Kleist, Heinrich von: Der zerbrochne Krug. Berlin, 1811.
Krieg ist's, bedenke, Krieg, in den du ziehst: Willst du mit solchem Grolle von mir scheiden? Ruprecht. Groll? Nein, bewahr' mich Gott, das will ich nicht. Gott schenk' dir so viel Wohlergehn, als er Erübrigen kann. Doch kehrt ich aus dem Kriege Gesund, mit erzgegoßnem Leib zurück, Und würd' in Huisum achtzig Jahre alt, So sagt ich noch im Tode zu dir: Metze! Du willst's ja selber vor Gericht beschwören. Frau Marthe (zu Eve). Hinweg! Was sagt' ich dir? Willst du dich noch Beschimpfen lassen? Der Herr Corporal Ist was für dich, der würd'ge Holzgebein, Der seinen Stock im Militair geführt, Und nicht dort der Maulaffe, der dem Stock Jetzt seinen Rücken bieten wird. Heut ist Verlobung, Hochzeit, wäre Taufe heute, Es wär' mir recht, und mein Begräbniß leid' ich, Wenn ich dem Hochmuth erst den Kamm zertreten, Der mir bis an die Krüge schwillet. Eve. Mutter! Laßt doch den Krug! Laßt mich doch in der Stadt ver- suchen, Ob ein geschickter Handwerksmann die Scherben,
Krieg iſt’s, bedenke, Krieg, in den du ziehſt: Willſt du mit ſolchem Grolle von mir ſcheiden? Ruprecht. Groll? Nein, bewahr’ mich Gott, das will ich nicht. Gott ſchenk’ dir ſo viel Wohlergehn, als er Eruͤbrigen kann. Doch kehrt ich aus dem Kriege Geſund, mit erzgegoßnem Leib zuruͤck, Und wuͤrd’ in Huiſum achtzig Jahre alt, So ſagt ich noch im Tode zu dir: Metze! Du willſt’s ja ſelber vor Gericht beſchwoͤren. Frau Marthe (zu Eve). Hinweg! Was ſagt’ ich dir? Willſt du dich noch Beſchimpfen laſſen? Der Herr Corporal Iſt was fuͤr dich, der wuͤrd’ge Holzgebein, Der ſeinen Stock im Militair gefuͤhrt, Und nicht dort der Maulaffe, der dem Stock Jetzt ſeinen Ruͤcken bieten wird. Heut iſt Verlobung, Hochzeit, waͤre Taufe heute, Es waͤr’ mir recht, und mein Begraͤbniß leid’ ich, Wenn ich dem Hochmuth erſt den Kamm zertreten, Der mir bis an die Kruͤge ſchwillet. Eve. Mutter! Laßt doch den Krug! Laßt mich doch in der Stadt ver- ſuchen, Ob ein geſchickter Handwerksmann die Scherben, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#EVE"> <p><pb facs="#f0047" n="41"/> Krieg iſt’s, bedenke, Krieg, in den du ziehſt:<lb/> Willſt du mit ſolchem Grolle von mir ſcheiden?</p> </sp><lb/> <sp who="#RUP"> <speaker><hi rendition="#g">Ruprecht</hi>.</speaker><lb/> <p>Groll? Nein, bewahr’ mich Gott, das will ich nicht.<lb/> Gott ſchenk’ dir ſo viel Wohlergehn, als er<lb/> Eruͤbrigen kann. Doch kehrt ich aus dem Kriege<lb/> Geſund, mit erzgegoßnem Leib zuruͤck,<lb/> Und wuͤrd’ in Huiſum achtzig Jahre alt,<lb/> So ſagt ich noch im Tode zu dir: Metze!<lb/> Du willſt’s ja ſelber vor Gericht beſchwoͤren.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAR"> <speaker>Frau Marthe</speaker> <stage>(zu Eve).</stage><lb/> <p>Hinweg! Was ſagt’ ich dir? Willſt du dich noch<lb/> Beſchimpfen laſſen? Der Herr Corporal<lb/> Iſt was fuͤr dich, der wuͤrd’ge Holzgebein,<lb/> Der ſeinen Stock im Militair gefuͤhrt,<lb/> Und nicht dort der Maulaffe, der dem Stock<lb/> Jetzt ſeinen Ruͤcken bieten wird. Heut iſt<lb/> Verlobung, Hochzeit, waͤre Taufe heute,<lb/> Es waͤr’ mir recht, und mein Begraͤbniß leid’ ich,<lb/> Wenn ich dem Hochmuth erſt den Kamm zertreten,<lb/> Der mir bis an die Kruͤge ſchwillet.</p> </sp><lb/> <sp who="#EVE"> <speaker><hi rendition="#g">Eve</hi>.</speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">Mutter!</hi><lb/> Laßt doch den Krug! Laßt mich doch in der Stadt ver-<lb/> ſuchen,<lb/> Ob ein geſchickter Handwerksmann die Scherben,<lb/></p> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [41/0047]
Krieg iſt’s, bedenke, Krieg, in den du ziehſt:
Willſt du mit ſolchem Grolle von mir ſcheiden?
Ruprecht.
Groll? Nein, bewahr’ mich Gott, das will ich nicht.
Gott ſchenk’ dir ſo viel Wohlergehn, als er
Eruͤbrigen kann. Doch kehrt ich aus dem Kriege
Geſund, mit erzgegoßnem Leib zuruͤck,
Und wuͤrd’ in Huiſum achtzig Jahre alt,
So ſagt ich noch im Tode zu dir: Metze!
Du willſt’s ja ſelber vor Gericht beſchwoͤren.
Frau Marthe (zu Eve).
Hinweg! Was ſagt’ ich dir? Willſt du dich noch
Beſchimpfen laſſen? Der Herr Corporal
Iſt was fuͤr dich, der wuͤrd’ge Holzgebein,
Der ſeinen Stock im Militair gefuͤhrt,
Und nicht dort der Maulaffe, der dem Stock
Jetzt ſeinen Ruͤcken bieten wird. Heut iſt
Verlobung, Hochzeit, waͤre Taufe heute,
Es waͤr’ mir recht, und mein Begraͤbniß leid’ ich,
Wenn ich dem Hochmuth erſt den Kamm zertreten,
Der mir bis an die Kruͤge ſchwillet.
Eve.
Mutter!
Laßt doch den Krug! Laßt mich doch in der Stadt ver-
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Zitationshilfe: | Kleist, Heinrich von: Der zerbrochne Krug. Berlin, 1811, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_krug_1811/47>, abgerufen am 16.07.2024. |