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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

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Der Eremit erwachte ein wenig aus sei-
nem Taumel, und fragte sie zitternd: "wie
"sie das verstände, und was sie an ihn for-
derte?"

Unter üppigen Küssen, wollüstigen Seuf-
zern, lispelte sie ihm noch leiser in's Ohr,
indem sie ihren heißen Busen gegen sein
schlagendes Herz drückte: "Ihre Dolche lie-
"gen auf dem Tische, du ermordest den ei-
"nen, ich den andern, kleidest dich in ihr
"Gewand, bemächtigest dich ihres Schatzes,
"wir stecken die Einsiedeley an, und fliehen
"nach Frankreich."

Der fürchterliche Gedanke des Mords
schauderte durch die Sinne des Eremiten,
die Wollust raste in seinem Herzen, er strau-
chelte, wankte, blickte auf die Reize der Zau-
berin, fühlte sich in ihrem Besitz, sah, daß er
sie und den Schatz ohne Gefahr erhalten könn-
te, alle vorige Empfindungen verschwanden,
und er vergaß den Himmel und seinen Be-
ruf. Die Pilgerinn stieß den Taumelnden
in die Zelle, er faßte einen Dolch, sie den

andern,
H 5

Der Eremit erwachte ein wenig aus ſei-
nem Taumel, und fragte ſie zitternd: „wie
„ſie das verſtaͤnde, und was ſie an ihn for-
derte?“

Unter uͤppigen Kuͤſſen, wolluͤſtigen Seuf-
zern, liſpelte ſie ihm noch leiſer in’s Ohr,
indem ſie ihren heißen Buſen gegen ſein
ſchlagendes Herz druͤckte: „Ihre Dolche lie-
„gen auf dem Tiſche, du ermordeſt den ei-
„nen, ich den andern, kleideſt dich in ihr
„Gewand, bemaͤchtigeſt dich ihres Schatzes,
„wir ſtecken die Einſiedeley an, und fliehen
„nach Frankreich.“

Der fuͤrchterliche Gedanke des Mords
ſchauderte durch die Sinne des Eremiten,
die Wolluſt raſte in ſeinem Herzen, er ſtrau-
chelte, wankte, blickte auf die Reize der Zau-
berin, fuͤhlte ſich in ihrem Beſitz, ſah, daß er
ſie und den Schatz ohne Gefahr erhalten koͤnn-
te, alle vorige Empfindungen verſchwanden,
und er vergaß den Himmel und ſeinen Be-
ruf. Die Pilgerinn ſtieß den Taumelnden
in die Zelle, er faßte einen Dolch, ſie den

andern,
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[121/0132] Der Eremit erwachte ein wenig aus ſei- nem Taumel, und fragte ſie zitternd: „wie „ſie das verſtaͤnde, und was ſie an ihn for- derte?“ Unter uͤppigen Kuͤſſen, wolluͤſtigen Seuf- zern, liſpelte ſie ihm noch leiſer in’s Ohr, indem ſie ihren heißen Buſen gegen ſein ſchlagendes Herz druͤckte: „Ihre Dolche lie- „gen auf dem Tiſche, du ermordeſt den ei- „nen, ich den andern, kleideſt dich in ihr „Gewand, bemaͤchtigeſt dich ihres Schatzes, „wir ſtecken die Einſiedeley an, und fliehen „nach Frankreich.“ Der fuͤrchterliche Gedanke des Mords ſchauderte durch die Sinne des Eremiten, die Wolluſt raſte in ſeinem Herzen, er ſtrau- chelte, wankte, blickte auf die Reize der Zau- berin, fuͤhlte ſich in ihrem Beſitz, ſah, daß er ſie und den Schatz ohne Gefahr erhalten koͤnn- te, alle vorige Empfindungen verſchwanden, und er vergaß den Himmel und ſeinen Be- ruf. Die Pilgerinn ſtieß den Taumelnden in die Zelle, er faßte einen Dolch, ſie den andern, H 5

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Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/132>, abgerufen am 24.11.2024.