Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

Erstes Buch.
lauchtigste Princeßin/ wiederredete Mangostan/
die Königliche Gnade ersetzet dessen Unwürdig-
keit. Doch ohne Nachtheil des Königl. Hau-
ses/ fuhr die Princeßin fort. Jch frage euch mein
Herr Mangostan/ auf euer Ehre und Pflichten/
ob mir eine solche Erniedrigung anständig oder
zurathen sey. Nicht zielet hier mein Absehen
auff dessen Stand/ als welcher an und vor sich
selbst öffters ein würdiger Anfang zur Crone ge-
wesen: Untugend aber kan auch den Königl.
Thron erniedrigen. Und diese hat gleichsam ih-
ren Sitz in dem Chaumigrem erwehlet/ in ihm/
lage ich/ halten alle Laster ihre gewöhnliche Zu-
sammenkunfft/ wie solches der gantze Hoff/ ich will
nicht sagen/ das gantze Reich/ einhellig bezeugen
würde/ wo anders ohne Scheu dürffte geredet
werden. Daß sich nun J. M. mein Herr Va-
ter/ ich weiß nicht wodurch/ die Augen verblenden
lassen/ das ist Mitleidens würdig: daß aber se-
hende Augen auch verdunckelt werden sollen/ sol-
ches ist Jammerns werth/ und läufft wider mei-
ne Natur. Endlich so sey auch Chaumigrem/
wer er wolle/ ich will ihn in unverdienten Wür-
den lassen/ so ist es doch gemeinem Frauenzimmer
eine unanständige und nachtheilige Sache/ wenn
sie/ indem die rechte versprochen/ mit der lincken
Hand fremde Besuchungen annehmen. Nun
aber werden die Finsternissen der Sonnen viel
genauer durch das Fern-Glaß der politischen
Welt bemercket/ als etwan eines gemeinen

Sterns:
F 3

Erſtes Buch.
lauchtigſte Princeßin/ wiederredete Mangoſtan/
die Koͤnigliche Gnade erſetzet deſſen Unwuͤrdig-
keit. Doch ohne Nachtheil des Koͤnigl. Hau-
ſes/ fuhr die Princeßin fort. Jch frage euch mein
Herr Mangoſtan/ auf euer Ehre und Pflichten/
ob mir eine ſolche Erniedrigung anſtaͤndig oder
zurathen ſey. Nicht zielet hier mein Abſehen
auff deſſen Stand/ als welcher an und vor ſich
ſelbſt oͤffters ein wuͤrdiger Anfang zur Crone ge-
weſen: Untugend aber kan auch den Koͤnigl.
Thron erniedrigen. Und dieſe hat gleichſam ih-
ren Sitz in dem Chaumigrem erwehlet/ in ihm/
lage ich/ halten alle Laſter ihre gewoͤhnliche Zu-
ſammenkunfft/ wie ſolches der gantze Hoff/ ich will
nicht ſagen/ das gantze Reich/ einhellig bezeugen
wuͤrde/ wo anders ohne Scheu duͤrffte geredet
werden. Daß ſich nun J. M. mein Herr Va-
ter/ ich weiß nicht wodurch/ die Augen verblenden
laſſen/ das iſt Mitleidens wuͤrdig: daß aber ſe-
hende Augen auch verdunckelt werden ſollen/ ſol-
ches iſt Jammerns werth/ und laͤufft wider mei-
ne Natur. Endlich ſo ſey auch Chaumigrem/
wer er wolle/ ich will ihn in unverdienten Wuͤr-
den laſſen/ ſo iſt es doch gemeinem Frauenzimmer
eine unanſtaͤndige und nachtheilige Sache/ wenn
ſie/ indem die rechte verſprochen/ mit der lincken
Hand fremde Beſuchungen annehmen. Nun
aber werden die Finſterniſſen der Sonnen viel
genauer durch das Fern-Glaß der politiſchen
Welt bemercket/ als etwan eines gemeinen

Sterns:
F 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0105" n="85"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Er&#x017F;tes Buch.</hi></fw><lb/>
lauchtig&#x017F;te Princeßin/ wiederredete Mango&#x017F;tan/<lb/>
die Ko&#x0364;nigliche Gnade er&#x017F;etzet de&#x017F;&#x017F;en Unwu&#x0364;rdig-<lb/>
keit. Doch ohne Nachtheil des Ko&#x0364;nigl. Hau-<lb/>
&#x017F;es/ fuhr die Princeßin fort. Jch frage euch mein<lb/>
Herr Mango&#x017F;tan/ auf euer Ehre und Pflichten/<lb/>
ob mir eine &#x017F;olche Erniedrigung an&#x017F;ta&#x0364;ndig oder<lb/>
zurathen &#x017F;ey. Nicht zielet hier mein Ab&#x017F;ehen<lb/>
auff de&#x017F;&#x017F;en Stand/ als welcher an und vor &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t o&#x0364;ffters ein wu&#x0364;rdiger Anfang zur Crone ge-<lb/>
we&#x017F;en: Untugend aber kan auch den Ko&#x0364;nigl.<lb/>
Thron erniedrigen. Und die&#x017F;e hat gleich&#x017F;am ih-<lb/>
ren Sitz in dem Chaumigrem erwehlet/ in ihm/<lb/>
lage ich/ halten alle La&#x017F;ter ihre gewo&#x0364;hnliche Zu-<lb/>
&#x017F;ammenkunfft/ wie &#x017F;olches der gantze Hoff/ ich will<lb/>
nicht &#x017F;agen/ das gantze Reich/ einhellig bezeugen<lb/>
wu&#x0364;rde/ wo anders ohne Scheu du&#x0364;rffte geredet<lb/>
werden. Daß &#x017F;ich nun J. M. mein Herr Va-<lb/>
ter/ ich weiß nicht wodurch/ die Augen verblenden<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en/ das i&#x017F;t Mitleidens wu&#x0364;rdig: daß aber &#x017F;e-<lb/>
hende Augen auch verdunckelt werden &#x017F;ollen/ &#x017F;ol-<lb/>
ches i&#x017F;t Jammerns werth/ und la&#x0364;ufft wider mei-<lb/>
ne Natur. Endlich &#x017F;o &#x017F;ey auch Chaumigrem/<lb/>
wer er wolle/ ich will ihn in unverdienten Wu&#x0364;r-<lb/>
den la&#x017F;&#x017F;en/ &#x017F;o i&#x017F;t es doch gemeinem Frauenzimmer<lb/>
eine unan&#x017F;ta&#x0364;ndige und nachtheilige Sache/ wenn<lb/>
&#x017F;ie/ indem die rechte ver&#x017F;prochen/ mit der lincken<lb/>
Hand fremde Be&#x017F;uchungen annehmen. Nun<lb/>
aber werden die Fin&#x017F;terni&#x017F;&#x017F;en der Sonnen viel<lb/>
genauer durch das Fern-Glaß der politi&#x017F;chen<lb/>
Welt bemercket/ als etwan eines gemeinen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F 3</fw><fw place="bottom" type="catch">Sterns:</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[85/0105] Erſtes Buch. lauchtigſte Princeßin/ wiederredete Mangoſtan/ die Koͤnigliche Gnade erſetzet deſſen Unwuͤrdig- keit. Doch ohne Nachtheil des Koͤnigl. Hau- ſes/ fuhr die Princeßin fort. Jch frage euch mein Herr Mangoſtan/ auf euer Ehre und Pflichten/ ob mir eine ſolche Erniedrigung anſtaͤndig oder zurathen ſey. Nicht zielet hier mein Abſehen auff deſſen Stand/ als welcher an und vor ſich ſelbſt oͤffters ein wuͤrdiger Anfang zur Crone ge- weſen: Untugend aber kan auch den Koͤnigl. Thron erniedrigen. Und dieſe hat gleichſam ih- ren Sitz in dem Chaumigrem erwehlet/ in ihm/ lage ich/ halten alle Laſter ihre gewoͤhnliche Zu- ſammenkunfft/ wie ſolches der gantze Hoff/ ich will nicht ſagen/ das gantze Reich/ einhellig bezeugen wuͤrde/ wo anders ohne Scheu duͤrffte geredet werden. Daß ſich nun J. M. mein Herr Va- ter/ ich weiß nicht wodurch/ die Augen verblenden laſſen/ das iſt Mitleidens wuͤrdig: daß aber ſe- hende Augen auch verdunckelt werden ſollen/ ſol- ches iſt Jammerns werth/ und laͤufft wider mei- ne Natur. Endlich ſo ſey auch Chaumigrem/ wer er wolle/ ich will ihn in unverdienten Wuͤr- den laſſen/ ſo iſt es doch gemeinem Frauenzimmer eine unanſtaͤndige und nachtheilige Sache/ wenn ſie/ indem die rechte verſprochen/ mit der lincken Hand fremde Beſuchungen annehmen. Nun aber werden die Finſterniſſen der Sonnen viel genauer durch das Fern-Glaß der politiſchen Welt bemercket/ als etwan eines gemeinen Sterns: F 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Zum Zeitpunkt der Volltextdigitalisierung im Deut… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/105
Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/105>, abgerufen am 25.11.2024.