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Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805.

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dem Kirchhofe über ihre Gräber hin, und
denke sie mir, wie sie da unten im Boden
friedlich neben einander liegen, im Stande
der größten Freiheit und Gleichheit, und nur
in ihrem Schlafe satirische Träume haben, und
hämisch aus den Augenhölen grinsen. Unten
sind sie Brüder, nur oben aus dem Rasen
ragt höchstens noch ein moosigter Stein her-
auf, woran die alten zerschlagenen Wappen
des Großen hängen, indeß auf dem Grabe
des Bettlers nur eine wilde Blume sproßt,
oder eine Nessel. --

Ich besuchte auch in dieser Nacht meinen
Lieblingsort, dieses Vorstadtstheater, wo der
Tod dirigirt, und tolle poetische Possen als
Nachspiele hinter den prosaischen Dramen auf-
führt, die auf dem Hof- und Welttheater
dargestellt werden. Es war eine schwüle drük-
kende Luft, und der Mond schaute nur heim-
lich zu den Gräbern herab, und blaue Blize
flogen dann und wann an ihm vorüber. Ein

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dem Kirchhofe uͤber ihre Graͤber hin, und
denke ſie mir, wie ſie da unten im Boden
friedlich neben einander liegen, im Stande
der groͤßten Freiheit und Gleichheit, und nur
in ihrem Schlafe ſatiriſche Traͤume haben, und
haͤmiſch aus den Augenhoͤlen grinſen. Unten
ſind ſie Bruͤder, nur oben aus dem Raſen
ragt hoͤchſtens noch ein mooſigter Stein her-
auf, woran die alten zerſchlagenen Wappen
des Großen haͤngen, indeß auf dem Grabe
des Bettlers nur eine wilde Blume ſproßt,
oder eine Neſſel. —

Ich beſuchte auch in dieſer Nacht meinen
Lieblingsort, dieſes Vorſtadtstheater, wo der
Tod dirigirt, und tolle poetiſche Poſſen als
Nachſpiele hinter den proſaiſchen Dramen auf-
fuͤhrt, die auf dem Hof- und Welttheater
dargeſtellt werden. Es war eine ſchwuͤle druͤk-
kende Luft, und der Mond ſchaute nur heim-
lich zu den Graͤbern herab, und blaue Blize
flogen dann und wann an ihm voruͤber. Ein

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[273/0275] dem Kirchhofe uͤber ihre Graͤber hin, und denke ſie mir, wie ſie da unten im Boden friedlich neben einander liegen, im Stande der groͤßten Freiheit und Gleichheit, und nur in ihrem Schlafe ſatiriſche Traͤume haben, und haͤmiſch aus den Augenhoͤlen grinſen. Unten ſind ſie Bruͤder, nur oben aus dem Raſen ragt hoͤchſtens noch ein mooſigter Stein her- auf, woran die alten zerſchlagenen Wappen des Großen haͤngen, indeß auf dem Grabe des Bettlers nur eine wilde Blume ſproßt, oder eine Neſſel. — Ich beſuchte auch in dieſer Nacht meinen Lieblingsort, dieſes Vorſtadtstheater, wo der Tod dirigirt, und tolle poetiſche Poſſen als Nachſpiele hinter den proſaiſchen Dramen auf- fuͤhrt, die auf dem Hof- und Welttheater dargeſtellt werden. Es war eine ſchwuͤle druͤk- kende Luft, und der Mond ſchaute nur heim- lich zu den Graͤbern herab, und blaue Blize flogen dann und wann an ihm voruͤber. Ein 18

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Zitationshilfe: Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/275>, abgerufen am 22.11.2024.