Der Teufel zählte bis zu fünf[h]u[n]dert Goldgulden, dann hielt er innen.
Richter. Das Document ist nicht übel, meine Herren; doch die Gegenpar[t]ey hat längst eins von gleichem Gewicht eingegeben.
Faust. So müssen wir die Gründe für uns schwerer machen.
Der Teufel zählte bis tausend, dann hielt er innen.
Richter. In der That, diesen Umstand hatt ich ganz übersehen, und solchen Be- weisen ist nicht zu widerstehen.
Er rafte das Gold zusammen und ver- schloß es in seinen Schrank.
Faust. Ich hoffe doch, Recht und Ge- setz sind nun einverstanden.
Richter. Ihr versteht die Kunst, Mei- ster Faust, die ärgsten Feinde auszusöhnen.
Faust, den die Schlechtigkeit des Richters eben so sehr beleidigte, wie seine Grobheit, lispelte dem Teufel beym Weggehen in's Ohr: "Räche die Gerechtigkeit an diesem "Bösewicht!"
Hier-
Der Teufel zaͤhlte bis zu fuͤnf[h]u[n]dert Goldgulden, dann hielt er innen.
Richter. Das Document iſt nicht uͤbel, meine Herren; doch die Gegenpar[t]ey hat laͤngſt eins von gleichem Gewicht eingegeben.
Fauſt. So muͤſſen wir die Gruͤnde fuͤr uns ſchwerer machen.
Der Teufel zaͤhlte bis tauſend, dann hielt er innen.
Richter. In der That, dieſen Umſtand hatt ich ganz uͤberſehen, und ſolchen Be- weiſen iſt nicht zu widerſtehen.
Er rafte das Gold zuſammen und ver- ſchloß es in ſeinen Schrank.
Fauſt. Ich hoffe doch, Recht und Ge- ſetz ſind nun einverſtanden.
Richter. Ihr verſteht die Kunſt, Mei- ſter Fauſt, die aͤrgſten Feinde auszuſoͤhnen.
Fauſt, den die Schlechtigkeit des Richters eben ſo ſehr beleidigte, wie ſeine Grobheit, liſpelte dem Teufel beym Weggehen in’s Ohr: „Raͤche die Gerechtigkeit an dieſem „Boͤſewicht!“
Hier-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0141"n="130"/><p>Der Teufel zaͤhlte bis zu fuͤnf<supplied>h</supplied>u<supplied>n</supplied>dert<lb/>
Goldgulden, dann hielt er innen.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Richter</hi>. Das Document iſt nicht uͤbel,<lb/>
meine Herren; doch die Gegenpar<supplied>t</supplied>ey hat<lb/>
laͤngſt eins von gleichem Gewicht eingegeben.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Fauſt</hi>. So muͤſſen wir die Gruͤnde fuͤr<lb/>
uns ſchwerer machen.</p><lb/><p>Der Teufel zaͤhlte bis tauſend, dann<lb/>
hielt er innen.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Richter</hi>. In der That, dieſen Umſtand<lb/>
hatt ich ganz uͤberſehen, und ſolchen Be-<lb/>
weiſen iſt nicht zu widerſtehen.</p><lb/><p>Er rafte das Gold zuſammen und ver-<lb/>ſchloß es in ſeinen Schrank.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Fauſt</hi>. Ich hoffe doch, Recht und Ge-<lb/>ſetz ſind nun einverſtanden.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Richter</hi>. Ihr verſteht die Kunſt, Mei-<lb/>ſter Fauſt, die aͤrgſten Feinde auszuſoͤhnen.</p><lb/><p>Fauſt, den die Schlechtigkeit des Richters<lb/>
eben ſo ſehr beleidigte, wie ſeine Grobheit,<lb/>
liſpelte dem Teufel beym Weggehen in’s<lb/>
Ohr: „Raͤche die Gerechtigkeit an dieſem<lb/>„Boͤſewicht!“</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Hier-</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[130/0141]
Der Teufel zaͤhlte bis zu fuͤnfhundert
Goldgulden, dann hielt er innen.
Richter. Das Document iſt nicht uͤbel,
meine Herren; doch die Gegenpartey hat
laͤngſt eins von gleichem Gewicht eingegeben.
Fauſt. So muͤſſen wir die Gruͤnde fuͤr
uns ſchwerer machen.
Der Teufel zaͤhlte bis tauſend, dann
hielt er innen.
Richter. In der That, dieſen Umſtand
hatt ich ganz uͤberſehen, und ſolchen Be-
weiſen iſt nicht zu widerſtehen.
Er rafte das Gold zuſammen und ver-
ſchloß es in ſeinen Schrank.
Fauſt. Ich hoffe doch, Recht und Ge-
ſetz ſind nun einverſtanden.
Richter. Ihr verſteht die Kunſt, Mei-
ſter Fauſt, die aͤrgſten Feinde auszuſoͤhnen.
Fauſt, den die Schlechtigkeit des Richters
eben ſo ſehr beleidigte, wie ſeine Grobheit,
liſpelte dem Teufel beym Weggehen in’s
Ohr: „Raͤche die Gerechtigkeit an dieſem
„Boͤſewicht!“
Hier-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/141>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.