Gästen zu hofieren, und man setzte sich zur wohlbedienten Tafel. Nach Tische nahm der Teufel den Bürgermeister in ein beson- dres Kabinet, ein Umstand, der diesem au- ßerordentlich schmeichelte, und allen übri- gen, besonders dem Schöppen, ein Dolch- stich war.
Der Bürgermeister, vom Weine erhitzt, von der Ehre, die ihm der vermeinte Kai- serliche Gesandte erwies, berauscht, erwar- tete in gebeugter Stellung, und mit her- vorragenden starren Augen seinen Antrag. Der Teufel bezeugte ihm, in sanftem Tone, wie schmeichelhaft ihm die gute Aufnahme des Bürgermeisters sey, und wie sehr er wünschte, sich ihm dankbar zu erweisen, sezte hinzu: "er führe eine Anzahl Adels- "briefe bey sich, mit Kaiserlicher Unter- "schrift bekräftigt, verdienstvolle Männer "zu belohnen, und e[r] wollte ihm gern den "ersten ertheilen, wenn --"
Freude, Entzücken, Erstaunen, schoßen durch des Bürgermeisters Geist, er stund
vor
Fausts Leben. G
Gaͤſten zu hofieren, und man ſetzte ſich zur wohlbedienten Tafel. Nach Tiſche nahm der Teufel den Buͤrgermeiſter in ein beſon- dres Kabinet, ein Umſtand, der dieſem au- ßerordentlich ſchmeichelte, und allen uͤbri- gen, beſonders dem Schoͤppen, ein Dolch- ſtich war.
Der Buͤrgermeiſter, vom Weine erhitzt, von der Ehre, die ihm der vermeinte Kai- ſerliche Geſandte erwies, berauſcht, erwar- tete in gebeugter Stellung, und mit her- vorragenden ſtarren Augen ſeinen Antrag. Der Teufel bezeugte ihm, in ſanftem Tone, wie ſchmeichelhaft ihm die gute Aufnahme des Buͤrgermeiſters ſey, und wie ſehr er wuͤnſchte, ſich ihm dankbar zu erweiſen, ſezte hinzu: „er fuͤhre eine Anzahl Adels- „briefe bey ſich, mit Kaiſerlicher Unter- „ſchrift bekraͤftigt, verdienſtvolle Maͤnner „zu belohnen, und e[r] wollte ihm gern den „erſten ertheilen, wenn —“
Freude, Entzuͤcken, Erſtaunen, ſchoßen durch des Buͤrgermeiſters Geiſt, er ſtund
vor
Fauſts Leben. G
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Gaͤſten zu hofieren, und man ſetzte ſich zur
wohlbedienten Tafel. Nach Tiſche nahm
der Teufel den Buͤrgermeiſter in ein beſon-
dres Kabinet, ein Umſtand, der dieſem au-
ßerordentlich ſchmeichelte, und allen uͤbri-
gen, beſonders dem Schoͤppen, ein Dolch-
ſtich war.
Der Buͤrgermeiſter, vom Weine erhitzt,
von der Ehre, die ihm der vermeinte Kai-
ſerliche Geſandte erwies, berauſcht, erwar-
tete in gebeugter Stellung, und mit her-
vorragenden ſtarren Augen ſeinen Antrag.
Der Teufel bezeugte ihm, in ſanftem Tone,
wie ſchmeichelhaft ihm die gute Aufnahme
des Buͤrgermeiſters ſey, und wie ſehr er
wuͤnſchte, ſich ihm dankbar zu erweiſen,
ſezte hinzu: „er fuͤhre eine Anzahl Adels-
„briefe bey ſich, mit Kaiſerlicher Unter-
„ſchrift bekraͤftigt, verdienſtvolle Maͤnner
„zu belohnen, und er wollte ihm gern den
„erſten ertheilen, wenn —“
Freude, Entzuͤcken, Erſtaunen, ſchoßen
durch des Buͤrgermeiſters Geiſt, er ſtund
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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/108>, abgerufen am 24.11.2024.
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