Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Asiatischen Banise.
scheinet/ es habe der Hochmuth den höchsten Gi-
pfel seiner Vollkommenheit erreichet/ und Hoffart
gemeiniglich vorm Fall kömmt/ so lasse ich mich
trösten/ daß dessen Untergang vor der Thür ruhet/
und dieser muß erfolgen/ solte er auch durch meine
Hand befördert werden. Du aber/ Scandor/ bist
unschuldig/ und lasse es dir zur Warnung dienen/
daß du bey Hofe nicht allem vorgebrachten glau-
best und trauest/ vielweniger solches ohne genauste
Untersuchung denen Höhern hinterbringest. Jch
will immittelst auff deine Aussöhnung bedacht
seyn/ und kanst du mir nur in einer halben Stun-
den folgen/ biß ich dich werde erfodern lassen. Vor
solche Gnade stattete ich verpflichtesten Danck ab/
und verharrte nach diesem biß zu der vom Printzen
anbefohlnen Zeit in dem Zimmer. Hier überlegte
ich nun den gantzen Handel in meiner Einfalt/ und
ließ es mir zu sonderbarem Troste dienen/ daß ich
nicht der Ungeschickteste an unserm Hofe allein
war/ sondern an Unverstand und Unhöffligkeit
von dem Königlichen Augapffel weit übertroffen
wurde. Denn meine Staats-Faute rührte aus ei-
ner Unwissenheit/ welche noch zu enschuldigen
war/ jene aber aus einem unverantwortlichen
Hochmuthe her: und also hatte ich/ wie im Auß-
reissen/ also auch in der Unhöffligkeit einen treuen
Cameraden an dem Chaumigrem. Jn folchen
Gedancken war fast eine Stunde verflossen/ da ich
mich meines Printzens Befehl erinnerte/ auffs
schleunigste nach Hofe zu eilen/ allwo ich mit flüch-

tigem

Der Aſiatiſchen Baniſe.
ſcheinet/ es habe der Hochmuth den hoͤchſten Gi-
pfel ſeiner Vollkommenheit erreichet/ und Hoffart
gemeiniglich vorm Fall koͤmmt/ ſo laſſe ich mich
troͤſten/ daß deſſen Untergang vor der Thuͤr ruhet/
und dieſer muß erfolgen/ ſolte er auch durch meine
Hand befoͤrdert werden. Du aber/ Scandor/ biſt
unſchuldig/ und laſſe es dir zur Warnung dienen/
daß du bey Hofe nicht allem vorgebrachten glau-
beſt und traueſt/ vielweniger ſolches ohne genauſte
Unterſuchung denen Hoͤhern hinterbringeſt. Jch
will immittelſt auff deine Ausſoͤhnung bedacht
ſeyn/ und kanſt du mir nur in einer halben Stun-
den folgen/ biß ich dich werde erfodern laſſen. Vor
ſolche Gnade ſtattete ich verpflichteſten Danck ab/
und verharrte nach dieſem biß zu der vom Printzen
anbefohlnen Zeit in dem Zimmer. Hier uͤberlegte
ich nun den gantzen Handel in meiner Einfalt/ und
ließ es mir zu ſonderbarem Troſte dienen/ daß ich
nicht der Ungeſchickteſte an unſerm Hofe allein
war/ ſondern an Unverſtand und Unhoͤffligkeit
von dem Koͤniglichen Augapffel weit uͤbertroffen
wurde. Denn meine Staats-Faute ruͤhrte aus ei-
ner Unwiſſenheit/ welche noch zu enſchuldigen
war/ jene aber aus einem unverantwortlichen
Hochmuthe her: und alſo hatte ich/ wie im Auß-
reiſſen/ alſo auch in der Unhoͤffligkeit einen treuen
Cameraden an dem Chaumigrem. Jn folchen
Gedancken war faſt eine Stunde verfloſſen/ da ich
mich meines Printzens Befehl erinnerte/ auffs
ſchleunigſte nach Hofe zu eilen/ allwo ich mit fluͤch-

tigem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0102" n="82"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der A&#x017F;iati&#x017F;chen Bani&#x017F;e.</hi></fw><lb/>
&#x017F;cheinet/ es habe der Hochmuth den ho&#x0364;ch&#x017F;ten Gi-<lb/>
pfel &#x017F;einer Vollkommenheit erreichet/ und Hoffart<lb/>
gemeiniglich vorm Fall ko&#x0364;mmt/ &#x017F;o la&#x017F;&#x017F;e ich mich<lb/>
tro&#x0364;&#x017F;ten/ daß de&#x017F;&#x017F;en Untergang vor der Thu&#x0364;r ruhet/<lb/>
und die&#x017F;er muß erfolgen/ &#x017F;olte er auch durch meine<lb/>
Hand befo&#x0364;rdert werden. Du aber/ Scandor/ bi&#x017F;t<lb/>
un&#x017F;chuldig/ und la&#x017F;&#x017F;e es dir zur Warnung dienen/<lb/>
daß du bey Hofe nicht allem vorgebrachten glau-<lb/>
be&#x017F;t und traue&#x017F;t/ vielweniger &#x017F;olches ohne genau&#x017F;te<lb/>
Unter&#x017F;uchung denen Ho&#x0364;hern hinterbringe&#x017F;t. Jch<lb/>
will immittel&#x017F;t auff deine Aus&#x017F;o&#x0364;hnung bedacht<lb/>
&#x017F;eyn/ und kan&#x017F;t du mir nur in einer halben Stun-<lb/>
den folgen/ biß ich dich werde erfodern la&#x017F;&#x017F;en. Vor<lb/>
&#x017F;olche Gnade &#x017F;tattete ich verpflichte&#x017F;ten Danck ab/<lb/>
und verharrte nach die&#x017F;em biß zu der vom Printzen<lb/>
anbefohlnen Zeit in dem Zimmer. Hier u&#x0364;berlegte<lb/>
ich nun den gantzen Handel in meiner Einfalt/ und<lb/>
ließ es mir zu &#x017F;onderbarem Tro&#x017F;te dienen/ daß ich<lb/>
nicht der Unge&#x017F;chickte&#x017F;te an un&#x017F;erm Hofe allein<lb/>
war/ &#x017F;ondern an Unver&#x017F;tand und Unho&#x0364;ffligkeit<lb/>
von dem Ko&#x0364;niglichen Augapffel weit u&#x0364;bertroffen<lb/>
wurde. Denn meine Staats-Faute ru&#x0364;hrte aus ei-<lb/>
ner Unwi&#x017F;&#x017F;enheit/ welche noch zu en&#x017F;chuldigen<lb/>
war/ jene aber aus einem unverantwortlichen<lb/>
Hochmuthe her: und al&#x017F;o hatte ich/ wie im Auß-<lb/>
rei&#x017F;&#x017F;en/ al&#x017F;o auch in der Unho&#x0364;ffligkeit einen treuen<lb/>
Cameraden an dem Chaumigrem. Jn folchen<lb/>
Gedancken war fa&#x017F;t eine Stunde verflo&#x017F;&#x017F;en/ da ich<lb/>
mich meines Printzens Befehl erinnerte/ auffs<lb/>
&#x017F;chleunig&#x017F;te nach Hofe zu eilen/ allwo ich mit flu&#x0364;ch-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">tigem</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[82/0102] Der Aſiatiſchen Baniſe. ſcheinet/ es habe der Hochmuth den hoͤchſten Gi- pfel ſeiner Vollkommenheit erreichet/ und Hoffart gemeiniglich vorm Fall koͤmmt/ ſo laſſe ich mich troͤſten/ daß deſſen Untergang vor der Thuͤr ruhet/ und dieſer muß erfolgen/ ſolte er auch durch meine Hand befoͤrdert werden. Du aber/ Scandor/ biſt unſchuldig/ und laſſe es dir zur Warnung dienen/ daß du bey Hofe nicht allem vorgebrachten glau- beſt und traueſt/ vielweniger ſolches ohne genauſte Unterſuchung denen Hoͤhern hinterbringeſt. Jch will immittelſt auff deine Ausſoͤhnung bedacht ſeyn/ und kanſt du mir nur in einer halben Stun- den folgen/ biß ich dich werde erfodern laſſen. Vor ſolche Gnade ſtattete ich verpflichteſten Danck ab/ und verharrte nach dieſem biß zu der vom Printzen anbefohlnen Zeit in dem Zimmer. Hier uͤberlegte ich nun den gantzen Handel in meiner Einfalt/ und ließ es mir zu ſonderbarem Troſte dienen/ daß ich nicht der Ungeſchickteſte an unſerm Hofe allein war/ ſondern an Unverſtand und Unhoͤffligkeit von dem Koͤniglichen Augapffel weit uͤbertroffen wurde. Denn meine Staats-Faute ruͤhrte aus ei- ner Unwiſſenheit/ welche noch zu enſchuldigen war/ jene aber aus einem unverantwortlichen Hochmuthe her: und alſo hatte ich/ wie im Auß- reiſſen/ alſo auch in der Unhoͤffligkeit einen treuen Cameraden an dem Chaumigrem. Jn folchen Gedancken war faſt eine Stunde verfloſſen/ da ich mich meines Printzens Befehl erinnerte/ auffs ſchleunigſte nach Hofe zu eilen/ allwo ich mit fluͤch- tigem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Zum Zeitpunkt der Volltextdigitalisierung im Deut… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/102
Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/102>, abgerufen am 22.11.2024.