"Gottes und unter dem Schutze des Kai- "sers, einen Fehdbrief zugeschickt. Die "Fehde ist unglücklich für uns ausgefallen, "der Rauhgraf hat das Dorf angezündet, "es mit seinen Reisigen umgeben, daß kei- "ner der Bauern heraus kann, und wird "nun dem Eide Gnüge thun, den er bey "dem heiligen Sakrament geschworen, alle "die Bauern wie Martinsgänse für seine "Hunde und wilden Schweine zu braten."
Faust. ergrimmt. Wo liegt sein Schloß?
Ritter. Auf jener Höhe, es ist das feste- ste und prächtigste im Lande.
Faust ritt auf eine Anhöhe, und sah im Thale das brennende Dorf vor sich liegen. Die Mütter mit ihren Kindern, Männer und Greise, Jünglinge und Jungfrauen stürzten heraus, warfen sich den Reisigen zu Füßen, flehten verzweifelnd um Rettung. Der Rauhgraf schrie, daß es im Thal er- schallte: "Treibt die Hunde zurück! In den "Flammen sollen sie alle sterben!" Die
Bauern
Fausts Leben. O
„Gottes und unter dem Schutze des Kai- „ſers, einen Fehdbrief zugeſchickt. Die „Fehde iſt ungluͤcklich fuͤr uns ausgefallen, „der Rauhgraf hat das Dorf angezuͤndet, „es mit ſeinen Reiſigen umgeben, daß kei- „ner der Bauern heraus kann, und wird „nun dem Eide Gnuͤge thun, den er bey „dem heiligen Sakrament geſchworen, alle „die Bauern wie Martinsgaͤnſe fuͤr ſeine „Hunde und wilden Schweine zu braten.“
Fauſt. ergrimmt. Wo liegt ſein Schloß?
Ritter. Auf jener Hoͤhe, es iſt das feſte- ſte und praͤchtigſte im Lande.
Fauſt ritt auf eine Anhoͤhe, und ſah im Thale das brennende Dorf vor ſich liegen. Die Muͤtter mit ihren Kindern, Maͤnner und Greiſe, Juͤnglinge und Jungfrauen ſtuͤrzten heraus, warfen ſich den Reiſigen zu Fuͤßen, flehten verzweifelnd um Rettung. Der Rauhgraf ſchrie, daß es im Thal er- ſchallte: „Treibt die Hunde zuruͤck! In den „Flammen ſollen ſie alle ſterben!“ Die
Bauern
Fauſts Leben. O
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„Gottes und unter dem Schutze des Kai-
„ſers, einen Fehdbrief zugeſchickt. Die
„Fehde iſt ungluͤcklich fuͤr uns ausgefallen,
„der Rauhgraf hat das Dorf angezuͤndet,
„es mit ſeinen Reiſigen umgeben, daß kei-
„ner der Bauern heraus kann, und wird
„nun dem Eide Gnuͤge thun, den er bey
„dem heiligen Sakrament geſchworen, alle
„die Bauern wie Martinsgaͤnſe fuͤr ſeine
„Hunde und wilden Schweine zu braten.“
Fauſt. ergrimmt. Wo liegt ſein
Schloß?
Ritter. Auf jener Hoͤhe, es iſt das feſte-
ſte und praͤchtigſte im Lande.
Fauſt ritt auf eine Anhoͤhe, und ſah im
Thale das brennende Dorf vor ſich liegen.
Die Muͤtter mit ihren Kindern, Maͤnner
und Greiſe, Juͤnglinge und Jungfrauen
ſtuͤrzten heraus, warfen ſich den Reiſigen
zu Fuͤßen, flehten verzweifelnd um Rettung.
Der Rauhgraf ſchrie, daß es im Thal er-
ſchallte: „Treibt die Hunde zuruͤck! In den
„Flammen ſollen ſie alle ſterben!“ Die
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Fauſts Leben. O
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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/220>, abgerufen am 24.11.2024.
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