Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805.

Bild:
<< vorherige Seite

partiellem, theils mit totalem Wahnsinne;
auch in dieses sind noch kleinere Tollhäuser
für besondere Narren hineingebaut. In eins
von diesen kleinern brachten sie mich jezt aus
dem großen, vermuthlich weil sie dieses für zu
stark besezt hielten. Ich fand es indeß hier
gerade wie dort; ja fast noch besser, weil die
fixe Idee der mit mir eingesperrten Narren
meistens eine angenehme war.

Ich kann meine Mitnarren nicht besser
darstellen, als wenn ich gerade den Augenblick
wähle, wo ich sie dem besuchenden Arzte vor-
führen mußte, was dann und wann geschah,
weil mich der Aufseher des Instituts meiner
unschädlichen Narrheit halber zum Vize- und
Unteraufseher ernannt hatte. Ich that es
das leztemal unter folgender Rede:

"Herr Doktor Oehlmann, oder Olea-
rius
-- wie Sie denn ihren Namen vor Dis-
sertationen und Programmen, durch eine todte

partiellem, theils mit totalem Wahnſinne;
auch in dieſes ſind noch kleinere Tollhaͤuſer
fuͤr beſondere Narren hineingebaut. In eins
von dieſen kleinern brachten ſie mich jezt aus
dem großen, vermuthlich weil ſie dieſes fuͤr zu
ſtark beſezt hielten. Ich fand es indeß hier
gerade wie dort; ja faſt noch beſſer, weil die
fixe Idee der mit mir eingeſperrten Narren
meiſtens eine angenehme war.

Ich kann meine Mitnarren nicht beſſer
darſtellen, als wenn ich gerade den Augenblick
waͤhle, wo ich ſie dem beſuchenden Arzte vor-
fuͤhren mußte, was dann und wann geſchah,
weil mich der Aufſeher des Inſtituts meiner
unſchaͤdlichen Narrheit halber zum Vize- und
Unteraufſeher ernannt hatte. Ich that es
das leztemal unter folgender Rede:

„Herr Doktor Oehlmann, oder Olea-
rius
— wie Sie denn ihren Namen vor Diſ-
ſertationen und Programmen, durch eine todte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0157" n="155"/>
partiellem, theils mit totalem Wahn&#x017F;inne;<lb/><choice><sic>anch</sic><corr>auch</corr></choice> in die&#x017F;es &#x017F;ind noch kleinere Tollha&#x0364;u&#x017F;er<lb/>
fu&#x0364;r be&#x017F;ondere Narren hineingebaut. In eins<lb/>
von die&#x017F;en kleinern brachten &#x017F;ie mich jezt aus<lb/>
dem großen, vermuthlich weil &#x017F;ie die&#x017F;es fu&#x0364;r zu<lb/>
&#x017F;tark be&#x017F;ezt hielten. Ich fand es indeß hier<lb/>
gerade wie dort; ja fa&#x017F;t noch be&#x017F;&#x017F;er, weil die<lb/>
fixe Idee der mit mir einge&#x017F;perrten Narren<lb/>
mei&#x017F;tens eine angenehme war.</p><lb/>
        <p>Ich kann meine Mitnarren nicht be&#x017F;&#x017F;er<lb/>
dar&#x017F;tellen, als wenn ich gerade den Augenblick<lb/>
wa&#x0364;hle, wo ich &#x017F;ie dem be&#x017F;uchenden Arzte vor-<lb/>
fu&#x0364;hren mußte, was dann und wann ge&#x017F;chah,<lb/>
weil mich der Auf&#x017F;eher des In&#x017F;tituts meiner<lb/>
un&#x017F;cha&#x0364;dlichen Narrheit halber zum Vize- und<lb/>
Unterauf&#x017F;eher ernannt hatte. Ich that es<lb/>
das leztemal unter folgender Rede:</p><lb/>
        <p>&#x201E;Herr Doktor <hi rendition="#g">Oehlmann,</hi> oder <hi rendition="#aq">Olea-<lb/>
rius</hi> &#x2014; wie Sie denn ihren Namen vor Di&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ertationen und Programmen, durch eine todte<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[155/0157] partiellem, theils mit totalem Wahnſinne; auch in dieſes ſind noch kleinere Tollhaͤuſer fuͤr beſondere Narren hineingebaut. In eins von dieſen kleinern brachten ſie mich jezt aus dem großen, vermuthlich weil ſie dieſes fuͤr zu ſtark beſezt hielten. Ich fand es indeß hier gerade wie dort; ja faſt noch beſſer, weil die fixe Idee der mit mir eingeſperrten Narren meiſtens eine angenehme war. Ich kann meine Mitnarren nicht beſſer darſtellen, als wenn ich gerade den Augenblick waͤhle, wo ich ſie dem beſuchenden Arzte vor- fuͤhren mußte, was dann und wann geſchah, weil mich der Aufſeher des Inſtituts meiner unſchaͤdlichen Narrheit halber zum Vize- und Unteraufſeher ernannt hatte. Ich that es das leztemal unter folgender Rede: „Herr Doktor Oehlmann, oder Olea- rius — wie Sie denn ihren Namen vor Diſ- ſertationen und Programmen, durch eine todte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/157
Zitationshilfe: Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/157>, abgerufen am 27.11.2024.