unter einer menschlichen Gestalt vorstellen konnte. Der Teufel stellte ihm die Unmög- lichkeit vor, in das Schloß Plessis du Parc, worin Feigheit und Furcht den Tyrannen gefangen hielten, in ihrer wahren Gestalt zu dringen, und sezte hinzu, daß außer den nöthigen Dienern, seinem Quäler dem Arzt, seinem Beichtvater, und seinem Freund dem Henker, nebst einigen Astrologen, kein Mensch ohne besondere Erlaubniß eingelas- sen würde.
Faust. So laß uns andre Gestalten an- nehmen.
Teufel. Gut, ich will zwey seiner Tra- banten entfernen, und wir wollen ihren Dienst unter ihrer Gestalt verrichten, um diesen König und sein Glück in der Nähe zu beobachten. Der Augenblick den Elenden zu sehen ist treflich. Die Furcht vor dem Tode rächt schon vor der Hölle seine Thaten an seinem feigen Herzen, und in dieser Mar- ter sinnt er Tag und Nacht, wie er ihn ent- fernen mögte, zieht ihn dadurch immer nä-
her,
unter einer menſchlichen Geſtalt vorſtellen konnte. Der Teufel ſtellte ihm die Unmoͤg- lichkeit vor, in das Schloß Pleſſis du Parc, worin Feigheit und Furcht den Tyrannen gefangen hielten, in ihrer wahren Geſtalt zu dringen, und ſezte hinzu, daß außer den noͤthigen Dienern, ſeinem Quaͤler dem Arzt, ſeinem Beichtvater, und ſeinem Freund dem Henker, nebſt einigen Aſtrologen, kein Menſch ohne beſondere Erlaubniß eingelaſ- ſen wuͤrde.
Fauſt. So laß uns andre Geſtalten an- nehmen.
Teufel. Gut, ich will zwey ſeiner Tra- banten entfernen, und wir wollen ihren Dienſt unter ihrer Geſtalt verrichten, um dieſen Koͤnig und ſein Gluͤck in der Naͤhe zu beobachten. Der Augenblick den Elenden zu ſehen iſt treflich. Die Furcht vor dem Tode raͤcht ſchon vor der Hoͤlle ſeine Thaten an ſeinem feigen Herzen, und in dieſer Mar- ter ſinnt er Tag und Nacht, wie er ihn ent- fernen moͤgte, zieht ihn dadurch immer naͤ-
her,
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unter einer menſchlichen Geſtalt vorſtellen
konnte. Der Teufel ſtellte ihm die Unmoͤg-
lichkeit vor, in das Schloß Pleſſis du Parc,
worin Feigheit und Furcht den Tyrannen
gefangen hielten, in ihrer wahren Geſtalt
zu dringen, und ſezte hinzu, daß außer den
noͤthigen Dienern, ſeinem Quaͤler dem Arzt,
ſeinem Beichtvater, und ſeinem Freund dem
Henker, nebſt einigen Aſtrologen, kein
Menſch ohne beſondere Erlaubniß eingelaſ-
ſen wuͤrde.
Fauſt. So laß uns andre Geſtalten an-
nehmen.
Teufel. Gut, ich will zwey ſeiner Tra-
banten entfernen, und wir wollen ihren
Dienſt unter ihrer Geſtalt verrichten, um
dieſen Koͤnig und ſein Gluͤck in der Naͤhe zu
beobachten. Der Augenblick den Elenden
zu ſehen iſt treflich. Die Furcht vor dem
Tode raͤcht ſchon vor der Hoͤlle ſeine Thaten
an ſeinem feigen Herzen, und in dieſer Mar-
ter ſinnt er Tag und Nacht, wie er ihn ent-
fernen moͤgte, zieht ihn dadurch immer naͤ-
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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/293>, abgerufen am 22.11.2024.
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