Schleier von den Augen reißen muß. Höre! ich will mit einem Athemzug das verworrne Labyrinth weghauchen, in welchem du dich nicht finden konntest, dir Licht über die Wege der moralischen Welt geben, und dir zeigen, wie gewaltsam du sie durchkreuzt hast. Ich ein Teufel, will dir zeigen, mit welchem Rechte und Gewinn, ein Wurm wie du, sich zum Richter und Rächer des Bösen aufwirft, und in die Räder- dieser so ungeheuren und fest gestimm- ten Maschine greift. Langsam will ich dir alles zuzählen, damit das Gewicht eines jeden deines Frevels, einer jeden deiner Thorheiten, schwer auf deine See- le falle. Erinnerst du dich des Jüng- lings, den ich auf deinen Befehl, bey un- serm Auszug aus Mainz, vom Ersaufen er- retten mußte? Ich warnte dich, du wolltest dem Zug deines Herzens gehorchen, vernimm nun die Folgen. Hättest du jenen Böse- wicht ertrinken lassen, so würde dein Sohn nicht an diesem schändlichen Holze sein Le-
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Schleier von den Augen reißen muß. Hoͤre! ich will mit einem Athemzug das verworrne Labyrinth weghauchen, in welchem du dich nicht finden konnteſt, dir Licht uͤber die Wege der moraliſchen Welt geben, und dir zeigen, wie gewaltſam du ſie durchkreuzt haſt. Ich ein Teufel, will dir zeigen, mit welchem Rechte und Gewinn, ein Wurm wie du, ſich zum Richter und Raͤcher des Boͤſen aufwirft, und in die Raͤder- dieſer ſo ungeheuren und feſt geſtimm- ten Maſchine greift. Langſam will ich dir alles zuzaͤhlen, damit das Gewicht eines jeden deines Frevels, einer jeden deiner Thorheiten, ſchwer auf deine See- le falle. Erinnerſt du dich des Juͤng- lings, den ich auf deinen Befehl, bey un- ſerm Auszug aus Mainz, vom Erſaufen er- retten mußte? Ich warnte dich, du wollteſt dem Zug deines Herzens gehorchen, vernimm nun die Folgen. Haͤtteſt du jenen Boͤſe- wicht ertrinken laſſen, ſo wuͤrde dein Sohn nicht an dieſem ſchaͤndlichen Holze ſein Le-
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Schleier von den Augen reißen muß. Hoͤre!
ich will mit einem Athemzug das verworrne
Labyrinth weghauchen, in welchem du dich
nicht finden konnteſt, dir Licht uͤber die
Wege der moraliſchen Welt geben, und dir
zeigen, wie gewaltſam du ſie durchkreuzt
haſt. Ich ein Teufel, will dir zeigen, mit
welchem Rechte und Gewinn, ein Wurm
wie du, ſich zum Richter und Raͤcher des
Boͤſen aufwirft, und in die Raͤder-
dieſer ſo ungeheuren und feſt geſtimm-
ten Maſchine greift. Langſam will ich
dir alles zuzaͤhlen, damit das Gewicht
eines jeden deines Frevels, einer jeden
deiner Thorheiten, ſchwer auf deine See-
le falle. Erinnerſt du dich des Juͤng-
lings, den ich auf deinen Befehl, bey un-
ſerm Auszug aus Mainz, vom Erſaufen er-
retten mußte? Ich warnte dich, du wollteſt
dem Zug deines Herzens gehorchen, vernimm
nun die Folgen. Haͤtteſt du jenen Boͤſe-
wicht ertrinken laſſen, ſo wuͤrde dein Sohn
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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/382>, abgerufen am 22.11.2024.
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