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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

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te an den peinvollen Zweifeln seiner Seele
in dem dunklen Kerker. Die schreckliche
Scene des Tags mahlte sich immer düstrer
vor seinen Augen, und es entsprangen gräß-
liche Gedanken gegen den, der das Schicksal
der Menschen leitet, aus diesen schwarzen
Betrachtungen. Sein Inneres war in Auf-
ruhr, endlich rief er hohnlachend aus:
"Wo ist hier der Finger der Gottheit? Wo
"das Auge der Vorsehung, das über die
"Wege des Gerechten waltet? Wahnsinnig
"seh' ich den Redlichen, den belohnt, der
"ihn zerschlagen! Dem Tyrannen, der die
"Tugend heuchelt, entdeckt ich die Bosheit
"seines Günstlings, und er findet ihn sei-
"ner Freundschaft, der Belohnung nur wür-
"diger! Und es wäre Zweck, Ordnung und
"Zusammenhang in der moralischen Welt?
"Nun so sind sie auch in dem Gehirn dieses
"armen Zerrütteten, den sein Schöpfer oh-
"ne Schutz und Rache fallen ließ! -- Er
fuhr fort, und der Teufel horch-
te lächelnd
. "Ist der Mensch durch die

Kette

te an den peinvollen Zweifeln ſeiner Seele
in dem dunklen Kerker. Die ſchreckliche
Scene des Tags mahlte ſich immer duͤſtrer
vor ſeinen Augen, und es entſprangen graͤß-
liche Gedanken gegen den, der das Schickſal
der Menſchen leitet, aus dieſen ſchwarzen
Betrachtungen. Sein Inneres war in Auf-
ruhr, endlich rief er hohnlachend aus:
„Wo iſt hier der Finger der Gottheit? Wo
„das Auge der Vorſehung, das uͤber die
„Wege des Gerechten waltet? Wahnſinnig
„ſeh’ ich den Redlichen, den belohnt, der
„ihn zerſchlagen! Dem Tyrannen, der die
„Tugend heuchelt, entdeckt ich die Bosheit
„ſeines Guͤnſtlings, und er findet ihn ſei-
„ner Freundſchaft, der Belohnung nur wuͤr-
„diger! Und es waͤre Zweck, Ordnung und
„Zuſammenhang in der moraliſchen Welt?
„Nun ſo ſind ſie auch in dem Gehirn dieſes
„armen Zerruͤtteten, den ſein Schoͤpfer oh-
„ne Schutz und Rache fallen ließ! — Er
fuhr fort, und der Teufel horch-
te laͤchelnd
. „Iſt der Menſch durch die

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[194/0205] te an den peinvollen Zweifeln ſeiner Seele in dem dunklen Kerker. Die ſchreckliche Scene des Tags mahlte ſich immer duͤſtrer vor ſeinen Augen, und es entſprangen graͤß- liche Gedanken gegen den, der das Schickſal der Menſchen leitet, aus dieſen ſchwarzen Betrachtungen. Sein Inneres war in Auf- ruhr, endlich rief er hohnlachend aus: „Wo iſt hier der Finger der Gottheit? Wo „das Auge der Vorſehung, das uͤber die „Wege des Gerechten waltet? Wahnſinnig „ſeh’ ich den Redlichen, den belohnt, der „ihn zerſchlagen! Dem Tyrannen, der die „Tugend heuchelt, entdeckt ich die Bosheit „ſeines Guͤnſtlings, und er findet ihn ſei- „ner Freundſchaft, der Belohnung nur wuͤr- „diger! Und es waͤre Zweck, Ordnung und „Zuſammenhang in der moraliſchen Welt? „Nun ſo ſind ſie auch in dem Gehirn dieſes „armen Zerruͤtteten, den ſein Schoͤpfer oh- „ne Schutz und Rache fallen ließ! — Er fuhr fort, und der Teufel horch- te laͤchelnd. „Iſt der Menſch durch die Kette

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Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/205>, abgerufen am 22.11.2024.