Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805.

Bild:
<< vorherige Seite

Prinzipien herleiten dürften, so mögte ich
schon sein Defensor seyn, und wollte wenig-
stens die Strafe des Köpfens, die die Carolina
über ihn verhängt, von ihm abwenden; zumal
da bei solchen Schächern das Köpfen doch nur
in effigie angewandt werden kann, weil bei
ihnen, ernstlich genommen, von einem Kopfe
nie die Rede ist!" --

"Die Karolina sollte auf einmal so grau-
sam geworden seyn!" sagte jener ganz konfus.
"Vorhin schauderte sie doch noch, als ich vom
Hinrichten sprach!" --

"Ich verdenke es Euch nicht" antwortete
ich, "daß ihr beide Karolinen mit einander
verwechselt; denn Eure lebende Karolina ist,
als Ehekreuz und Folter, leicht mit der hoch-
nothpeinlichen zu vertauschen, die ebenfalls kei-
nen Himmel voll Geigen abhandelt. Ja fast
möchte ich behaupten, eine solche eheliche sey
noch viel ärger als die kaiserliche, indem in

Prinzipien herleiten duͤrften, ſo moͤgte ich
ſchon ſein Defenſor ſeyn, und wollte wenig-
ſtens die Strafe des Koͤpfens, die die Carolina
uͤber ihn verhaͤngt, von ihm abwenden; zumal
da bei ſolchen Schaͤchern das Koͤpfen doch nur
in effigie angewandt werden kann, weil bei
ihnen, ernſtlich genommen, von einem Kopfe
nie die Rede iſt!“ —

„Die Karolina ſollte auf einmal ſo grau-
ſam geworden ſeyn!“ ſagte jener ganz konfus.
„Vorhin ſchauderte ſie doch noch, als ich vom
Hinrichten ſprach!“ —

„Ich verdenke es Euch nicht“ antwortete
ich, „daß ihr beide Karolinen mit einander
verwechſelt; denn Eure lebende Karolina iſt,
als Ehekreuz und Folter, leicht mit der hoch-
nothpeinlichen zu vertauſchen, die ebenfalls kei-
nen Himmel voll Geigen abhandelt. Ja faſt
moͤchte ich behaupten, eine ſolche eheliche ſey
noch viel aͤrger als die kaiſerliche, indem in

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0042" n="42"/>
Prinzipien herleiten du&#x0364;rften, &#x017F;o mo&#x0364;gte ich<lb/>
&#x017F;chon &#x017F;ein Defen&#x017F;or &#x017F;eyn, und wollte wenig-<lb/>
&#x017F;tens die Strafe des Ko&#x0364;pfens, die die <hi rendition="#aq">Carolina</hi><lb/>
u&#x0364;ber ihn verha&#x0364;ngt, von ihm abwenden; zumal<lb/>
da bei &#x017F;olchen Scha&#x0364;chern das Ko&#x0364;pfen doch nur<lb/>
in <hi rendition="#aq">effigie</hi> angewandt werden kann, weil bei<lb/>
ihnen, ern&#x017F;tlich genommen, von einem Kopfe<lb/>
nie die Rede i&#x017F;t!&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Die Karolina &#x017F;ollte auf einmal &#x017F;o grau-<lb/>
&#x017F;am geworden &#x017F;eyn!&#x201C; &#x017F;agte jener ganz konfus.<lb/>
&#x201E;Vorhin &#x017F;chauderte &#x017F;ie doch noch, als ich vom<lb/>
Hinrichten &#x017F;prach!&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich verdenke es Euch nicht&#x201C; antwortete<lb/>
ich, &#x201E;daß ihr beide Karolinen mit einander<lb/>
verwech&#x017F;elt; denn Eure lebende Karolina i&#x017F;t,<lb/>
als Ehekreuz und Folter, leicht mit der hoch-<lb/>
nothpeinlichen zu vertau&#x017F;chen, die ebenfalls kei-<lb/>
nen Himmel voll Geigen abhandelt. Ja fa&#x017F;t<lb/>
mo&#x0364;chte ich behaupten, eine &#x017F;olche eheliche &#x017F;ey<lb/>
noch viel a&#x0364;rger als die kai&#x017F;erliche, indem in<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[42/0042] Prinzipien herleiten duͤrften, ſo moͤgte ich ſchon ſein Defenſor ſeyn, und wollte wenig- ſtens die Strafe des Koͤpfens, die die Carolina uͤber ihn verhaͤngt, von ihm abwenden; zumal da bei ſolchen Schaͤchern das Koͤpfen doch nur in effigie angewandt werden kann, weil bei ihnen, ernſtlich genommen, von einem Kopfe nie die Rede iſt!“ — „Die Karolina ſollte auf einmal ſo grau- ſam geworden ſeyn!“ ſagte jener ganz konfus. „Vorhin ſchauderte ſie doch noch, als ich vom Hinrichten ſprach!“ — „Ich verdenke es Euch nicht“ antwortete ich, „daß ihr beide Karolinen mit einander verwechſelt; denn Eure lebende Karolina iſt, als Ehekreuz und Folter, leicht mit der hoch- nothpeinlichen zu vertauſchen, die ebenfalls kei- nen Himmel voll Geigen abhandelt. Ja faſt moͤchte ich behaupten, eine ſolche eheliche ſey noch viel aͤrger als die kaiſerliche, indem in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/42
Zitationshilfe: Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/42>, abgerufen am 24.11.2024.