"den, heut ein Abendessen -- Mein Bruder "wird spät in der Nacht zu einer uns ge- "meinschaftlichen Buhlerin schleichen, und "ich müßte Michellotto schlecht kennen, "wenn er den Weg zu seinem Pallast zurück "fände. Ich heiße Cäsar, und will alles "oder nichts seyn."
Michellotto faßte des Kardinals Hand, dankte ihm für sein Zutrauen, berief sich auf die Beweise seiner Treue und Ergebenheit, und entfernte sich, um einige seiner Gesellen auf die That vorzubereiten.
Faust und der Teufel wurden zu dieser Abendmahlzeit gleichfalls eingeladen. Die Gäste waren sehr munter. Francisco über- häufte seinen Bruder mit Zärtlichkeit, ohne dessen Entschluß zu erschüttern. Nach dem Essen nahm Cäsar Abschied von seiner Mut- ter, um sich zu dem Papst zu begeben, seine lezten Befehle abzuholen; sein Bruder er- bot sich, ihn eine Strecke Wegs zu beglei- ten, um das Vergnügen seiner Gesellschaft noch einige Augenblicke länger zu genießen.
Faust
„den, heut ein Abendeſſen — Mein Bruder „wird ſpaͤt in der Nacht zu einer uns ge- „meinſchaftlichen Buhlerin ſchleichen, und „ich muͤßte Michellotto ſchlecht kennen, „wenn er den Weg zu ſeinem Pallaſt zuruͤck „faͤnde. Ich heiße Caͤſar, und will alles „oder nichts ſeyn.“
Michellotto faßte des Kardinals Hand, dankte ihm fuͤr ſein Zutrauen, berief ſich auf die Beweiſe ſeiner Treue und Ergebenheit, und entfernte ſich, um einige ſeiner Geſellen auf die That vorzubereiten.
Fauſt und der Teufel wurden zu dieſer Abendmahlzeit gleichfalls eingeladen. Die Gaͤſte waren ſehr munter. Francisco uͤber- haͤufte ſeinen Bruder mit Zaͤrtlichkeit, ohne deſſen Entſchluß zu erſchuͤttern. Nach dem Eſſen nahm Caͤſar Abſchied von ſeiner Mut- ter, um ſich zu dem Papſt zu begeben, ſeine lezten Befehle abzuholen; ſein Bruder er- bot ſich, ihn eine Strecke Wegs zu beglei- ten, um das Vergnuͤgen ſeiner Geſellſchaft noch einige Augenblicke laͤnger zu genießen.
Fauſt
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0325"n="314"/>„den, heut ein Abendeſſen — Mein Bruder<lb/>„wird ſpaͤt in der Nacht zu einer uns ge-<lb/>„meinſchaftlichen Buhlerin ſchleichen, und<lb/>„ich muͤßte Michellotto ſchlecht kennen,<lb/>„wenn er den Weg zu ſeinem Pallaſt zuruͤck<lb/>„faͤnde. Ich heiße Caͤſar, und will alles<lb/>„oder nichts ſeyn.“</p><lb/><p>Michellotto faßte des Kardinals Hand,<lb/>
dankte ihm fuͤr ſein Zutrauen, berief ſich auf<lb/>
die Beweiſe ſeiner Treue und Ergebenheit,<lb/>
und entfernte ſich, um einige ſeiner Geſellen<lb/>
auf die That vorzubereiten.</p><lb/><p>Fauſt und der Teufel wurden zu dieſer<lb/>
Abendmahlzeit gleichfalls eingeladen. Die<lb/>
Gaͤſte waren ſehr munter. Francisco uͤber-<lb/>
haͤufte ſeinen Bruder mit Zaͤrtlichkeit, ohne<lb/>
deſſen Entſchluß zu erſchuͤttern. Nach dem<lb/>
Eſſen nahm Caͤſar Abſchied von ſeiner Mut-<lb/>
ter, um ſich zu dem Papſt zu begeben, ſeine<lb/>
lezten Befehle abzuholen; ſein Bruder er-<lb/>
bot ſich, ihn eine Strecke Wegs zu beglei-<lb/>
ten, um das Vergnuͤgen ſeiner Geſellſchaft<lb/>
noch einige Augenblicke laͤnger zu genießen.<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Fauſt</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[314/0325]
„den, heut ein Abendeſſen — Mein Bruder
„wird ſpaͤt in der Nacht zu einer uns ge-
„meinſchaftlichen Buhlerin ſchleichen, und
„ich muͤßte Michellotto ſchlecht kennen,
„wenn er den Weg zu ſeinem Pallaſt zuruͤck
„faͤnde. Ich heiße Caͤſar, und will alles
„oder nichts ſeyn.“
Michellotto faßte des Kardinals Hand,
dankte ihm fuͤr ſein Zutrauen, berief ſich auf
die Beweiſe ſeiner Treue und Ergebenheit,
und entfernte ſich, um einige ſeiner Geſellen
auf die That vorzubereiten.
Fauſt und der Teufel wurden zu dieſer
Abendmahlzeit gleichfalls eingeladen. Die
Gaͤſte waren ſehr munter. Francisco uͤber-
haͤufte ſeinen Bruder mit Zaͤrtlichkeit, ohne
deſſen Entſchluß zu erſchuͤttern. Nach dem
Eſſen nahm Caͤſar Abſchied von ſeiner Mut-
ter, um ſich zu dem Papſt zu begeben, ſeine
lezten Befehle abzuholen; ſein Bruder er-
bot ſich, ihn eine Strecke Wegs zu beglei-
ten, um das Vergnuͤgen ſeiner Geſellſchaft
noch einige Augenblicke laͤnger zu genießen.
Fauſt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/325>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.