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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

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sten Auge schwer fiel, das Erlernte, Erkün-
stelte und Erworbene, von dem Natürlichen
zu unterscheiden. Faust, der noch wenige
Weltleute gesehen hatte, die ihren natürli-
chen Charakter an der politischen Klugheit
abgerieben haben, sezte sich aus obigem ein
Ideal zusammen, und nachdem er einige
Zeit den Hof besucht, und die Hauptperso-
nen desselben, alle gefaßt zu haben glaubte,
so fiel eines Abends zwischen ihm und dem
Teufel folgendes Gespräch vor:

Faust. Ich habe dir diese Tage vorsetz-
lich nichts von diesem Fürsten sagen wollen;
aber nun, da ich mir schmeichle, ihn gefaßt
zu haben, wage ich es, mit Zuversicht zu
behaupten, daß das Gerücht kein Lügner ist,
und ich hoffe dir das Geständniß abzuzwin-
gen, er sey, was wir suchen.

Teufel. Faust, ich merke schon, wo du
hinaus willst, und du giebst dem Teufel ei-
ne sonderbare Bestimmung; doch hiervon
ein andermal. Dein Fürst da, ist nun frey-
lich ein ganzer Mann; ich werde dir auch

nichts

ſten Auge ſchwer fiel, das Erlernte, Erkuͤn-
ſtelte und Erworbene, von dem Natuͤrlichen
zu unterſcheiden. Fauſt, der noch wenige
Weltleute geſehen hatte, die ihren natuͤrli-
chen Charakter an der politiſchen Klugheit
abgerieben haben, ſezte ſich aus obigem ein
Ideal zuſammen, und nachdem er einige
Zeit den Hof beſucht, und die Hauptperſo-
nen deſſelben, alle gefaßt zu haben glaubte,
ſo fiel eines Abends zwiſchen ihm und dem
Teufel folgendes Geſpraͤch vor:

Fauſt. Ich habe dir dieſe Tage vorſetz-
lich nichts von dieſem Fuͤrſten ſagen wollen;
aber nun, da ich mir ſchmeichle, ihn gefaßt
zu haben, wage ich es, mit Zuverſicht zu
behaupten, daß das Geruͤcht kein Luͤgner iſt,
und ich hoffe dir das Geſtaͤndniß abzuzwin-
gen, er ſey, was wir ſuchen.

Teufel. Fauſt, ich merke ſchon, wo du
hinaus willſt, und du giebſt dem Teufel ei-
ne ſonderbare Beſtimmung; doch hiervon
ein andermal. Dein Fuͤrſt da, iſt nun frey-
lich ein ganzer Mann; ich werde dir auch

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[178/0189] ſten Auge ſchwer fiel, das Erlernte, Erkuͤn- ſtelte und Erworbene, von dem Natuͤrlichen zu unterſcheiden. Fauſt, der noch wenige Weltleute geſehen hatte, die ihren natuͤrli- chen Charakter an der politiſchen Klugheit abgerieben haben, ſezte ſich aus obigem ein Ideal zuſammen, und nachdem er einige Zeit den Hof beſucht, und die Hauptperſo- nen deſſelben, alle gefaßt zu haben glaubte, ſo fiel eines Abends zwiſchen ihm und dem Teufel folgendes Geſpraͤch vor: Fauſt. Ich habe dir dieſe Tage vorſetz- lich nichts von dieſem Fuͤrſten ſagen wollen; aber nun, da ich mir ſchmeichle, ihn gefaßt zu haben, wage ich es, mit Zuverſicht zu behaupten, daß das Geruͤcht kein Luͤgner iſt, und ich hoffe dir das Geſtaͤndniß abzuzwin- gen, er ſey, was wir ſuchen. Teufel. Fauſt, ich merke ſchon, wo du hinaus willſt, und du giebſt dem Teufel ei- ne ſonderbare Beſtimmung; doch hiervon ein andermal. Dein Fuͤrſt da, iſt nun frey- lich ein ganzer Mann; ich werde dir auch nichts

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Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/189>, abgerufen am 22.11.2024.