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Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805.

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sie her gewunden, und in das Saitenspiel, das
sie, noch schlummernd, an die Brust lehnte,
schlangen sich braune Lockenkränze. Juans
Lippen entfuhr unwillkührlich der Name seines
Bruders, da glaubte er plözlich in der Schla-
fenden die Furie zu erblicken, die zwischen
ihnen beiden aufgestiegen, und die Locken die
das schöne Antliz umwallten, schienen sich in
Schlangen zu verwandeln. Dann war sie aber
wieder das Weib seiner Liebe, und er sank,
außer sich, zu ihren Füßen nieder, und drükte
seine heißen Lippen in ihre Brust. Sie tau-
melte erschrocken empor, erkannte ihn beim
Scheine des Nachtlichts, stieß ihn mit heftiger
Kraft von sich, und ihr Blik drückte Schauder
und Entsezen aus.

Der einzige Blick zerschmetterte ihn, doch
erhob sich schnell sein böser Dämon, und er
stürzte fort, bewußtlos was er thun wollte --
ein blutiger Vorsatz lag dunkel vor seiner
Seele.


ſie her gewunden, und in das Saitenſpiel, das
ſie, noch ſchlummernd, an die Bruſt lehnte,
ſchlangen ſich braune Lockenkraͤnze. Juans
Lippen entfuhr unwillkuͤhrlich der Name ſeines
Bruders, da glaubte er ploͤzlich in der Schla-
fenden die Furie zu erblicken, die zwiſchen
ihnen beiden aufgeſtiegen, und die Locken die
das ſchoͤne Antliz umwallten, ſchienen ſich in
Schlangen zu verwandeln. Dann war ſie aber
wieder das Weib ſeiner Liebe, und er ſank,
außer ſich, zu ihren Fuͤßen nieder, und druͤkte
ſeine heißen Lippen in ihre Bruſt. Sie tau-
melte erſchrocken empor, erkannte ihn beim
Scheine des Nachtlichts, ſtieß ihn mit heftiger
Kraft von ſich, und ihr Blik druͤckte Schauder
und Entſezen aus.

Der einzige Blick zerſchmetterte ihn, doch
erhob ſich ſchnell ſein boͤſer Daͤmon, und er
ſtuͤrzte fort, bewußtlos was er thun wollte —
ein blutiger Vorſatz lag dunkel vor ſeiner
Seele.


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[90/0092] ſie her gewunden, und in das Saitenſpiel, das ſie, noch ſchlummernd, an die Bruſt lehnte, ſchlangen ſich braune Lockenkraͤnze. Juans Lippen entfuhr unwillkuͤhrlich der Name ſeines Bruders, da glaubte er ploͤzlich in der Schla- fenden die Furie zu erblicken, die zwiſchen ihnen beiden aufgeſtiegen, und die Locken die das ſchoͤne Antliz umwallten, ſchienen ſich in Schlangen zu verwandeln. Dann war ſie aber wieder das Weib ſeiner Liebe, und er ſank, außer ſich, zu ihren Fuͤßen nieder, und druͤkte ſeine heißen Lippen in ihre Bruſt. Sie tau- melte erſchrocken empor, erkannte ihn beim Scheine des Nachtlichts, ſtieß ihn mit heftiger Kraft von ſich, und ihr Blik druͤckte Schauder und Entſezen aus. Der einzige Blick zerſchmetterte ihn, doch erhob ſich ſchnell ſein boͤſer Daͤmon, und er ſtuͤrzte fort, bewußtlos was er thun wollte — ein blutiger Vorſatz lag dunkel vor ſeiner Seele.

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Zitationshilfe: Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/92>, abgerufen am 22.11.2024.