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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

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mehr in Rauch aufgieng, beschloß ihn nun
zum Nachtisch an den päpstlichen Hof zu
führen. Diesen sah er als die reiche Quelle
der Laster, als die größte Schule der Ver-
brechen an, woraus sie, von dem Oberhaup-
te der Religion, und dem Statthalter Got-
tes, gleichsam geheiligt, zu den andern Völ-
kern Europas flößen. Er sagte zu Faust:

"Du hast nun gesehen, wie alle Höfe Eu-
"ropas sich gleichen, und wie die Menschen
"regiert werden; laß uns jezt nach Rom
"ziehen, um zu sehen, ob es mit der Kirche
"und der geistlichen Regierung besser steht."

Der Listige schmeichelte sich, Alexander
der Sechste
, der damals die dreyfache Kro-
ne trug, und die Schlüssel zu dem Himmel
und der Hölle in seiner Gewalt hatte, sollte
seinem finstern Plan gegen Fausten den
Schwung geben, und seine eigne Rückkehr
in die Hölle befördern. Längst war er des
Aufenthalts auf Erden müde, denn da
er seit Jahrtausenden schon so vielmal diesel-
be durchzogen hatte, so sah er doch, so sehr

ihn

mehr in Rauch aufgieng, beſchloß ihn nun
zum Nachtiſch an den paͤpſtlichen Hof zu
fuͤhren. Dieſen ſah er als die reiche Quelle
der Laſter, als die groͤßte Schule der Ver-
brechen an, woraus ſie, von dem Oberhaup-
te der Religion, und dem Statthalter Got-
tes, gleichſam geheiligt, zu den andern Voͤl-
kern Europas floͤßen. Er ſagte zu Fauſt:

„Du haſt nun geſehen, wie alle Hoͤfe Eu-
„ropas ſich gleichen, und wie die Menſchen
„regiert werden; laß uns jezt nach Rom
„ziehen, um zu ſehen, ob es mit der Kirche
„und der geiſtlichen Regierung beſſer ſteht.“

Der Liſtige ſchmeichelte ſich, Alexander
der Sechſte
, der damals die dreyfache Kro-
ne trug, und die Schluͤſſel zu dem Himmel
und der Hoͤlle in ſeiner Gewalt hatte, ſollte
ſeinem finſtern Plan gegen Fauſten den
Schwung geben, und ſeine eigne Ruͤckkehr
in die Hoͤlle befoͤrdern. Laͤngſt war er des
Aufenthalts auf Erden muͤde, denn da
er ſeit Jahrtauſenden ſchon ſo vielmal dieſel-
be durchzogen hatte, ſo ſah er doch, ſo ſehr

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[296/0307] mehr in Rauch aufgieng, beſchloß ihn nun zum Nachtiſch an den paͤpſtlichen Hof zu fuͤhren. Dieſen ſah er als die reiche Quelle der Laſter, als die groͤßte Schule der Ver- brechen an, woraus ſie, von dem Oberhaup- te der Religion, und dem Statthalter Got- tes, gleichſam geheiligt, zu den andern Voͤl- kern Europas floͤßen. Er ſagte zu Fauſt: „Du haſt nun geſehen, wie alle Hoͤfe Eu- „ropas ſich gleichen, und wie die Menſchen „regiert werden; laß uns jezt nach Rom „ziehen, um zu ſehen, ob es mit der Kirche „und der geiſtlichen Regierung beſſer ſteht.“ Der Liſtige ſchmeichelte ſich, Alexander der Sechſte, der damals die dreyfache Kro- ne trug, und die Schluͤſſel zu dem Himmel und der Hoͤlle in ſeiner Gewalt hatte, ſollte ſeinem finſtern Plan gegen Fauſten den Schwung geben, und ſeine eigne Ruͤckkehr in die Hoͤlle befoͤrdern. Laͤngſt war er des Aufenthalts auf Erden muͤde, denn da er ſeit Jahrtauſenden ſchon ſo vielmal dieſel- be durchzogen hatte, ſo ſah er doch, ſo ſehr ihn

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Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/307>, abgerufen am 22.11.2024.