Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kleist, Heinrich von: Der zerbrochne Krug. Berlin, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite
Walter.
Von eurer Aufführung, Herr Richter Adam,
Weiß ich nicht, was ich denken soll. Wenn ihr selbst
Den Krug zerschlagen hättet, könntet ihr
Von euch ab den Verdacht nicht eifriger
Hinwälzen auf den jungen Mann, als jetzt. --
Ihr setzt nicht mehr ins Protokoll, Herr Schreiber,
Als nur der Jungfer Eingeständniß, hoff' ich,
Vom gestrigen Geständniß, nicht vom Facto.
-- Ist's an die Jungfer jetzt schon auszusagen?
Adam.
Mein Seel, wenn's ihre Reihe noch nicht ist,
In solchen Dingen irrt der Mensch, Ew. Gnaden.
Wen hätt' ich fragen sollen jetzt? Beklagten?
Auf Ehr'! Ich nehme gute Lehre an.
Walter.
Wie unbefangen! -- Ja, fragt den Beklagten.
Fragt, macht ein Ende, fragt, ich bitt' euch sehr:
Dies ist die letzte Sache, die ihr führt.
Adam.
Die letzte! Was! Ei freilich! Den Beklagten!
Wohin auch, alter Richter, dachtest du?
Verflucht, das pips'ge Perlhuhn mir! Daß es
Krepirt wär an der Pest in Indien!
Stets liegt der Kloß von Nudeln mir im Sinn.
[5]
Walter.
Von eurer Auffuͤhrung, Herr Richter Adam,
Weiß ich nicht, was ich denken ſoll. Wenn ihr ſelbſt
Den Krug zerſchlagen haͤttet, koͤnntet ihr
Von euch ab den Verdacht nicht eifriger
Hinwaͤlzen auf den jungen Mann, als jetzt. —
Ihr ſetzt nicht mehr ins Protokoll, Herr Schreiber,
Als nur der Jungfer Eingeſtaͤndniß, hoff’ ich,
Vom geſtrigen Geſtaͤndniß, nicht vom Facto.
— Iſt’s an die Jungfer jetzt ſchon auszuſagen?
Adam.
Mein Seel, wenn’s ihre Reihe noch nicht iſt,
In ſolchen Dingen irrt der Menſch, Ew. Gnaden.
Wen haͤtt’ ich fragen ſollen jetzt? Beklagten?
Auf Ehr’! Ich nehme gute Lehre an.
Walter.
Wie unbefangen! — Ja, fragt den Beklagten.
Fragt, macht ein Ende, fragt, ich bitt’ euch ſehr:
Dies iſt die letzte Sache, die ihr fuͤhrt.
Adam.
Die letzte! Was! Ei freilich! Den Beklagten!
Wohin auch, alter Richter, dachteſt du?
Verflucht, das pips’ge Perlhuhn mir! Daß es
Krepirt waͤr an der Peſt in Indien!
Stets liegt der Kloß von Nudeln mir im Sinn.
[5]
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0071" n="65"/>
        <sp who="#WAL">
          <speaker> <hi rendition="#g">Walter.</hi> </speaker><lb/>
          <p>Von eurer Auffu&#x0364;hrung, Herr Richter Adam,<lb/>
Weiß ich nicht, was ich denken &#x017F;oll. Wenn ihr &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
Den Krug zer&#x017F;chlagen ha&#x0364;ttet, ko&#x0364;nntet ihr<lb/>
Von euch ab den Verdacht nicht eifriger<lb/>
Hinwa&#x0364;lzen auf den jungen Mann, als jetzt. &#x2014;<lb/>
Ihr &#x017F;etzt nicht mehr ins Protokoll, Herr Schreiber,<lb/>
Als nur der Jungfer Einge&#x017F;ta&#x0364;ndniß, hoff&#x2019; ich,<lb/>
Vom ge&#x017F;trigen Ge&#x017F;ta&#x0364;ndniß, nicht vom Facto.<lb/>
&#x2014; I&#x017F;t&#x2019;s an die Jungfer jetzt &#x017F;chon auszu&#x017F;agen?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#ADA">
          <speaker> <hi rendition="#g">Adam.</hi> </speaker><lb/>
          <p>Mein Seel, wenn&#x2019;s ihre Reihe noch nicht i&#x017F;t,<lb/>
In &#x017F;olchen Dingen irrt der Men&#x017F;ch, Ew. Gnaden.<lb/>
Wen ha&#x0364;tt&#x2019; ich fragen &#x017F;ollen jetzt? Beklagten?<lb/>
Auf Ehr&#x2019;! Ich nehme gute Lehre an.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#WAL">
          <speaker> <hi rendition="#g">Walter.</hi> </speaker><lb/>
          <p>Wie unbefangen! &#x2014; Ja, fragt den Beklagten.<lb/>
Fragt, macht ein Ende, fragt, ich bitt&#x2019; euch &#x017F;ehr:<lb/>
Dies i&#x017F;t die letzte Sache, die ihr fu&#x0364;hrt.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#ADA">
          <speaker> <hi rendition="#g">Adam.</hi> </speaker><lb/>
          <p>Die letzte! Was! Ei freilich! Den Beklagten!<lb/>
Wohin auch, alter Richter, dachte&#x017F;t du?<lb/>
Verflucht, das pips&#x2019;ge Perlhuhn mir! Daß es<lb/>
Krepirt wa&#x0364;r an der Pe&#x017F;t in Indien!<lb/>
Stets liegt der Kloß von Nudeln mir im Sinn.</p>
        </sp><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">[5]</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[65/0071] Walter. Von eurer Auffuͤhrung, Herr Richter Adam, Weiß ich nicht, was ich denken ſoll. Wenn ihr ſelbſt Den Krug zerſchlagen haͤttet, koͤnntet ihr Von euch ab den Verdacht nicht eifriger Hinwaͤlzen auf den jungen Mann, als jetzt. — Ihr ſetzt nicht mehr ins Protokoll, Herr Schreiber, Als nur der Jungfer Eingeſtaͤndniß, hoff’ ich, Vom geſtrigen Geſtaͤndniß, nicht vom Facto. — Iſt’s an die Jungfer jetzt ſchon auszuſagen? Adam. Mein Seel, wenn’s ihre Reihe noch nicht iſt, In ſolchen Dingen irrt der Menſch, Ew. Gnaden. Wen haͤtt’ ich fragen ſollen jetzt? Beklagten? Auf Ehr’! Ich nehme gute Lehre an. Walter. Wie unbefangen! — Ja, fragt den Beklagten. Fragt, macht ein Ende, fragt, ich bitt’ euch ſehr: Dies iſt die letzte Sache, die ihr fuͤhrt. Adam. Die letzte! Was! Ei freilich! Den Beklagten! Wohin auch, alter Richter, dachteſt du? Verflucht, das pips’ge Perlhuhn mir! Daß es Krepirt waͤr an der Peſt in Indien! Stets liegt der Kloß von Nudeln mir im Sinn. [5]

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_krug_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_krug_1811/71
Zitationshilfe: Kleist, Heinrich von: Der zerbrochne Krug. Berlin, 1811, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_krug_1811/71>, abgerufen am 05.12.2024.