Klinger, Friedrich Maximilian von: Die Zwillinge. Hannover, 1796.
aber was ich sagen kann -- Kamilla, sehn Sie mich an -- und was ich sagen könnte -- Kamilla. Lassen Sie mich los! Guelfo. Nicht, Kamilla und meine Schwe- ster! Jch soll Jhnen ja erzählen. Und, Kamilla, wenn ich diese weiße Hand habe, und wenn ich diese Adern so blau sich schlängeln seh, diese Puls- schläge lausche, und Jhnen ins Gesicht seh, werd ich Jhnen viel erzählen können. Aber da ich so gar wenig reden kan, doch so viel zu reden habe -- das letztemal, da ich Sie sah, war mirs frei- lich wunderlich. Denn, wenn ich mich noch recht besinne, schickten Sie mir Balsam für meine auf- gerißnen Hände, die ich kriegte, als die Pferde scheu wurden, und mit meiner Kamilla davon ren- nen wollten, das mir denn sehr ungerecht schien. Jch fiel ihnen aber auch brav dafür in die Mähne, und hielt sie, daß sie stunden, wie Lämmer. Kamilla. Nein, damals wars nicht. Sie sind irre. Das letztemal sah ich Sie, als mein Ferdinando kam. Guelfo. Jhr Ferdinando? -- ja doch! Jch ritt nach, ohn' es zu wissen, daß Jhr Ferdi- nando da war. Wie ich nun kam, und alles nur Ferdinando schien, alles um Ferdinando schwebte -- Heida! sein Sie doch lustig! Jch weiß nicht, was
aber was ich ſagen kann — Kamilla, ſehn Sie mich an — und was ich ſagen koͤnnte — Kamilla. Laſſen Sie mich los! Guelfo. Nicht, Kamilla und meine Schwe- ſter! Jch ſoll Jhnen ja erzaͤhlen. Und, Kamilla, wenn ich dieſe weiße Hand habe, und wenn ich dieſe Adern ſo blau ſich ſchlaͤngeln ſeh, dieſe Puls- ſchlaͤge lauſche, und Jhnen ins Geſicht ſeh, werd ich Jhnen viel erzaͤhlen koͤnnen. Aber da ich ſo gar wenig reden kan, doch ſo viel zu reden habe — das letztemal, da ich Sie ſah, war mirs frei- lich wunderlich. Denn, wenn ich mich noch recht beſinne, ſchickten Sie mir Balſam fuͤr meine auf- gerißnen Haͤnde, die ich kriegte, als die Pferde ſcheu wurden, und mit meiner Kamilla davon ren- nen wollten, das mir denn ſehr ungerecht ſchien. Jch fiel ihnen aber auch brav dafuͤr in die Maͤhne, und hielt ſie, daß ſie ſtunden, wie Laͤmmer. Kamilla. Nein, damals wars nicht. Sie ſind irre. Das letztemal ſah ich Sie, als mein Ferdinando kam. Guelfo. Jhr Ferdinando? — ja doch! Jch ritt nach, ohn’ es zu wiſſen, daß Jhr Ferdi- nando da war. Wie ich nun kam, und alles nur Ferdinando ſchien, alles um Ferdinando ſchwebte — Heida! ſein Sie doch luſtig! Jch weiß nicht, was
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mich an — und was ich ſagen koͤnnte —
Kamilla. Laſſen Sie mich los!
Guelfo. Nicht, Kamilla und meine Schwe-
ſter! Jch ſoll Jhnen ja erzaͤhlen. Und, Kamilla,
wenn ich dieſe weiße Hand habe, und wenn ich
dieſe Adern ſo blau ſich ſchlaͤngeln ſeh, dieſe Puls-
ſchlaͤge lauſche, und Jhnen ins Geſicht ſeh, werd
ich Jhnen viel erzaͤhlen koͤnnen. Aber da ich ſo
gar wenig reden kan, doch ſo viel zu reden habe
— das letztemal, da ich Sie ſah, war mirs frei-
lich wunderlich. Denn, wenn ich mich noch recht
beſinne, ſchickten Sie mir Balſam fuͤr meine auf-
gerißnen Haͤnde, die ich kriegte, als die Pferde
ſcheu wurden, und mit meiner Kamilla davon ren-
nen wollten, das mir denn ſehr ungerecht ſchien.
Jch fiel ihnen aber auch brav dafuͤr in die Maͤhne,
und hielt ſie, daß ſie ſtunden, wie Laͤmmer.
Kamilla. Nein, damals wars nicht. Sie
ſind irre. Das letztemal ſah ich Sie, als mein
Ferdinando kam.
Guelfo. Jhr Ferdinando? — ja doch!
Jch ritt nach, ohn’ es zu wiſſen, daß Jhr Ferdi-
nando da war. Wie ich nun kam, und alles nur
Ferdinando ſchien, alles um Ferdinando ſchwebte
— Heida! ſein Sie doch luſtig! Jch weiß nicht,
was
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