Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

sich an den Händen gefaßt, und trieben sich
wild in dunklen Figuren herum, wozu der
Aberglaube, Wahnsinn und Betrug, auf
Dudelsäcken bliesen.

Diesen folgte die Jurisprudenz, eine fei-
ste, gut genährte Gestalt, mit Sporteln ge-
füttert, und mit Glossen behangen. Sie
keuchte ein mühsames Solo, und die Chi-
cane
strich den Baß dazu.

Zulezt fuhr die Politik in einem Sieges-
wagen herein, den zwey Mähren zogen,
Schwäche und Betrug. Zu ihrer Rechten
saß die Theologie, in einer Hand einen
scharfen Dolch haltend, in der andern eine
brennende Fackel. Sie selbst trug eine gold-
ne Krone auf dem Haupt, und einen Zepter
in der Rechten. Sie stieg aus dem Wagen,
und tanzte mit der Theologie ein Pas des
deux,
wozu List, Herrschsucht und Tyran-
ney
, auf ganz leisen und sanften Instru-
menten spielten. Nachdem sie das Pas des
deux
geendet hatte, gab sie den übrigen
Gestalten ein Zeichen, einen allgemeinen

Tanz

ſich an den Haͤnden gefaßt, und trieben ſich
wild in dunklen Figuren herum, wozu der
Aberglaube, Wahnſinn und Betrug, auf
Dudelſaͤcken blieſen.

Dieſen folgte die Jurisprudenz, eine fei-
ſte, gut genaͤhrte Geſtalt, mit Sporteln ge-
fuͤttert, und mit Gloſſen behangen. Sie
keuchte ein muͤhſames Solo, und die Chi-
cane
ſtrich den Baß dazu.

Zulezt fuhr die Politik in einem Sieges-
wagen herein, den zwey Maͤhren zogen,
Schwaͤche und Betrug. Zu ihrer Rechten
ſaß die Theologie, in einer Hand einen
ſcharfen Dolch haltend, in der andern eine
brennende Fackel. Sie ſelbſt trug eine gold-
ne Krone auf dem Haupt, und einen Zepter
in der Rechten. Sie ſtieg aus dem Wagen,
und tanzte mit der Theologie ein Pas des
deux,
wozu Liſt, Herrſchſucht und Tyran-
ney
, auf ganz leiſen und ſanften Inſtru-
menten ſpielten. Nachdem ſie das Pas des
deux
geendet hatte, gab ſie den uͤbrigen
Geſtalten ein Zeichen, einen allgemeinen

Tanz
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0056" n="45"/>
&#x017F;ich an den Ha&#x0364;nden gefaßt, und trieben &#x017F;ich<lb/>
wild in dunklen Figuren herum, wozu der<lb/><hi rendition="#fr">Aberglaube, Wahn&#x017F;inn</hi> und <hi rendition="#fr">Betrug</hi>, auf<lb/>
Dudel&#x017F;a&#x0364;cken blie&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;en folgte die <hi rendition="#fr">Jurisprudenz</hi>, eine fei-<lb/>
&#x017F;te, gut gena&#x0364;hrte Ge&#x017F;talt, mit Sporteln ge-<lb/>
fu&#x0364;ttert, und mit Glo&#x017F;&#x017F;en behangen. Sie<lb/>
keuchte ein mu&#x0364;h&#x017F;ames Solo, und die <hi rendition="#fr">Chi-<lb/>
cane</hi> &#x017F;trich den Baß dazu.</p><lb/>
          <p>Zulezt fuhr die <hi rendition="#fr">Politik</hi> in einem Sieges-<lb/>
wagen herein, den zwey Ma&#x0364;hren zogen,<lb/><hi rendition="#fr">Schwa&#x0364;che</hi> und <hi rendition="#fr">Betrug</hi>. Zu ihrer Rechten<lb/>
&#x017F;aß die <hi rendition="#fr">Theologie</hi>, in einer Hand einen<lb/>
&#x017F;charfen Dolch haltend, in der andern eine<lb/>
brennende Fackel. Sie &#x017F;elb&#x017F;t trug eine gold-<lb/>
ne Krone auf dem Haupt, und einen Zepter<lb/>
in der Rechten. Sie &#x017F;tieg aus dem Wagen,<lb/>
und tanzte mit der Theologie ein <hi rendition="#aq">Pas des<lb/>
deux,</hi> wozu <hi rendition="#fr">Li&#x017F;t, Herr&#x017F;ch&#x017F;ucht</hi> und <hi rendition="#fr">Tyran-<lb/>
ney</hi>, auf ganz lei&#x017F;en und &#x017F;anften In&#x017F;tru-<lb/>
menten &#x017F;pielten. Nachdem &#x017F;ie das <hi rendition="#aq">Pas des<lb/>
deux</hi> geendet hatte, gab &#x017F;ie den u&#x0364;brigen<lb/>
Ge&#x017F;talten ein Zeichen, einen allgemeinen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Tanz</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[45/0056] ſich an den Haͤnden gefaßt, und trieben ſich wild in dunklen Figuren herum, wozu der Aberglaube, Wahnſinn und Betrug, auf Dudelſaͤcken blieſen. Dieſen folgte die Jurisprudenz, eine fei- ſte, gut genaͤhrte Geſtalt, mit Sporteln ge- fuͤttert, und mit Gloſſen behangen. Sie keuchte ein muͤhſames Solo, und die Chi- cane ſtrich den Baß dazu. Zulezt fuhr die Politik in einem Sieges- wagen herein, den zwey Maͤhren zogen, Schwaͤche und Betrug. Zu ihrer Rechten ſaß die Theologie, in einer Hand einen ſcharfen Dolch haltend, in der andern eine brennende Fackel. Sie ſelbſt trug eine gold- ne Krone auf dem Haupt, und einen Zepter in der Rechten. Sie ſtieg aus dem Wagen, und tanzte mit der Theologie ein Pas des deux, wozu Liſt, Herrſchſucht und Tyran- ney, auf ganz leiſen und ſanften Inſtru- menten ſpielten. Nachdem ſie das Pas des deux geendet hatte, gab ſie den uͤbrigen Geſtalten ein Zeichen, einen allgemeinen Tanz

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/56
Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/56>, abgerufen am 22.11.2024.