Kleist, Heinrich von: Der zerbrochne Krug. Berlin, 1811. Licht. Hülf' inzwischen kommt herbei, Man lös't ihn ab, man reibt ihn, und begießt ihn, Ins nackte Leben bringt man ihn zurück. Adam. So? Bringt man ihn? Licht. Doch jetzo wird versiegelt, In seinem Haus, vereidet und verschlossen, Es ist, als wär er eine Leiche schon, Und auch sein Richteramt ist schon beerbt. Adam. Ei, Henker, seht! -- Ein liederlicher Hund war's -- Sonst eine ehrliche Haut, so wahr ich lebe, Ein Kerl, mit dem sich's gut zusammen war; Doch grausam liederlich, das muß ich sagen. Wenn der Gerichtsrath heut in Holla war, So ging's ihm schlecht, dem armen Kauz, das glaub' ich. Licht. Und dieser Vorfall einzig, sprach der Bauer, Sei Schuld, daß der Gerichtsrath noch nicht hier; Zu Mittag treff' er doch ohnfehlbar ein. Adam. Zu Mittag! Gut, Gevatter! Jetzt gilt's Freund- schaft. Ihr wißt, wie sich zwei Hände waschen können. Licht. Huͤlf’ inzwiſchen kommt herbei, Man loͤſ’t ihn ab, man reibt ihn, und begießt ihn, Ins nackte Leben bringt man ihn zuruͤck. Adam. So? Bringt man ihn? Licht. Doch jetzo wird verſiegelt, In ſeinem Haus, vereidet und verſchloſſen, Es iſt, als waͤr er eine Leiche ſchon, Und auch ſein Richteramt iſt ſchon beerbt. Adam. Ei, Henker, ſeht! — Ein liederlicher Hund war’s — Sonſt eine ehrliche Haut, ſo wahr ich lebe, Ein Kerl, mit dem ſich’s gut zuſammen war; Doch grauſam liederlich, das muß ich ſagen. Wenn der Gerichtsrath heut in Holla war, So ging’s ihm ſchlecht, dem armen Kauz, das glaub’ ich. Licht. Und dieſer Vorfall einzig, ſprach der Bauer, Sei Schuld, daß der Gerichtsrath noch nicht hier; Zu Mittag treff’ er doch ohnfehlbar ein. Adam. Zu Mittag! Gut, Gevatter! Jetzt gilt’s Freund- ſchaft. Ihr wißt, wie ſich zwei Haͤnde waſchen koͤnnen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0020" n="14"/> <sp who="#LIC"> <speaker><hi rendition="#g">Licht</hi>.</speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">Huͤlf’ inzwiſchen kommt herbei,</hi><lb/> Man loͤſ’t ihn ab, man reibt ihn, und begießt ihn,<lb/> Ins nackte Leben bringt man ihn zuruͤck.</p> </sp><lb/> <sp who="#ADA"> <speaker><hi rendition="#g">Adam</hi>.</speaker><lb/> <p>So? Bringt man ihn?</p> </sp><lb/> <sp who="#LIC"> <speaker><hi rendition="#g">Licht</hi>.</speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">Doch jetzo wird verſiegelt,</hi><lb/> In ſeinem Haus, vereidet und verſchloſſen,<lb/> Es iſt, als waͤr er eine Leiche ſchon,<lb/> Und auch ſein Richteramt iſt ſchon beerbt.</p> </sp><lb/> <sp who="#ADA"> <speaker><hi rendition="#g">Adam</hi>.</speaker><lb/> <p>Ei, Henker, ſeht! — Ein liederlicher Hund war’s —<lb/> Sonſt eine ehrliche Haut, ſo wahr ich lebe,<lb/> Ein Kerl, mit dem ſich’s gut zuſammen war;<lb/> Doch grauſam liederlich, das muß ich ſagen.<lb/> Wenn der Gerichtsrath heut in Holla war,<lb/> So ging’s ihm ſchlecht, dem armen Kauz, das glaub’ ich.</p> </sp><lb/> <sp who="#LIC"> <speaker><hi rendition="#g">Licht</hi>.</speaker><lb/> <p>Und dieſer Vorfall einzig, ſprach der Bauer,<lb/> Sei Schuld, daß der Gerichtsrath noch nicht hier;<lb/> Zu Mittag treff’ er doch ohnfehlbar ein.</p> </sp><lb/> <sp who="#ADA"> <speaker><hi rendition="#g">Adam</hi>.</speaker><lb/> <p>Zu Mittag! Gut, Gevatter! Jetzt gilt’s Freund-<lb/> ſchaft.<lb/> Ihr wißt, wie ſich zwei Haͤnde waſchen koͤnnen.<lb/></p> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [14/0020]
Licht.
Huͤlf’ inzwiſchen kommt herbei,
Man loͤſ’t ihn ab, man reibt ihn, und begießt ihn,
Ins nackte Leben bringt man ihn zuruͤck.
Adam.
So? Bringt man ihn?
Licht.
Doch jetzo wird verſiegelt,
In ſeinem Haus, vereidet und verſchloſſen,
Es iſt, als waͤr er eine Leiche ſchon,
Und auch ſein Richteramt iſt ſchon beerbt.
Adam.
Ei, Henker, ſeht! — Ein liederlicher Hund war’s —
Sonſt eine ehrliche Haut, ſo wahr ich lebe,
Ein Kerl, mit dem ſich’s gut zuſammen war;
Doch grauſam liederlich, das muß ich ſagen.
Wenn der Gerichtsrath heut in Holla war,
So ging’s ihm ſchlecht, dem armen Kauz, das glaub’ ich.
Licht.
Und dieſer Vorfall einzig, ſprach der Bauer,
Sei Schuld, daß der Gerichtsrath noch nicht hier;
Zu Mittag treff’ er doch ohnfehlbar ein.
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Zitationshilfe: | Kleist, Heinrich von: Der zerbrochne Krug. Berlin, 1811, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_krug_1811/20>, abgerufen am 16.07.2024. |