werk der Menschen verkaufen möchte. Wie, lächelt der Spötter?
Teufel. Den Mönchsgedanken hätte ich hinter dem Manne nicht gesucht, der so lan- ge mit der Philosophie gebuhlt hat; doch darinne gleicht ihr euch alle, die Weisen und die Thoren, was der Sinn nicht fassen kann, lösen Stolz und Eigenliebe zu ihrem Vor- theil auf. Sieh da zwey Worte, bös und gut, die ihr zu Begriffen stempeln möchtet, denn wenn ihr die Worte einmal habt, so glaubt ihr auch schon den leeren Schall zum Gedanken geprägt zu haben. Da ihr nun damit nicht fertig zu werden wißt, so haut ihr, um der Plackerey los zu werden, nach eu- rer Weise hindurch, und natürlich ist das Gute euer eignes Machwerk, und das Bö- se das Gepfusch des Teufels. So müssen wir arme Teufel nun Tag und Nacht her- umreiten, um das Herz und die Einbildungs- kraft dieses oder jenes Schuftes zu einem so genannten Schurkenstreich zu reizen, der oh- ne dies wohl ein ganzer Kerl geblieben wäre
Faust!
werk der Menſchen verkaufen moͤchte. Wie, laͤchelt der Spoͤtter?
Teufel. Den Moͤnchsgedanken haͤtte ich hinter dem Manne nicht geſucht, der ſo lan- ge mit der Philoſophie gebuhlt hat; doch darinne gleicht ihr euch alle, die Weiſen und die Thoren, was der Sinn nicht faſſen kann, loͤſen Stolz und Eigenliebe zu ihrem Vor- theil auf. Sieh da zwey Worte, boͤs und gut, die ihr zu Begriffen ſtempeln moͤchtet, denn wenn ihr die Worte einmal habt, ſo glaubt ihr auch ſchon den leeren Schall zum Gedanken gepraͤgt zu haben. Da ihr nun damit nicht fertig zu werden wißt, ſo haut ihr, um der Plackerey los zu werden, nach eu- rer Weiſe hindurch, und natuͤrlich iſt das Gute euer eignes Machwerk, und das Boͤ- ſe das Gepfuſch des Teufels. So muͤſſen wir arme Teufel nun Tag und Nacht her- umreiten, um das Herz und die Einbildungs- kraft dieſes oder jenes Schuftes zu einem ſo genannten Schurkenſtreich zu reizen, der oh- ne dies wohl ein ganzer Kerl geblieben waͤre
Fauſt!
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werk der Menſchen verkaufen moͤchte. Wie,
laͤchelt der Spoͤtter?
Teufel. Den Moͤnchsgedanken haͤtte ich
hinter dem Manne nicht geſucht, der ſo lan-
ge mit der Philoſophie gebuhlt hat; doch
darinne gleicht ihr euch alle, die Weiſen und
die Thoren, was der Sinn nicht faſſen kann,
loͤſen Stolz und Eigenliebe zu ihrem Vor-
theil auf. Sieh da zwey Worte, boͤs und
gut, die ihr zu Begriffen ſtempeln moͤchtet,
denn wenn ihr die Worte einmal habt, ſo
glaubt ihr auch ſchon den leeren Schall zum
Gedanken gepraͤgt zu haben. Da ihr nun
damit nicht fertig zu werden wißt, ſo haut
ihr, um der Plackerey los zu werden, nach eu-
rer Weiſe hindurch, und natuͤrlich iſt das
Gute euer eignes Machwerk, und das Boͤ-
ſe das Gepfuſch des Teufels. So muͤſſen
wir arme Teufel nun Tag und Nacht her-
umreiten, um das Herz und die Einbildungs-
kraft dieſes oder jenes Schuftes zu einem ſo
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ne dies wohl ein ganzer Kerl geblieben waͤre
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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/85>, abgerufen am 22.11.2024.
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