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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Der Asiatischen Banise.

Solche scheinbare Vorstellung hätte ein leicht-
gläubiges Gemüthe leicht besiegen können/ wenn
nicht die Princeßin ihre Kluge Vernunfft zu rathe
gezogen/ und ihres Printzen wahrhaffte Hand-
schrifft gegen diesen Betrug-vollen Zeilen gehal-
ten hätte: da sie nicht allein einigen Unterscheid
der Hand/ sondern auch die ungleichliche Zeit be-
merckte/ indem der falsche Brieff fast acht Tage
älter war/ als das letztere/ mit vorerwehnten Lie-
bes-Geschencken begleitete/ Schreiben. Ob
nun zwar die Princeßin durch sothanes vernünf-
tiges Nachsinnen augenscheinlich erkennen kun-
te/ wie arglistig Chaumigrem sie zu hintergehen
suchte/ so konte sie sich doch nicht zwingen/ daß sie
bey so traurigem Andencken/ ob sie es gleich falsch
befand/ dennoch mit einigen Thränen ihre reine
Liebe zu erkennen gab/ welche ihr aber zu ange-
nommener Verstellung/ als ob sie es glaubte/ ar-
tig zu statten kommen: dahero sie in diese betrübte
Worte heraus brach: Unglückliche Higvana-
ma! verlassene Princeßin! so mustu denn nur al-
lein das Ziel der unbarmhertzigen Götter seyn/
nach welchem sie alle Pfeile des Unglücks richten/
und schlägt nur ihr Blitz immer auf eine Stelle?
Grausames Verhängniß! wie verwandelstu die
Crone meiner Hoffnung in einen Cypressen-
Krantz/ wenn mein werthster Printz/ statt wohl-
verdienten Purpurs/ in einen Sterbe-Küttel ge-
hüllet wird. Ach Nherandi/ mein Leben! Nhe-
randi mein Liecht! du Seele meiner Seelen! Es

schwe-
Der Aſiatiſchen Baniſe.

Solche ſcheinbare Vorſtellung haͤtte ein leicht-
glaͤubiges Gemuͤthe leicht beſiegen koͤnnen/ wenn
nicht die Princeßin ihre Kluge Vernunfft zu rathe
gezogen/ und ihres Printzen wahrhaffte Hand-
ſchrifft gegen dieſen Betrug-vollen Zeilen gehal-
ten haͤtte: da ſie nicht allein einigen Unterſcheid
der Hand/ ſondern auch die ungleichliche Zeit be-
merckte/ indem der falſche Brieff faſt acht Tage
aͤlter war/ als das letztere/ mit vorerwehnten Lie-
bes-Geſchencken begleitete/ Schreiben. Ob
nun zwar die Princeßin durch ſothanes vernuͤnf-
tiges Nachſinnen augenſcheinlich erkennen kun-
te/ wie argliſtig Chaumigrem ſie zu hintergehen
ſuchte/ ſo konte ſie ſich doch nicht zwingen/ daß ſie
bey ſo traurigem Andencken/ ob ſie es gleich falſch
befand/ dennoch mit einigen Thraͤnen ihre reine
Liebe zu erkennen gab/ welche ihr aber zu ange-
nommener Verſtellung/ als ob ſie es glaubte/ ar-
tig zu ſtatten kommen: dahero ſie in dieſe betruͤbte
Worte heraus brach: Ungluͤckliche Higvana-
ma! verlaſſene Princeßin! ſo muſtu denn nur al-
lein das Ziel der unbarmhertzigen Goͤtter ſeyn/
nach welchem ſie alle Pfeile des Ungluͤcks richten/
und ſchlaͤgt nur ihr Blitz immer auf eine Stelle?
Grauſames Verhaͤngniß! wie verwandelſtu die
Crone meiner Hoffnung in einen Cypreſſen-
Krantz/ wenn mein werthſter Printz/ ſtatt wohl-
verdienten Purpurs/ in einen Sterbe-Kuͤttel ge-
huͤllet wird. Ach Nherandi/ mein Leben! Nhe-
randi mein Liecht! du Seele meiner Seelen! Es

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[112/0132] Der Aſiatiſchen Baniſe. Solche ſcheinbare Vorſtellung haͤtte ein leicht- glaͤubiges Gemuͤthe leicht beſiegen koͤnnen/ wenn nicht die Princeßin ihre Kluge Vernunfft zu rathe gezogen/ und ihres Printzen wahrhaffte Hand- ſchrifft gegen dieſen Betrug-vollen Zeilen gehal- ten haͤtte: da ſie nicht allein einigen Unterſcheid der Hand/ ſondern auch die ungleichliche Zeit be- merckte/ indem der falſche Brieff faſt acht Tage aͤlter war/ als das letztere/ mit vorerwehnten Lie- bes-Geſchencken begleitete/ Schreiben. Ob nun zwar die Princeßin durch ſothanes vernuͤnf- tiges Nachſinnen augenſcheinlich erkennen kun- te/ wie argliſtig Chaumigrem ſie zu hintergehen ſuchte/ ſo konte ſie ſich doch nicht zwingen/ daß ſie bey ſo traurigem Andencken/ ob ſie es gleich falſch befand/ dennoch mit einigen Thraͤnen ihre reine Liebe zu erkennen gab/ welche ihr aber zu ange- nommener Verſtellung/ als ob ſie es glaubte/ ar- tig zu ſtatten kommen: dahero ſie in dieſe betruͤbte Worte heraus brach: Ungluͤckliche Higvana- ma! verlaſſene Princeßin! ſo muſtu denn nur al- lein das Ziel der unbarmhertzigen Goͤtter ſeyn/ nach welchem ſie alle Pfeile des Ungluͤcks richten/ und ſchlaͤgt nur ihr Blitz immer auf eine Stelle? Grauſames Verhaͤngniß! wie verwandelſtu die Crone meiner Hoffnung in einen Cypreſſen- Krantz/ wenn mein werthſter Printz/ ſtatt wohl- verdienten Purpurs/ in einen Sterbe-Kuͤttel ge- huͤllet wird. Ach Nherandi/ mein Leben! Nhe- randi mein Liecht! du Seele meiner Seelen! Es ſchwe-

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/132>, abgerufen am 17.09.2024.