beth, stirbt jeden Seigerschlag, und vermehrt bey jedem seiner Gedanken die Schrecken des Todes, dessen Namen auszusprechen, bey Strafe des Hochverraths verbothen ist.
So zeigte der Teufel Fausten den gefürch- teten Ludwig, und Fausts Herz ergözte sich an der Blässe seiner Wangen, an den Fur- chen, die die Angst auf seine Stirne gegra- ben. Er weidete sich an seinem Todes- schweiß, an seinem beklommnen Athem, und sättigte sich an seiner Quaal. Schon woll- te er dem ekelhaften Aufenthalt entfliehen, als ihm der Teufel in's Ohr raunte, den kommenden Tag abzuwarten, eine besondre Scene anzusehen. Der König hatte ver- nommen, daß in Kalabrien ein Eremit Martorillo lebte, den man in ganz Sicilien als einen Heiligen verehrte. Dieser Thor hatte von seinem vierzehenden bis zu seinem vierzigsten Jahr auf einem spitzen Felsen ge- lebt, seinen Körper durch Fasten gemartert, und seinem Geiste alle Nahrung versagt; aber der Schein des Heiligen bedeckte den
Dumm-
beth, ſtirbt jeden Seigerſchlag, und vermehrt bey jedem ſeiner Gedanken die Schrecken des Todes, deſſen Namen auszuſprechen, bey Strafe des Hochverraths verbothen iſt.
So zeigte der Teufel Fauſten den gefuͤrch- teten Ludwig, und Fauſts Herz ergoͤzte ſich an der Blaͤſſe ſeiner Wangen, an den Fur- chen, die die Angſt auf ſeine Stirne gegra- ben. Er weidete ſich an ſeinem Todes- ſchweiß, an ſeinem beklommnen Athem, und ſaͤttigte ſich an ſeiner Quaal. Schon woll- te er dem ekelhaften Aufenthalt entfliehen, als ihm der Teufel in’s Ohr raunte, den kommenden Tag abzuwarten, eine beſondre Scene anzuſehen. Der Koͤnig hatte ver- nommen, daß in Kalabrien ein Eremit Martorillo lebte, den man in ganz Sicilien als einen Heiligen verehrte. Dieſer Thor hatte von ſeinem vierzehenden bis zu ſeinem vierzigſten Jahr auf einem ſpitzen Felſen ge- lebt, ſeinen Koͤrper durch Faſten gemartert, und ſeinem Geiſte alle Nahrung verſagt; aber der Schein des Heiligen bedeckte den
Dumm-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0297"n="286"/>
beth, ſtirbt jeden Seigerſchlag, und vermehrt<lb/>
bey jedem ſeiner Gedanken die Schrecken<lb/>
des Todes, deſſen Namen auszuſprechen,<lb/>
bey Strafe des Hochverraths verbothen iſt.</p><lb/><p>So zeigte der Teufel Fauſten den gefuͤrch-<lb/>
teten Ludwig, und Fauſts Herz ergoͤzte ſich<lb/>
an der Blaͤſſe ſeiner Wangen, an den Fur-<lb/>
chen, die die Angſt auf ſeine Stirne gegra-<lb/>
ben. Er weidete ſich an ſeinem Todes-<lb/>ſchweiß, an ſeinem beklommnen Athem, und<lb/>ſaͤttigte ſich an ſeiner Quaal. Schon woll-<lb/>
te er dem ekelhaften Aufenthalt entfliehen,<lb/>
als ihm der Teufel in’s Ohr raunte, den<lb/>
kommenden Tag abzuwarten, eine beſondre<lb/>
Scene anzuſehen. Der Koͤnig hatte ver-<lb/>
nommen, daß in Kalabrien ein Eremit<lb/>
Martorillo lebte, den man in ganz Sicilien<lb/>
als einen Heiligen verehrte. Dieſer Thor<lb/>
hatte von ſeinem vierzehenden bis zu ſeinem<lb/>
vierzigſten Jahr auf einem ſpitzen Felſen ge-<lb/>
lebt, ſeinen Koͤrper durch Faſten gemartert,<lb/>
und ſeinem Geiſte alle Nahrung verſagt;<lb/>
aber der Schein des Heiligen bedeckte den<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Dumm-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[286/0297]
beth, ſtirbt jeden Seigerſchlag, und vermehrt
bey jedem ſeiner Gedanken die Schrecken
des Todes, deſſen Namen auszuſprechen,
bey Strafe des Hochverraths verbothen iſt.
So zeigte der Teufel Fauſten den gefuͤrch-
teten Ludwig, und Fauſts Herz ergoͤzte ſich
an der Blaͤſſe ſeiner Wangen, an den Fur-
chen, die die Angſt auf ſeine Stirne gegra-
ben. Er weidete ſich an ſeinem Todes-
ſchweiß, an ſeinem beklommnen Athem, und
ſaͤttigte ſich an ſeiner Quaal. Schon woll-
te er dem ekelhaften Aufenthalt entfliehen,
als ihm der Teufel in’s Ohr raunte, den
kommenden Tag abzuwarten, eine beſondre
Scene anzuſehen. Der Koͤnig hatte ver-
nommen, daß in Kalabrien ein Eremit
Martorillo lebte, den man in ganz Sicilien
als einen Heiligen verehrte. Dieſer Thor
hatte von ſeinem vierzehenden bis zu ſeinem
vierzigſten Jahr auf einem ſpitzen Felſen ge-
lebt, ſeinen Koͤrper durch Faſten gemartert,
und ſeinem Geiſte alle Nahrung verſagt;
aber der Schein des Heiligen bedeckte den
Dumm-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/297>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.