So fasse sich ein jeder in Geduld, und dringe nicht auf Kosten seiner Ruhe verwe- gen in die Geheimnisse, die der Geist des Menschen hier nicht enthüllen kann und soll. Auch richte keiner; denn keinem ist das Rich- teramt gegeben. Halte deine rasche Auf- wallung bey den Erscheinungen der morali- schen Welt, die dein Herz empören, deinen Verstand verwirren, im Zaum, und bebe ein Urtheil zu fällen, denn du kannst nicht erkennen, wie und woher sie kamen, wohin sie zielen, und wie sie für den enden, der sie veranlasset. Dem Geist des Menschen ist alles dunkel, er ist sich selbst ein Räthsel. Lebe in der Hoffnung, einst helle zu sehen, und wohl dem, der sein. Tage so hinlebt; er allein hat gewonnen, denn das übrige ist in der Macht dessen, der den Menschen so prüfen wollte, und ihm die Kraft, die Prü- fung zu bestehen, mitgetheilt hat. Dies erkennt der wahre Weise, und erwartet in Unterwerfung sein Loos. Ich hatte eine gute Absicht bey diesem Buch; doch der Mann,
der
Epilogus.
So faſſe ſich ein jeder in Geduld, und dringe nicht auf Koſten ſeiner Ruhe verwe- gen in die Geheimniſſe, die der Geiſt des Menſchen hier nicht enthuͤllen kann und ſoll. Auch richte keiner; denn keinem iſt das Rich- teramt gegeben. Halte deine raſche Auf- wallung bey den Erſcheinungen der morali- ſchen Welt, die dein Herz empoͤren, deinen Verſtand verwirren, im Zaum, und bebe ein Urtheil zu faͤllen, denn du kannſt nicht erkennen, wie und woher ſie kamen, wohin ſie zielen, und wie ſie fuͤr den enden, der ſie veranlaſſet. Dem Geiſt des Menſchen iſt alles dunkel, er iſt ſich ſelbſt ein Raͤthſel. Lebe in der Hoffnung, einſt helle zu ſehen, und wohl dem, der ſein. Tage ſo hinlebt; er allein hat gewonnen, denn das uͤbrige iſt in der Macht deſſen, der den Menſchen ſo pruͤfen wollte, und ihm die Kraft, die Pruͤ- fung zu beſtehen, mitgetheilt hat. Dies erkennt der wahre Weiſe, und erwartet in Unterwerfung ſein Loos. Ich hatte eine gute Abſicht bey dieſem Buch; doch der Mann,
der
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Epilogus.
So faſſe ſich ein jeder in Geduld, und
dringe nicht auf Koſten ſeiner Ruhe verwe-
gen in die Geheimniſſe, die der Geiſt des
Menſchen hier nicht enthuͤllen kann und ſoll.
Auch richte keiner; denn keinem iſt das Rich-
teramt gegeben. Halte deine raſche Auf-
wallung bey den Erſcheinungen der morali-
ſchen Welt, die dein Herz empoͤren, deinen
Verſtand verwirren, im Zaum, und bebe
ein Urtheil zu faͤllen, denn du kannſt nicht
erkennen, wie und woher ſie kamen, wohin
ſie zielen, und wie ſie fuͤr den enden, der ſie
veranlaſſet. Dem Geiſt des Menſchen iſt
alles dunkel, er iſt ſich ſelbſt ein Raͤthſel.
Lebe in der Hoffnung, einſt helle zu ſehen,
und wohl dem, der ſein. Tage ſo hinlebt;
er allein hat gewonnen, denn das uͤbrige iſt
in der Macht deſſen, der den Menſchen ſo
pruͤfen wollte, und ihm die Kraft, die Pruͤ-
fung zu beſtehen, mitgetheilt hat. Dies
erkennt der wahre Weiſe, und erwartet in
Unterwerfung ſein Loos. Ich hatte eine gute
Abſicht bey dieſem Buch; doch der Mann,
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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/422>, abgerufen am 22.12.2024.
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