"Es freue sie höchlich, daß sie ihm auf "der Stelle einen Beweis von der Achtung "des Magistrats für einen so großen Mann "geben könnten. Sie hätten den angeneh- "men Auftrag, Fausten vierhundert Gold- "gulden für seine lateinische Bibel auszu- "zahlen, bäten ihn, sie gefälligst anzuneh- "men, und ihnen dieselbe als ein Kleinod "zu übergeben. Auch würde sich der hoch- "weise Magistrat für glücklich halten, ihn, "wenn es ihm gefiele, unter ihre Bürger "zählen zu können, und ihm dadurch den "Weg zum Ruhm und der Ehre zu öfnen."
Diesen letzten Umstand setzten sie, aus eigner politischen Weisheit hinzu, ein Be- weis, daß sie sich als geschickte Unterhänd- ler der Umstände, die man nicht vorsieht, zu bedienen wußten.
Faust fuhr zornig auf, stampfte auf den Boden, und schrie:
"Lüg-
faßten ſich aber bald wieder, und fuhren fort:
„Es freue ſie hoͤchlich, daß ſie ihm auf „der Stelle einen Beweis von der Achtung „des Magiſtrats fuͤr einen ſo großen Mann „geben koͤnnten. Sie haͤtten den angeneh- „men Auftrag, Fauſten vierhundert Gold- „gulden fuͤr ſeine lateiniſche Bibel auszu- „zahlen, baͤten ihn, ſie gefaͤlligſt anzuneh- „men, und ihnen dieſelbe als ein Kleinod „zu uͤbergeben. Auch wuͤrde ſich der hoch- „weiſe Magiſtrat fuͤr gluͤcklich halten, ihn, „wenn es ihm gefiele, unter ihre Buͤrger „zaͤhlen zu koͤnnen, und ihm dadurch den „Weg zum Ruhm und der Ehre zu oͤfnen.“
Dieſen letzten Umſtand ſetzten ſie, aus eigner politiſchen Weisheit hinzu, ein Be- weis, daß ſie ſich als geſchickte Unterhaͤnd- ler der Umſtaͤnde, die man nicht vorſieht, zu bedienen wußten.
Fauſt fuhr zornig auf, ſtampfte auf den Boden, und ſchrie:
„Luͤg-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0101"n="90"/>
faßten ſich aber bald wieder, und fuhren<lb/>
fort:</p><lb/><p>„Es freue ſie hoͤchlich, daß ſie ihm auf<lb/>„der Stelle einen Beweis von der Achtung<lb/>„des Magiſtrats fuͤr einen ſo großen Mann<lb/>„geben koͤnnten. Sie haͤtten den angeneh-<lb/>„men Auftrag, Fauſten vierhundert Gold-<lb/>„gulden fuͤr ſeine lateiniſche Bibel auszu-<lb/>„zahlen, baͤten ihn, ſie gefaͤlligſt anzuneh-<lb/>„men, und ihnen dieſelbe als ein Kleinod<lb/>„zu uͤbergeben. Auch wuͤrde ſich der hoch-<lb/>„weiſe Magiſtrat fuͤr gluͤcklich halten, ihn,<lb/>„wenn es ihm gefiele, unter ihre Buͤrger<lb/>„zaͤhlen zu koͤnnen, und ihm dadurch den<lb/>„Weg zum Ruhm und der Ehre zu oͤfnen.“</p><lb/><p>Dieſen letzten Umſtand ſetzten ſie, aus<lb/>
eigner politiſchen Weisheit hinzu, ein Be-<lb/>
weis, daß ſie ſich als geſchickte Unterhaͤnd-<lb/>
ler der Umſtaͤnde, die man nicht vorſieht,<lb/>
zu bedienen wußten.</p><lb/><p>Fauſt fuhr zornig auf, ſtampfte auf den<lb/>
Boden, und ſchrie:</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">„Luͤg-</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[90/0101]
faßten ſich aber bald wieder, und fuhren
fort:
„Es freue ſie hoͤchlich, daß ſie ihm auf
„der Stelle einen Beweis von der Achtung
„des Magiſtrats fuͤr einen ſo großen Mann
„geben koͤnnten. Sie haͤtten den angeneh-
„men Auftrag, Fauſten vierhundert Gold-
„gulden fuͤr ſeine lateiniſche Bibel auszu-
„zahlen, baͤten ihn, ſie gefaͤlligſt anzuneh-
„men, und ihnen dieſelbe als ein Kleinod
„zu uͤbergeben. Auch wuͤrde ſich der hoch-
„weiſe Magiſtrat fuͤr gluͤcklich halten, ihn,
„wenn es ihm gefiele, unter ihre Buͤrger
„zaͤhlen zu koͤnnen, und ihm dadurch den
„Weg zum Ruhm und der Ehre zu oͤfnen.“
Dieſen letzten Umſtand ſetzten ſie, aus
eigner politiſchen Weisheit hinzu, ein Be-
weis, daß ſie ſich als geſchickte Unterhaͤnd-
ler der Umſtaͤnde, die man nicht vorſieht,
zu bedienen wußten.
Fauſt fuhr zornig auf, ſtampfte auf den
Boden, und ſchrie:
„Luͤg-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/101>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.