Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805.beisammen. -- "Hassest du jezt die Men- "Ich bin fast mit mir allein -- sagte ich "Nimm den Wurm mit -- fuhr der Alte Ich nahm den Knaben in die Arme, und "Sie haben mir das Kind übergeben es beiſammen. — „Haſſeſt du jezt die Men- „Ich bin faſt mit mir allein — ſagte ich „Nimm den Wurm mit — fuhr der Alte Ich nahm den Knaben in die Arme, und „Sie haben mir das Kind uͤbergeben es <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0192" n="190"/> beiſammen. — „Haſſeſt du jezt die Men-<lb/> ſchen?“ fragte er.</p><lb/> <p>„Ich bin faſt mit mir allein — ſagte ich<lb/> — und haſſe oder liebe eben ſo wenig als<lb/> moͤglich! Ich verſuche zu denken, daß ich nichts<lb/> denke, und da bringe ich’s zulezt wohl ſo weit<lb/> auf mich ſelbſt zu kommen!“ —</p><lb/> <p>„Nimm den Wurm mit — fuhr der Alte<lb/> fort, und hob die Decke uͤber einem ſchlum-<lb/> mernden Kinde — ich mag ihn nicht bei mir<lb/> behalten, denn ich habe noch Anfaͤlle von Men-<lb/> ſchenliebe, wo ich ihn leicht im Wahnſinn er-<lb/> ſticken koͤnnte!“</p><lb/> <p>Ich nahm den Knaben in die Arme, und<lb/> das noch traͤumende Leben verſoͤhnte mich wie-<lb/> der mit dem erwachten.</p><lb/> <p>„Sie haben mir das Kind uͤbergeben es<lb/> fortzuſchaffen — ſprach der Pfoͤrtner — denn<lb/> ſie dulden nichts Maͤnnliches unter ſich die<lb/> frommen Jungfrauen, auſſer in den Gemaͤhl-<lb/> den, fuͤr die Einbildungskraft; die Mutter<lb/> des Knaben ſaheſt du eben begraben, ſuch<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [190/0192]
beiſammen. — „Haſſeſt du jezt die Men-
ſchen?“ fragte er.
„Ich bin faſt mit mir allein — ſagte ich
— und haſſe oder liebe eben ſo wenig als
moͤglich! Ich verſuche zu denken, daß ich nichts
denke, und da bringe ich’s zulezt wohl ſo weit
auf mich ſelbſt zu kommen!“ —
„Nimm den Wurm mit — fuhr der Alte
fort, und hob die Decke uͤber einem ſchlum-
mernden Kinde — ich mag ihn nicht bei mir
behalten, denn ich habe noch Anfaͤlle von Men-
ſchenliebe, wo ich ihn leicht im Wahnſinn er-
ſticken koͤnnte!“
Ich nahm den Knaben in die Arme, und
das noch traͤumende Leben verſoͤhnte mich wie-
der mit dem erwachten.
„Sie haben mir das Kind uͤbergeben es
fortzuſchaffen — ſprach der Pfoͤrtner — denn
ſie dulden nichts Maͤnnliches unter ſich die
frommen Jungfrauen, auſſer in den Gemaͤhl-
den, fuͤr die Einbildungskraft; die Mutter
des Knaben ſaheſt du eben begraben, ſuch
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Zitationshilfe: | Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/192>, abgerufen am 27.07.2024. |