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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

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Faust stund einen Augenblick wie verstei-
nert, endlich durchglühte edle Wärme sein
Herz. Er mahlte mit schrecklichen Farben
die Lage des Ministers, brach dann in Wuth
und Vorwürfe aus, vergaß selbst der fürch-
terlichen Macht, der er geboth, entbrannte
ganz im Gefühl eines Rächers der unter-
drückten Menschheit, der einem kalten Ty-
rannen die Larve abreißt, seines Schicksals
unbekümmert. Man entließ ihn als einen
Wahnsinnigen. Der Teufel empfieng ihn
frohlockend, er blieb stumm, knirschte in
seinem Innersten, und freute sich im giftigen
Mißmuth von den Menschen gerissen zu
haben.

7.

Um Mitternacht ließ der Graf den Teu-
fel und Fausten aufheben, und sie in ein en-
ges, schreckliches Gefängniß werfen. Faust
befahl dem Teufel der Gewalt nachzugeben,
weil er erfahren wollte, wie weit diese Heuch-
ler ihre Bosheit treiben würden. Er nag-

te
Fausts Leben. N

Fauſt ſtund einen Augenblick wie verſtei-
nert, endlich durchgluͤhte edle Waͤrme ſein
Herz. Er mahlte mit ſchrecklichen Farben
die Lage des Miniſters, brach dann in Wuth
und Vorwuͤrfe aus, vergaß ſelbſt der fuͤrch-
terlichen Macht, der er geboth, entbrannte
ganz im Gefuͤhl eines Raͤchers der unter-
druͤckten Menſchheit, der einem kalten Ty-
rannen die Larve abreißt, ſeines Schickſals
unbekuͤmmert. Man entließ ihn als einen
Wahnſinnigen. Der Teufel empfieng ihn
frohlockend, er blieb ſtumm, knirſchte in
ſeinem Innerſten, und freute ſich im giftigen
Mißmuth von den Menſchen geriſſen zu
haben.

7.

Um Mitternacht ließ der Graf den Teu-
fel und Fauſten aufheben, und ſie in ein en-
ges, ſchreckliches Gefaͤngniß werfen. Fauſt
befahl dem Teufel der Gewalt nachzugeben,
weil er erfahren wollte, wie weit dieſe Heuch-
ler ihre Bosheit treiben wuͤrden. Er nag-

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[193/0204] Fauſt ſtund einen Augenblick wie verſtei- nert, endlich durchgluͤhte edle Waͤrme ſein Herz. Er mahlte mit ſchrecklichen Farben die Lage des Miniſters, brach dann in Wuth und Vorwuͤrfe aus, vergaß ſelbſt der fuͤrch- terlichen Macht, der er geboth, entbrannte ganz im Gefuͤhl eines Raͤchers der unter- druͤckten Menſchheit, der einem kalten Ty- rannen die Larve abreißt, ſeines Schickſals unbekuͤmmert. Man entließ ihn als einen Wahnſinnigen. Der Teufel empfieng ihn frohlockend, er blieb ſtumm, knirſchte in ſeinem Innerſten, und freute ſich im giftigen Mißmuth von den Menſchen geriſſen zu haben. 7. Um Mitternacht ließ der Graf den Teu- fel und Fauſten aufheben, und ſie in ein en- ges, ſchreckliches Gefaͤngniß werfen. Fauſt befahl dem Teufel der Gewalt nachzugeben, weil er erfahren wollte, wie weit dieſe Heuch- ler ihre Bosheit treiben wuͤrden. Er nag- te Fauſts Leben. N

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Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/204>, abgerufen am 23.11.2024.