
derzeit Wermuth im Munde/ und Eckel im Her-<lb/>
tzen mit &#x017F;ich fu&#x0364;hren wird/ al&#x017F;o &#x017F;cheinen mir aus des<lb/>
Printzen Ge&#x017F;ichte lauter gefa&#x0364;hrliche Cometen/<lb/>
deren Bedeutung er&#x017F;t nach des Herrn Vaters<lb/>
Tode auff meinen Kopff fallen mo&#x0364;chte. Tale-<lb/>
mon ver&#x017F;pu&#x0364;rte des Printzen Jrrthum/ iedoch<lb/>
wolte er &#x017F;ich nach Art kluger Hofe-Leute nicht all-<lb/>
zu ge&#x017F;chwinde bloß geben/ &#x017F;ondern hub einen weit-<lb/>
la&#x0364;ufftigen Di&#x017F;cours von der Land&#x017F;chafft Tan-<lb/>
na&#x017F;&#x017F;ery an/ al&#x017F;o/ daß mein Printz genung zuthun<lb/>
hatte/ gebu&#x0364;hrende Antwort zu geben. Denn weil<lb/>
er in &#x017F;einer Jugend Siam durchrei&#x017F;et/ und &#x017F;ich<lb/>
auch einige Zeit an dem Hofe zu Tanna&#x017F;&#x017F;ery auf-<lb/>
gehalten hatte/ &#x017F;o wu&#x017F;te er mehr zu frag&#x1EBD;/ als mein<lb/>
Printz zu antworten. Ja als Talemon fortfuh-<lb/>
re/ nach der Stamm-Linie der Tanna&#x017F;&#x017F;eri&#x017F;chen<lb/>
Regenten zu for&#x017F;chen/ gab mir der Printz einen<lb/>
Winck/ die&#x017F;en Di&#x017F;cours zu unterbrechen. Jch<lb/>
&#x017F;&#x017F;elber wie ein Feuer/ und wu&#x017F;te in der Ang&#x017F;t<lb/>
nichts zu &#x017F;agen/ als daß ich fragte: Ob der Herr<lb/>
Schatzmei&#x017F;ter auch eine feine Gemahlin ha&#x0364;tte?<lb/>
Wie kommt dem Herrn die&#x017F;e Frage in Sinn?<lb/>
antwortete er la&#x0364;chelnde: ich will nicht hoffen/ daß<lb/>
die&#x017F;e Frage einige Bedeutung nach &#x017F;ich ziehen<lb/>
werde. Nach die&#x017F;em verließ er mich/ und wen-<lb/>
dete &#x017F;ich wieder zum Printzen/ welcher &#x017F;ich &#x017F;chlaf-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M 2</fw><fw place="bottom" type="catch">fende</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[179/0199] Erſtes Buch. res Hertzens/ ob mein Betruͤbniß zu tadeln ſey/ wenn ich keine Gegen-Liebe verſpuͤre/ und von dem Cron-Printzen mit ſchelen Augen angeſehen werde? Wie nun ſolcher Liebes-Zwang nur ie- derzeit Wermuth im Munde/ und Eckel im Her- tzen mit ſich fuͤhren wird/ alſo ſcheinen mir aus des Printzen Geſichte lauter gefaͤhrliche Cometen/ deren Bedeutung erſt nach des Herrn Vaters Tode auff meinen Kopff fallen moͤchte. Tale- mon verſpuͤrte des Printzen Jrrthum/ iedoch wolte er ſich nach Art kluger Hofe-Leute nicht all- zu geſchwinde bloß geben/ ſondern hub einen weit- laͤufftigen Diſcours von der Landſchafft Tan- naſſery an/ alſo/ daß mein Printz genung zuthun hatte/ gebuͤhrende Antwort zu geben. Denn weil er in ſeiner Jugend Siam durchreiſet/ und ſich auch einige Zeit an dem Hofe zu Tannaſſery auf- gehalten hatte/ ſo wuſte er mehr zu fragẽ/ als mein Printz zu antworten. Ja als Talemon fortfuh- re/ nach der Stamm-Linie der Tannaſſeriſchen Regenten zu forſchen/ gab mir der Printz einen Winck/ dieſen Diſcours zu unterbrechen. Jch ſaß ſelber wie ein Feuer/ und wuſte in der Angſt nichts zu ſagen/ als daß ich fragte: Ob der Herr Schatzmeiſter auch eine feine Gemahlin haͤtte? Wie kommt dem Herrn dieſe Frage in Sinn? antwortete er laͤchelnde: ich will nicht hoffen/ daß dieſe Frage einige Bedeutung nach ſich ziehen werde. Nach dieſem verließ er mich/ und wen- dete ſich wieder zum Printzen/ welcher ſich ſchlaf- fende M 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Zum Zeitpunkt der Volltextdigitalisierung im Deut… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/199
Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/199>, abgerufen am 24.11.2024.