du nicht bedacht. Fasse nun die Folgen deines Wahnsinns zusammen, durchlaufe sie, und sinke vor der scheußlichen Vorstel- lung hin. Sagt' ich dir nicht, der Mensch ist rascher in seinem Urtheil und in seiner Rache, als der Teufel in der Vollziehung des Bösen?
Auf deinen Befehl mußt ich den Zunder der Wollust, an das Herz der himmlischen Angelika legen, die die Zierde ihres Ge- schlechts und der Welt war. Du hast sie im wilden Rausche deiner Sinne genossen, und die Unglückliche wußte nicht was ihr geschah. Schaudre vor den Folgen -- die- se Angelika -- ich der Gefallen an der Sün- de und der Zerstöhrung hat, könnte mitlei- dig auf ihr Ende blicken! Sie floh auf das Land, und das Gefühl der Scham zwang sie, den Zustand zu verbergen, in den du sie gesezt hattest. Sie gebahr unter Todes- angst, in der Einsamkeit, ohne Hülfe, das Kind entfiel dem Schooß der Unvermögen- den, und starb in dem Augenblick, da es
das
du nicht bedacht. Faſſe nun die Folgen deines Wahnſinns zuſammen, durchlaufe ſie, und ſinke vor der ſcheußlichen Vorſtel- lung hin. Sagt’ ich dir nicht, der Menſch iſt raſcher in ſeinem Urtheil und in ſeiner Rache, als der Teufel in der Vollziehung des Boͤſen?
Auf deinen Befehl mußt ich den Zunder der Wolluſt, an das Herz der himmliſchen Angelika legen, die die Zierde ihres Ge- ſchlechts und der Welt war. Du haſt ſie im wilden Rauſche deiner Sinne genoſſen, und die Ungluͤckliche wußte nicht was ihr geſchah. Schaudre vor den Folgen — die- ſe Angelika — ich der Gefallen an der Suͤn- de und der Zerſtoͤhrung hat, koͤnnte mitlei- dig auf ihr Ende blicken! Sie floh auf das Land, und das Gefuͤhl der Scham zwang ſie, den Zuſtand zu verbergen, in den du ſie geſezt hatteſt. Sie gebahr unter Todes- angſt, in der Einſamkeit, ohne Huͤlfe, das Kind entfiel dem Schooß der Unvermoͤgen- den, und ſtarb in dem Augenblick, da es
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du nicht bedacht. Faſſe nun die Folgen
deines Wahnſinns zuſammen, durchlaufe
ſie, und ſinke vor der ſcheußlichen Vorſtel-
lung hin. Sagt’ ich dir nicht, der Menſch
iſt raſcher in ſeinem Urtheil und in ſeiner
Rache, als der Teufel in der Vollziehung
des Boͤſen?
Auf deinen Befehl mußt ich den Zunder
der Wolluſt, an das Herz der himmliſchen
Angelika legen, die die Zierde ihres Ge-
ſchlechts und der Welt war. Du haſt ſie
im wilden Rauſche deiner Sinne genoſſen,
und die Ungluͤckliche wußte nicht was ihr
geſchah. Schaudre vor den Folgen — die-
ſe Angelika — ich der Gefallen an der Suͤn-
de und der Zerſtoͤhrung hat, koͤnnte mitlei-
dig auf ihr Ende blicken! Sie floh auf das
Land, und das Gefuͤhl der Scham zwang
ſie, den Zuſtand zu verbergen, in den du ſie
geſezt hatteſt. Sie gebahr unter Todes-
angſt, in der Einſamkeit, ohne Huͤlfe, das
Kind entfiel dem Schooß der Unvermoͤgen-
den, und ſtarb in dem Augenblick, da es
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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 390. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/401>, abgerufen am 25.11.2024.
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