stellt habe. Ich finde es übrigens recht wohl gethan, seine Geschichte so in Holz zu schniz- zen und abzuspielen, man kann dabei recht boshaft sein, ohne daß die Moralisten etwas dagegen einwenden, und es eine Lästerung heißen dürfen. Auch erscheint alles recht er- haben unmotivirt, wie es doch in den ur- sprünglichen Verhältnissen wirklich ist, obgleich wir albernen Menschen im Kleinen gern moti- viren mögen, dagegen unser Director es gar nicht thut, und keine Rechenschaft giebt, wes- halb er so manche verpfuschte Rolle, wie ich z. B. eine bin, in seinem Fastnachtsspiele nicht ausstreichen will. O schon seit vielen Men- schenaltern habe ich mich bestrebt aus dem Stücke herauszuspringen, und dem Direktor zu entwischen, aber er läßt mich nicht fort, so pfiffig ich es auch anfangen mag. Das Ueber- drüßigste dabei ist die Langeweile, die ich immer mehr empfinde; denn du sollst wissen, daß ich hier unten schon viele Jahrhunderte als Akteur gedient habe, und eine von den
ſtellt habe. Ich finde es uͤbrigens recht wohl gethan, ſeine Geſchichte ſo in Holz zu ſchniz- zen und abzuſpielen, man kann dabei recht boshaft ſein, ohne daß die Moraliſten etwas dagegen einwenden, und es eine Laͤſterung heißen duͤrfen. Auch erſcheint alles recht er- haben unmotivirt, wie es doch in den ur- ſpruͤnglichen Verhaͤltniſſen wirklich iſt, obgleich wir albernen Menſchen im Kleinen gern moti- viren moͤgen, dagegen unſer Director es gar nicht thut, und keine Rechenſchaft giebt, wes- halb er ſo manche verpfuſchte Rolle, wie ich z. B. eine bin, in ſeinem Faſtnachtsſpiele nicht ausſtreichen will. O ſchon ſeit vielen Men- ſchenaltern habe ich mich beſtrebt aus dem Stuͤcke herauszuſpringen, und dem Direktor zu entwiſchen, aber er laͤßt mich nicht fort, ſo pfiffig ich es auch anfangen mag. Das Ueber- druͤßigſte dabei iſt die Langeweile, die ich immer mehr empfinde; denn du ſollſt wiſſen, daß ich hier unten ſchon viele Jahrhunderte als Akteur gedient habe, und eine von den
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0075"n="73"/>ſtellt habe. Ich finde es uͤbrigens recht wohl<lb/>
gethan, ſeine Geſchichte ſo in Holz zu ſchniz-<lb/>
zen und abzuſpielen, man kann dabei recht<lb/>
boshaft ſein, ohne daß die Moraliſten etwas<lb/>
dagegen einwenden, und es eine Laͤſterung<lb/>
heißen duͤrfen. Auch erſcheint alles recht er-<lb/>
haben unmotivirt, wie es doch in den ur-<lb/>ſpruͤnglichen Verhaͤltniſſen wirklich iſt, obgleich<lb/>
wir albernen Menſchen im Kleinen gern moti-<lb/>
viren moͤgen, dagegen unſer Director es gar<lb/>
nicht thut, und keine Rechenſchaft giebt, wes-<lb/>
halb er ſo manche verpfuſchte Rolle, wie ich<lb/>
z. B. eine bin, in ſeinem Faſtnachtsſpiele nicht<lb/>
ausſtreichen will. O ſchon ſeit vielen Men-<lb/>ſchenaltern habe ich mich beſtrebt aus dem<lb/>
Stuͤcke herauszuſpringen, und dem Direktor<lb/>
zu entwiſchen, aber er laͤßt mich nicht fort, ſo<lb/>
pfiffig ich es auch anfangen mag. Das Ueber-<lb/>
druͤßigſte dabei iſt die Langeweile, die ich<lb/>
immer mehr empfinde; denn du ſollſt wiſſen,<lb/>
daß ich hier unten ſchon viele Jahrhunderte<lb/>
als Akteur gedient habe, und eine von den<lb/></p></div></body></text></TEI>
[73/0075]
ſtellt habe. Ich finde es uͤbrigens recht wohl
gethan, ſeine Geſchichte ſo in Holz zu ſchniz-
zen und abzuſpielen, man kann dabei recht
boshaft ſein, ohne daß die Moraliſten etwas
dagegen einwenden, und es eine Laͤſterung
heißen duͤrfen. Auch erſcheint alles recht er-
haben unmotivirt, wie es doch in den ur-
ſpruͤnglichen Verhaͤltniſſen wirklich iſt, obgleich
wir albernen Menſchen im Kleinen gern moti-
viren moͤgen, dagegen unſer Director es gar
nicht thut, und keine Rechenſchaft giebt, wes-
halb er ſo manche verpfuſchte Rolle, wie ich
z. B. eine bin, in ſeinem Faſtnachtsſpiele nicht
ausſtreichen will. O ſchon ſeit vielen Men-
ſchenaltern habe ich mich beſtrebt aus dem
Stuͤcke herauszuſpringen, und dem Direktor
zu entwiſchen, aber er laͤßt mich nicht fort, ſo
pfiffig ich es auch anfangen mag. Das Ueber-
druͤßigſte dabei iſt die Langeweile, die ich
immer mehr empfinde; denn du ſollſt wiſſen,
daß ich hier unten ſchon viele Jahrhunderte
als Akteur gedient habe, und eine von den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/75>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.