Kleist, Heinrich von: Der zerbrochne Krug. Berlin, 1811. Eve. Du hör'st. Ich will nichts von dir wissen. Ruprecht. Ei, solch ein Tölpel! Der Lebrecht denk' ich, Schaafsgesicht, und geh. Mich beim Dorfrichter ehrlich zu beklagen, Und er, vor dem ich klage, ist es selbst: Den Hals noch judicirt er mir in's Eisen. Walter. Wenn sich die Jungfer gestern gleich der Mutter Eröffnet hätte züchtiglich, so hätte Sie dem Gerichte Schand' erspart, und sich Zweideut'ge Meinungen von ihrer Ehre. Ruprecht. Sie schämte sich. Verzeiht ihr, gnäd'ger Herr! Es war ihr Richter doch, sie mußt' ihn schonen. -- Komm nur jetzt fort zu Haus'. Es wird sich finden. Eve. Ja, schämen! Ruprecht. Gut. So war's was Anderes. Behalts für dich, was brauchen wir's zu wissen. Du wirst's schon auf der Flieder-Bank mir Eins, Wenn von dem Thurm die Vesper geht, erzählen. Komm, sei nur gut. Eve. Du hoͤr’ſt. Ich will nichts von dir wiſſen. Ruprecht. Ei, ſolch ein Toͤlpel! Der Lebrecht denk’ ich, Schaafsgeſicht, und geh. Mich beim Dorfrichter ehrlich zu beklagen, Und er, vor dem ich klage, iſt es ſelbſt: Den Hals noch judicirt er mir in’s Eiſen. Walter. Wenn ſich die Jungfer geſtern gleich der Mutter Eroͤffnet haͤtte zuͤchtiglich, ſo haͤtte Sie dem Gerichte Schand’ erſpart, und ſich Zweideut’ge Meinungen von ihrer Ehre. Ruprecht. Sie ſchaͤmte ſich. Verzeiht ihr, gnaͤd’ger Herr! Es war ihr Richter doch, ſie mußt’ ihn ſchonen. — Komm nur jetzt fort zu Hauſ’. Es wird ſich finden. Eve. Ja, ſchaͤmen! Ruprecht. Gut. So war’s was Anderes. Behalts fuͤr dich, was brauchen wir’s zu wiſſen. Du wirſt’s ſchon auf der Flieder-Bank mir Eins, Wenn von dem Thurm die Vesper geht, erzaͤhlen. Komm, ſei nur gut. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb n="146" facs="#f0152"/> <sp who="#EVE"> <speaker> <hi rendition="#g">Eve.</hi> </speaker><lb/> <p>Du hoͤr’ſt. Ich will nichts von dir wiſſen.</p> </sp><lb/> <sp who="#RUP"> <speaker> <hi rendition="#g">Ruprecht.</hi> </speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">Ei, ſolch ein Toͤlpel!</hi><lb/> Der Lebrecht denk’ ich, Schaafsgeſicht, und geh.<lb/> Mich beim Dorfrichter ehrlich zu beklagen,<lb/> Und er, vor dem ich klage, iſt es ſelbſt:<lb/> Den Hals noch judicirt er mir in’s Eiſen.</p> </sp><lb/> <sp who="#WAL"> <speaker> <hi rendition="#g">Walter.</hi> </speaker><lb/> <p>Wenn ſich die Jungfer geſtern gleich der Mutter<lb/> Eroͤffnet haͤtte zuͤchtiglich, ſo haͤtte<lb/> Sie dem Gerichte Schand’ erſpart, und ſich<lb/> Zweideut’ge Meinungen von ihrer Ehre.</p> </sp><lb/> <sp who="#RUP"> <speaker> <hi rendition="#g">Ruprecht.</hi> </speaker><lb/> <p>Sie ſchaͤmte ſich. Verzeiht ihr, gnaͤd’ger Herr!<lb/> Es war ihr Richter doch, ſie mußt’ ihn ſchonen. —<lb/> Komm nur jetzt fort zu Hauſ’. Es wird ſich finden.</p> </sp><lb/> <sp who="#EVE"> <speaker> <hi rendition="#g">Eve.</hi> </speaker><lb/> <p>Ja, ſchaͤmen!</p> </sp><lb/> <sp who="#RUP"> <speaker> <hi rendition="#g">Ruprecht.</hi> </speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">Gut. So war’s was Anderes.</hi><lb/> Behalts fuͤr dich, was brauchen wir’s zu wiſſen.<lb/> Du wirſt’s ſchon auf der Flieder-Bank mir Eins,<lb/> Wenn von dem Thurm die Vesper geht, erzaͤhlen.<lb/> Komm, ſei nur gut.</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [146/0152]
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Der Lebrecht denk’ ich, Schaafsgeſicht, und geh.
Mich beim Dorfrichter ehrlich zu beklagen,
Und er, vor dem ich klage, iſt es ſelbſt:
Den Hals noch judicirt er mir in’s Eiſen.
Walter.
Wenn ſich die Jungfer geſtern gleich der Mutter
Eroͤffnet haͤtte zuͤchtiglich, ſo haͤtte
Sie dem Gerichte Schand’ erſpart, und ſich
Zweideut’ge Meinungen von ihrer Ehre.
Ruprecht.
Sie ſchaͤmte ſich. Verzeiht ihr, gnaͤd’ger Herr!
Es war ihr Richter doch, ſie mußt’ ihn ſchonen. —
Komm nur jetzt fort zu Hauſ’. Es wird ſich finden.
Eve.
Ja, ſchaͤmen!
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Zitationshilfe: | Kleist, Heinrich von: Der zerbrochne Krug. Berlin, 1811, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_krug_1811/152>, abgerufen am 02.03.2025. |