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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

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"das Menschengeschlecht unterjocht, und
"die mich so wie euch empört. Ich komme
"euch meine Dienste anzubieten, die euch
"gegen allen Schein, aus dieser traurigen
"Lage retten können."

Der Doktor sah ihn kalt an, ließ sein
Haupt in seine Hand fallen, und antwortete:

"Wohl falle ich als ein Opfer der Ge-
"walt und Tyranney, und was mir das
"empfindlichste ist, durch die Hand eines
"falschen Freundes, der mich mehr sei-
"ner Furcht, seinem Neide, als seinen de-
"spotischen Grundsätzen aufopfert. Ich
"weiß nicht, wer ihr seyd, und ob ihr mich
"retten könnt; aber es liegt mir daran,
"daß Männer von eurem Ansehen den Dok-
"tor Robertus kennen lernen, der Morgen
"für die Freiheit blutet. Von frühster Ju-
"gend lebte der Geist edler Unabhängigkeit,
"dem der Mensch allein das Große, dessen
"er fähig ist, zu danken hat, in meiner
"Brust. Früh empörten meine Seele die
"Gewalt und Unterdrückung, wovon ich

"Be-
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„das Menſchengeſchlecht unterjocht, und
„die mich ſo wie euch empoͤrt. Ich komme
„euch meine Dienſte anzubieten, die euch
„gegen allen Schein, aus dieſer traurigen
„Lage retten koͤnnen.“

Der Doktor ſah ihn kalt an, ließ ſein
Haupt in ſeine Hand fallen, und antwortete:

„Wohl falle ich als ein Opfer der Ge-
„walt und Tyranney, und was mir das
„empfindlichſte iſt, durch die Hand eines
„falſchen Freundes, der mich mehr ſei-
„ner Furcht, ſeinem Neide, als ſeinen de-
„ſpotiſchen Grundſaͤtzen aufopfert. Ich
„weiß nicht, wer ihr ſeyd, und ob ihr mich
„retten koͤnnt; aber es liegt mir daran,
„daß Maͤnner von eurem Anſehen den Dok-
„tor Robertus kennen lernen, der Morgen
„fuͤr die Freiheit blutet. Von fruͤhſter Ju-
„gend lebte der Geiſt edler Unabhaͤngigkeit,
„dem der Menſch allein das Große, deſſen
„er faͤhig iſt, zu danken hat, in meiner
„Bruſt. Fruͤh empoͤrten meine Seele die
„Gewalt und Unterdruͤckung, wovon ich

„Be-
L 3
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[165/0176] „das Menſchengeſchlecht unterjocht, und „die mich ſo wie euch empoͤrt. Ich komme „euch meine Dienſte anzubieten, die euch „gegen allen Schein, aus dieſer traurigen „Lage retten koͤnnen.“ Der Doktor ſah ihn kalt an, ließ ſein Haupt in ſeine Hand fallen, und antwortete: „Wohl falle ich als ein Opfer der Ge- „walt und Tyranney, und was mir das „empfindlichſte iſt, durch die Hand eines „falſchen Freundes, der mich mehr ſei- „ner Furcht, ſeinem Neide, als ſeinen de- „ſpotiſchen Grundſaͤtzen aufopfert. Ich „weiß nicht, wer ihr ſeyd, und ob ihr mich „retten koͤnnt; aber es liegt mir daran, „daß Maͤnner von eurem Anſehen den Dok- „tor Robertus kennen lernen, der Morgen „fuͤr die Freiheit blutet. Von fruͤhſter Ju- „gend lebte der Geiſt edler Unabhaͤngigkeit, „dem der Menſch allein das Große, deſſen „er faͤhig iſt, zu danken hat, in meiner „Bruſt. Fruͤh empoͤrten meine Seele die „Gewalt und Unterdruͤckung, wovon ich „Be- L 3

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Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/176>, abgerufen am 23.11.2024.