Klinger, Friedrich Maximilian von: Die Zwillinge. Hannover, 1796.Vierter Auftritt. Grimaldi (allein.) Armer, armer Guelfo! Deine Prüfung ist hart! Armer, armer Grimaldi! Du hast viel von ihr gesehen. O meine Juliette, laß mich nicht so lange! nimm mich bald! -- und saß ich nicht hier bei Dir? Kamst Du nicht an einem schönen Frühlingsmorgen hier herein, erschrocken, und ich hatte Dich in meinen Armen, und Du sagtest: Lieber Grimaldi! -- und ich sagte: Liebe Ju- liette, was ist Jhnen? -- Du sagtest, ein Kind sei in den Hof gefallen, das habe Dich erschreckt -- -- Jch lief, und holte das Kind, und ver- bands; und ich bekam einen Kuß der Liebe und der guten Menschheit. Ja, meine Juliette! Hier wars, wo ich der Liebe weinte; hier ists, wo ich der Liebe sterbe. Ha! und wars nicht hier, wo Dein Ferdinando sagte, unsre Liebe gel- te nichts? Sagt' er so? Nein! Du solltest den reichen Grafen heurathen; so sagt' er. Aber mein Herz sagte, Juliette wirds nicht thun! Sie thats auch nicht, und vermählte sich mit dem Tode. -- Ferdinando! -- Weg -- Jch muß Rache denken, und mag keine denken. O Ju- liette! Juliette -- (geht.) Fünf-
Vierter Auftritt. Grimaldi (allein.) Armer, armer Guelfo! Deine Pruͤfung iſt hart! Armer, armer Grimaldi! Du haſt viel von ihr geſehen. O meine Juliette, laß mich nicht ſo lange! nimm mich bald! — und ſaß ich nicht hier bei Dir? Kamſt Du nicht an einem ſchoͤnen Fruͤhlingsmorgen hier herein, erſchrocken, und ich hatte Dich in meinen Armen, und Du ſagteſt: Lieber Grimaldi! — und ich ſagte: Liebe Ju- liette, was iſt Jhnen? — Du ſagteſt, ein Kind ſei in den Hof gefallen, das habe Dich erſchreckt — — Jch lief, und holte das Kind, und ver- bands; und ich bekam einen Kuß der Liebe und der guten Menſchheit. Ja, meine Juliette! Hier wars, wo ich der Liebe weinte; hier iſts, wo ich der Liebe ſterbe. Ha! und wars nicht hier, wo Dein Ferdinando ſagte, unſre Liebe gel- te nichts? Sagt’ er ſo? Nein! Du ſollteſt den reichen Grafen heurathen; ſo ſagt’ er. Aber mein Herz ſagte, Juliette wirds nicht thun! Sie thats auch nicht, und vermaͤhlte ſich mit dem Tode. — Ferdinando! — Weg — Jch muß Rache denken, und mag keine denken. O Ju- liette! Juliette — (geht.) Fuͤnf-
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Vierter Auftritt.
Grimaldi (allein.)
Armer, armer Guelfo! Deine Pruͤfung iſt
hart! Armer, armer Grimaldi! Du haſt viel von
ihr geſehen. O meine Juliette, laß mich nicht
ſo lange! nimm mich bald! — und ſaß ich nicht
hier bei Dir? Kamſt Du nicht an einem ſchoͤnen
Fruͤhlingsmorgen hier herein, erſchrocken, und ich
hatte Dich in meinen Armen, und Du ſagteſt:
Lieber Grimaldi! — und ich ſagte: Liebe Ju-
liette, was iſt Jhnen? — Du ſagteſt, ein Kind
ſei in den Hof gefallen, das habe Dich erſchreckt
— — Jch lief, und holte das Kind, und ver-
bands; und ich bekam einen Kuß der Liebe und
der guten Menſchheit. Ja, meine Juliette!
Hier wars, wo ich der Liebe weinte; hier iſts,
wo ich der Liebe ſterbe. Ha! und wars nicht
hier, wo Dein Ferdinando ſagte, unſre Liebe gel-
te nichts? Sagt’ er ſo? Nein! Du ſollteſt den
reichen Grafen heurathen; ſo ſagt’ er. Aber
mein Herz ſagte, Juliette wirds nicht thun! Sie
thats auch nicht, und vermaͤhlte ſich mit dem
Tode. — Ferdinando! — Weg — Jch muß
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Zitationshilfe: | Klinger, Friedrich Maximilian von: Die Zwillinge. Hannover, 1796, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_zwillinge_1796/61>, abgerufen am 23.02.2025. |