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Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805.

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chen den zwei weißen Bräuten. -- Fort, fort,
das ist Weltlauf. O wenn ich doch blasen und
singen dürfte.

Jezt schwebt die Leiche hin durch die Gas-
sen, und der Laternenschein still hinterdrein
an den Wänden, wie wenn der vorüberwan-
delnde Tod sich dem schlummernden Leben nicht
verrathen wollte. Der gefrorene Boden knirscht
unter den Fußtritten der Leichenträger -- das
ist der heimliche tückische Brautgesang! -- Und
sie bergen sie in ihr Kämmerlein.

Aber nahe dabei singen und brausen noch
Jünglinge, und verschwenden das Leben, und
die Liebe und die Poesie in einem kurzen ra-
schen Rausche, der am Morgen verflogen ist
-- wo ihre Thaten, ihre Träume, ihre Hoff-
nungen, ihre Wünsche, und alles um sie her
nüchtern geworden und erkaltet ist. --

Im Nonnenkloster der heiligen Ursula war
noch spät in der Nacht ein unruhiges Treiben.

chen den zwei weißen Braͤuten. — Fort, fort,
das iſt Weltlauf. O wenn ich doch blaſen und
ſingen duͤrfte.

Jezt ſchwebt die Leiche hin durch die Gaſ-
ſen, und der Laternenſchein ſtill hinterdrein
an den Waͤnden, wie wenn der voruͤberwan-
delnde Tod ſich dem ſchlummernden Leben nicht
verrathen wollte. Der gefrorene Boden knirſcht
unter den Fußtritten der Leichentraͤger — das
iſt der heimliche tuͤckiſche Brautgeſang! — Und
ſie bergen ſie in ihr Kaͤmmerlein.

Aber nahe dabei ſingen und brauſen noch
Juͤnglinge, und verſchwenden das Leben, und
die Liebe und die Poeſie in einem kurzen ra-
ſchen Rauſche, der am Morgen verflogen iſt
— wo ihre Thaten, ihre Traͤume, ihre Hoff-
nungen, ihre Wuͤnſche, und alles um ſie her
nuͤchtern geworden und erkaltet iſt. —

Im Nonnenkloſter der heiligen Urſula war
noch ſpaͤt in der Nacht ein unruhiges Treiben.

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[181/0183] chen den zwei weißen Braͤuten. — Fort, fort, das iſt Weltlauf. O wenn ich doch blaſen und ſingen duͤrfte. Jezt ſchwebt die Leiche hin durch die Gaſ- ſen, und der Laternenſchein ſtill hinterdrein an den Waͤnden, wie wenn der voruͤberwan- delnde Tod ſich dem ſchlummernden Leben nicht verrathen wollte. Der gefrorene Boden knirſcht unter den Fußtritten der Leichentraͤger — das iſt der heimliche tuͤckiſche Brautgeſang! — Und ſie bergen ſie in ihr Kaͤmmerlein. Aber nahe dabei ſingen und brauſen noch Juͤnglinge, und verſchwenden das Leben, und die Liebe und die Poeſie in einem kurzen ra- ſchen Rauſche, der am Morgen verflogen iſt — wo ihre Thaten, ihre Traͤume, ihre Hoff- nungen, ihre Wuͤnſche, und alles um ſie her nuͤchtern geworden und erkaltet iſt. — Im Nonnenkloſter der heiligen Urſula war noch ſpaͤt in der Nacht ein unruhiges Treiben.

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Zitationshilfe: Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/183>, abgerufen am 25.11.2024.