Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

vor seine Augen zauberte, so rann sein Blut
wie Feuer in seinen Adern, und seine übri-
gen Fähigkeiten wurden bald von diesem
Gefühl allein verschlungen. Durch die
merkwürdige Erfindung der Buchdruckerey,
glaubte er sich endlich, die Thore zum Reich-
thum, Ruhm und Genuß aufgesprengt zu
haben. Er hatte sein ganzes Vermögen
darauf gewandt, sie zur Vollkommenheit zu
bringen, und trat nun vor die Menschen
mit seiner Entdeckung; aber ihre Laulichkeit
und Kälte überzeugten ihn bald, daß er,
der größte Erfinder seines Jahrhunderts,
mit seinem jungen Weibe und seinen Kin-
dern, Hungers sterben könnte, wenn er
nichts anders zu treiben wüßte. Von die-
ser stolzen Hoffnung so tief herabgesunken,
gedrückt von einer schweren Schuldenlast,
die er sich durch leichtsinnige Lebensart,
übertriebene Freygebigkeit, unvorsichtige
Bürgschaften und Unterstützung falscher
Freunde, auf den Hals gezogen, warf er
einen Blick auf die Menschen, sein Groll

färbte
A 4

vor ſeine Augen zauberte, ſo rann ſein Blut
wie Feuer in ſeinen Adern, und ſeine uͤbri-
gen Faͤhigkeiten wurden bald von dieſem
Gefuͤhl allein verſchlungen. Durch die
merkwuͤrdige Erfindung der Buchdruckerey,
glaubte er ſich endlich, die Thore zum Reich-
thum, Ruhm und Genuß aufgeſprengt zu
haben. Er hatte ſein ganzes Vermoͤgen
darauf gewandt, ſie zur Vollkommenheit zu
bringen, und trat nun vor die Menſchen
mit ſeiner Entdeckung; aber ihre Laulichkeit
und Kaͤlte uͤberzeugten ihn bald, daß er,
der groͤßte Erfinder ſeines Jahrhunderts,
mit ſeinem jungen Weibe und ſeinen Kin-
dern, Hungers ſterben koͤnnte, wenn er
nichts anders zu treiben wuͤßte. Von die-
ſer ſtolzen Hoffnung ſo tief herabgeſunken,
gedruͤckt von einer ſchweren Schuldenlaſt,
die er ſich durch leichtſinnige Lebensart,
uͤbertriebene Freygebigkeit, unvorſichtige
Buͤrgſchaften und Unterſtuͤtzung falſcher
Freunde, auf den Hals gezogen, warf er
einen Blick auf die Menſchen, ſein Groll

faͤrbte
A 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0018" n="7"/>
vor &#x017F;eine Augen zauberte, &#x017F;o rann &#x017F;ein Blut<lb/>
wie Feuer in &#x017F;einen Adern, und &#x017F;eine u&#x0364;bri-<lb/>
gen Fa&#x0364;higkeiten wurden bald von die&#x017F;em<lb/>
Gefu&#x0364;hl allein ver&#x017F;chlungen. Durch die<lb/>
merkwu&#x0364;rdige Erfindung der Buchdruckerey,<lb/>
glaubte er &#x017F;ich endlich, die Thore zum Reich-<lb/>
thum, Ruhm und Genuß aufge&#x017F;prengt zu<lb/>
haben. Er hatte &#x017F;ein ganzes Vermo&#x0364;gen<lb/>
darauf gewandt, &#x017F;ie zur Vollkommenheit zu<lb/>
bringen, und trat nun vor die Men&#x017F;chen<lb/>
mit &#x017F;einer Entdeckung; aber ihre Laulichkeit<lb/>
und Ka&#x0364;lte u&#x0364;berzeugten ihn bald, daß er,<lb/>
der gro&#x0364;ßte Erfinder &#x017F;eines Jahrhunderts,<lb/>
mit &#x017F;einem jungen Weibe und &#x017F;einen Kin-<lb/>
dern, Hungers &#x017F;terben ko&#x0364;nnte, wenn er<lb/>
nichts anders zu treiben wu&#x0364;ßte. Von die-<lb/>
&#x017F;er &#x017F;tolzen Hoffnung &#x017F;o tief herabge&#x017F;unken,<lb/>
gedru&#x0364;ckt von einer &#x017F;chweren Schuldenla&#x017F;t,<lb/>
die er &#x017F;ich durch leicht&#x017F;innige Lebensart,<lb/>
u&#x0364;bertriebene Freygebigkeit, unvor&#x017F;ichtige<lb/>
Bu&#x0364;rg&#x017F;chaften und Unter&#x017F;tu&#x0364;tzung fal&#x017F;cher<lb/>
Freunde, auf den Hals gezogen, warf er<lb/>
einen Blick auf die Men&#x017F;chen, &#x017F;ein Groll<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A 4</fw><fw place="bottom" type="catch">fa&#x0364;rbte</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[7/0018] vor ſeine Augen zauberte, ſo rann ſein Blut wie Feuer in ſeinen Adern, und ſeine uͤbri- gen Faͤhigkeiten wurden bald von dieſem Gefuͤhl allein verſchlungen. Durch die merkwuͤrdige Erfindung der Buchdruckerey, glaubte er ſich endlich, die Thore zum Reich- thum, Ruhm und Genuß aufgeſprengt zu haben. Er hatte ſein ganzes Vermoͤgen darauf gewandt, ſie zur Vollkommenheit zu bringen, und trat nun vor die Menſchen mit ſeiner Entdeckung; aber ihre Laulichkeit und Kaͤlte uͤberzeugten ihn bald, daß er, der groͤßte Erfinder ſeines Jahrhunderts, mit ſeinem jungen Weibe und ſeinen Kin- dern, Hungers ſterben koͤnnte, wenn er nichts anders zu treiben wuͤßte. Von die- ſer ſtolzen Hoffnung ſo tief herabgeſunken, gedruͤckt von einer ſchweren Schuldenlaſt, die er ſich durch leichtſinnige Lebensart, uͤbertriebene Freygebigkeit, unvorſichtige Buͤrgſchaften und Unterſtuͤtzung falſcher Freunde, auf den Hals gezogen, warf er einen Blick auf die Menſchen, ſein Groll faͤrbte A 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/18
Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/18>, abgerufen am 21.11.2024.