ke die Feder führte. Aber eben darum that es eine erstaunende Würkung auf die Gei- ster aller derer, die lieber verworren fühlen, als klar denken. Dies ist der Fall des größten Theils der Menschen, und da die Tage des Lebens unter dem angenehmen Ki- tzel des geliebten Selbsts so sanft dahinflie- ßen, so konnte es ihm nicht an Anbetern feh- len. Es thut so wohl, sich als ein vielge- liebtes, vorzüglich besorgtes Schoßkind der Gottheit anzusehen, und über die übrigen rohen Söhne der Natur mit Verachtung und Mitleiden hinzusehen! Unser Mönch blieb aber nicht bey dem Menschen allein stehen, er stieg auch zu den andern unedlen Thieren der Erde herunter, bestimmte ihre Eigenschaften aus ihren Gesichtern, ihrem Baue, und glaubte große Entdeckungen ge- macht zu haben, wenn er aus den Klauen, den Zähnen, dem Blick des Löwen, und dem schwächlichen, leichten Baue des Hasens bewies, warum der Löwe kein Hase, und der Hase kein Löwe sey. Es wunderte ihn
gewal-
ke die Feder fuͤhrte. Aber eben darum that es eine erſtaunende Wuͤrkung auf die Gei- ſter aller derer, die lieber verworren fuͤhlen, als klar denken. Dies iſt der Fall des groͤßten Theils der Menſchen, und da die Tage des Lebens unter dem angenehmen Ki- tzel des geliebten Selbſts ſo ſanft dahinflie- ßen, ſo konnte es ihm nicht an Anbetern feh- len. Es thut ſo wohl, ſich als ein vielge- liebtes, vorzuͤglich beſorgtes Schoßkind der Gottheit anzuſehen, und uͤber die uͤbrigen rohen Soͤhne der Natur mit Verachtung und Mitleiden hinzuſehen! Unſer Moͤnch blieb aber nicht bey dem Menſchen allein ſtehen, er ſtieg auch zu den andern unedlen Thieren der Erde herunter, beſtimmte ihre Eigenſchaften aus ihren Geſichtern, ihrem Baue, und glaubte große Entdeckungen ge- macht zu haben, wenn er aus den Klauen, den Zaͤhnen, dem Blick des Loͤwen, und dem ſchwaͤchlichen, leichten Baue des Haſens bewies, warum der Loͤwe kein Haſe, und der Haſe kein Loͤwe ſey. Es wunderte ihn
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ke die Feder fuͤhrte. Aber eben darum that
es eine erſtaunende Wuͤrkung auf die Gei-
ſter aller derer, die lieber verworren fuͤhlen,
als klar denken. Dies iſt der Fall des
groͤßten Theils der Menſchen, und da die
Tage des Lebens unter dem angenehmen Ki-
tzel des geliebten Selbſts ſo ſanft dahinflie-
ßen, ſo konnte es ihm nicht an Anbetern feh-
len. Es thut ſo wohl, ſich als ein vielge-
liebtes, vorzuͤglich beſorgtes Schoßkind der
Gottheit anzuſehen, und uͤber die uͤbrigen
rohen Soͤhne der Natur mit Verachtung
und Mitleiden hinzuſehen! Unſer Moͤnch
blieb aber nicht bey dem Menſchen allein
ſtehen, er ſtieg auch zu den andern unedlen
Thieren der Erde herunter, beſtimmte ihre
Eigenſchaften aus ihren Geſichtern, ihrem
Baue, und glaubte große Entdeckungen ge-
macht zu haben, wenn er aus den Klauen,
den Zaͤhnen, dem Blick des Loͤwen, und
dem ſchwaͤchlichen, leichten Baue des Haſens
bewies, warum der Loͤwe kein Haſe, und
der Haſe kein Loͤwe ſey. Es wunderte ihn
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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/227>, abgerufen am 23.11.2024.
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