heftig, daß er mit seiner hohen Person sein Spiel getrieben, daß er dem Hang sich zu rächen nicht widerstehen konnte, und da Faust in keiner bessern Laune gegen den Mönch war, so machten sie sich auf ihm ei- nen Streich zu spielen. Sie giengen nach dem Kloster, und da sie beyde stattlich ge- kleidet waren, und Leute von Rang und Be- deutung zu seyn schienen, so wurden sie von dem jungen Mönch sehr freundlich und herz- lich empfangen. Aber kaum sah er den Teufel schärfer an, als er von seinem Ange- sichte so begeistert wurde, daß er alle Worte des Grußes vergaß, ihm stark die Hand schüttelte, sich dann von ihm entfernte, und ihn bald en face, bald en profil an- starrte. Hierauf rief er hochbegeistert:
"Ha! wer bist du, Uebergroßer?
"Ja, man kann, was man will.
"Man will, was man kann! dies sagt "mir dein Gesicht, und ich brauche dich "nicht zu kennen, und dies zu sagen. Nie "hab' ich die Gewißheit meiner Wissen-
"schaft
P 3
heftig, daß er mit ſeiner hohen Perſon ſein Spiel getrieben, daß er dem Hang ſich zu raͤchen nicht widerſtehen konnte, und da Fauſt in keiner beſſern Laune gegen den Moͤnch war, ſo machten ſie ſich auf ihm ei- nen Streich zu ſpielen. Sie giengen nach dem Kloſter, und da ſie beyde ſtattlich ge- kleidet waren, und Leute von Rang und Be- deutung zu ſeyn ſchienen, ſo wurden ſie von dem jungen Moͤnch ſehr freundlich und herz- lich empfangen. Aber kaum ſah er den Teufel ſchaͤrfer an, als er von ſeinem Ange- ſichte ſo begeiſtert wurde, daß er alle Worte des Grußes vergaß, ihm ſtark die Hand ſchuͤttelte, ſich dann von ihm entfernte, und ihn bald en face, bald en profil an- ſtarrte. Hierauf rief er hochbegeiſtert:
„Ha! wer biſt du, Uebergroßer?
„Ja, man kann, was man will.
„Man will, was man kann! dies ſagt „mir dein Geſicht, und ich brauche dich „nicht zu kennen, und dies zu ſagen. Nie „hab’ ich die Gewißheit meiner Wiſſen-
„ſchaft
P 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0240"n="229"/>
heftig, daß er mit ſeiner hohen Perſon ſein<lb/>
Spiel getrieben, daß er dem Hang ſich zu<lb/>
raͤchen nicht widerſtehen konnte, und da<lb/>
Fauſt in keiner beſſern Laune gegen den<lb/>
Moͤnch war, ſo machten ſie ſich auf ihm ei-<lb/>
nen Streich zu ſpielen. Sie giengen nach<lb/>
dem Kloſter, und da ſie beyde ſtattlich ge-<lb/>
kleidet waren, und Leute von Rang und Be-<lb/>
deutung zu ſeyn ſchienen, ſo wurden ſie von<lb/>
dem jungen Moͤnch ſehr freundlich und herz-<lb/>
lich empfangen. Aber kaum ſah er den<lb/>
Teufel ſchaͤrfer an, als er von ſeinem Ange-<lb/>ſichte ſo begeiſtert wurde, daß er alle Worte<lb/>
des Grußes vergaß, ihm ſtark die Hand<lb/>ſchuͤttelte, ſich dann von ihm entfernte,<lb/>
und ihn bald <hirendition="#aq">en face,</hi> bald <hirendition="#aq">en profil</hi> an-<lb/>ſtarrte. Hierauf rief er hochbegeiſtert:</p><lb/><p>„Ha! wer biſt du, Uebergroßer?</p><lb/><p>„Ja, man kann, was man will.</p><lb/><p>„Man will, was man kann! dies ſagt<lb/>„mir dein Geſicht, und ich brauche dich<lb/>„nicht zu kennen, und dies zu ſagen. Nie<lb/>„hab’ ich die Gewißheit meiner Wiſſen-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">P 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">„ſchaft</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[229/0240]
heftig, daß er mit ſeiner hohen Perſon ſein
Spiel getrieben, daß er dem Hang ſich zu
raͤchen nicht widerſtehen konnte, und da
Fauſt in keiner beſſern Laune gegen den
Moͤnch war, ſo machten ſie ſich auf ihm ei-
nen Streich zu ſpielen. Sie giengen nach
dem Kloſter, und da ſie beyde ſtattlich ge-
kleidet waren, und Leute von Rang und Be-
deutung zu ſeyn ſchienen, ſo wurden ſie von
dem jungen Moͤnch ſehr freundlich und herz-
lich empfangen. Aber kaum ſah er den
Teufel ſchaͤrfer an, als er von ſeinem Ange-
ſichte ſo begeiſtert wurde, daß er alle Worte
des Grußes vergaß, ihm ſtark die Hand
ſchuͤttelte, ſich dann von ihm entfernte,
und ihn bald en face, bald en profil an-
ſtarrte. Hierauf rief er hochbegeiſtert:
„Ha! wer biſt du, Uebergroßer?
„Ja, man kann, was man will.
„Man will, was man kann! dies ſagt
„mir dein Geſicht, und ich brauche dich
„nicht zu kennen, und dies zu ſagen. Nie
„hab’ ich die Gewißheit meiner Wiſſen-
„ſchaft
P 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/240>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.