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Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805.

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bloße Formen der sinnlichen Anschauung
sind; nun wißt ihr aber daß beide in der
Geisterwelt nicht mehr vorkommen; jezt bitte
ich euch, die ihr nur allein in der Sinnlichkeit
lebt und webt, wie wollt ihr Raum finden,
da wo es keinen Raum mehr giebt? -- Ja,
was wollt ihr gar beginnen, wenn es mit der
Zeit zu Ende geht? Selbst auf eure größten
Weisen und Dichter angewandt, bleibt die Un-
sterblichkeit zulezt doch auch nur ein uneigent-
licher Ausdruck, was soll sie für euch arme
Teufel bedeuten, die ihr keine andere Hand-
lung ausgeübt habt, als die, mit Waaren,
und keinen andern Geist kennt, als den Wein-
geist, durch den eure Poeten ein Analogon von
Begeisterung in sich hervorbringen. -- Da
gebe nur jemand einen leidlichen Rath; ich
wenigstens weiß beim Teufel nicht, wo ich
mit euch hin soll!" --

Hier bemerkte ich eine Unruhe in der Ver-
sammlung vor mir, und hörte auch ganz deut-

bloße Formen der ſinnlichen Anſchauung
ſind; nun wißt ihr aber daß beide in der
Geiſterwelt nicht mehr vorkommen; jezt bitte
ich euch, die ihr nur allein in der Sinnlichkeit
lebt und webt, wie wollt ihr Raum finden,
da wo es keinen Raum mehr giebt? — Ja,
was wollt ihr gar beginnen, wenn es mit der
Zeit zu Ende geht? Selbſt auf eure groͤßten
Weiſen und Dichter angewandt, bleibt die Un-
ſterblichkeit zulezt doch auch nur ein uneigent-
licher Ausdruck, was ſoll ſie fuͤr euch arme
Teufel bedeuten, die ihr keine andere Hand-
lung ausgeuͤbt habt, als die, mit Waaren,
und keinen andern Geiſt kennt, als den Wein-
geiſt, durch den eure Poeten ein Analogon von
Begeiſterung in ſich hervorbringen. — Da
gebe nur jemand einen leidlichen Rath; ich
wenigſtens weiß beim Teufel nicht, wo ich
mit euch hin ſoll!“ —

Hier bemerkte ich eine Unruhe in der Ver-
ſammlung vor mir, und hoͤrte auch ganz deut-

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[106/0108] bloße Formen der ſinnlichen Anſchauung ſind; nun wißt ihr aber daß beide in der Geiſterwelt nicht mehr vorkommen; jezt bitte ich euch, die ihr nur allein in der Sinnlichkeit lebt und webt, wie wollt ihr Raum finden, da wo es keinen Raum mehr giebt? — Ja, was wollt ihr gar beginnen, wenn es mit der Zeit zu Ende geht? Selbſt auf eure groͤßten Weiſen und Dichter angewandt, bleibt die Un- ſterblichkeit zulezt doch auch nur ein uneigent- licher Ausdruck, was ſoll ſie fuͤr euch arme Teufel bedeuten, die ihr keine andere Hand- lung ausgeuͤbt habt, als die, mit Waaren, und keinen andern Geiſt kennt, als den Wein- geiſt, durch den eure Poeten ein Analogon von Begeiſterung in ſich hervorbringen. — Da gebe nur jemand einen leidlichen Rath; ich wenigſtens weiß beim Teufel nicht, wo ich mit euch hin ſoll!“ — Hier bemerkte ich eine Unruhe in der Ver- ſammlung vor mir, und hoͤrte auch ganz deut-

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Zitationshilfe: Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/108>, abgerufen am 24.11.2024.