Kleist, Heinrich von: Der zerbrochne Krug. Berlin, 1811. Walter (nimmt den Brief und lies't ihn). O unerhört, arglistiger Betrug! -- Der Brief ist falsch! Eve. Falsch? Walter. Falsch, so wahr ich lebe! Herr Schreiber Licht, sagt selbst, ist das die Ordre, Die man aus Utrecht jüngst an euch erließ? Licht. Die Ordre! Was! Der Sünder, der! Ein Wisch, Den er mit eignen Händen aufgesetzt! -- Die Truppen, die man anwarb, sind bestimmt Zum Dienst im Landesinneren; kein Mensch Denkt dran, sie nach Ostindien zu schicken! Eve. Nein, nimmermehr, ihr Herrn? Walter. Bei meiner Ehre! Und zum Beweise meines Worts: den Ruprecht, Wärs so, wie du mir sagst: ich kauf' ihn frei! Eve (steht auf). O Himmel! Wie belog der Böswicht mich! Denn mit der schrecklichen Besorgniß eben, Quält er mein Herz, und kam, zur Zeit der Nacht, Mir ein Attest für Ruprecht aufzudringen; Walter (nimmt den Brief und lieſ’t ihn). O unerhoͤrt, argliſtiger Betrug! — Der Brief iſt falſch! Eve. Falſch? Walter. Falſch, ſo wahr ich lebe! Herr Schreiber Licht, ſagt ſelbſt, iſt das die Ordre, Die man aus Utrecht juͤngſt an euch erließ? Licht. Die Ordre! Was! Der Suͤnder, der! Ein Wiſch, Den er mit eignen Haͤnden aufgeſetzt! — Die Truppen, die man anwarb, ſind beſtimmt Zum Dienſt im Landesinneren; kein Menſch Denkt dran, ſie nach Oſtindien zu ſchicken! Eve. Nein, nimmermehr, ihr Herrn? Walter. Bei meiner Ehre! Und zum Beweiſe meines Worts: den Ruprecht, Waͤrs ſo, wie du mir ſagſt: ich kauf’ ihn frei! Eve (ſteht auf). O Himmel! Wie belog der Boͤswicht mich! Denn mit der ſchrecklichen Beſorgniß eben, Quaͤlt er mein Herz, und kam, zur Zeit der Nacht, Mir ein Atteſt fuͤr Ruprecht aufzudringen; <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0147" n="141"/> <sp who="#WAL"> <speaker> <hi rendition="#g">Walter</hi> </speaker> <stage>(nimmt den Brief und lieſ’t ihn).</stage><lb/> <p>O unerhoͤrt, argliſtiger Betrug! —<lb/> Der Brief iſt falſch!</p> </sp><lb/> <sp who="#EVE"> <speaker> <hi rendition="#g">Eve.</hi> </speaker><lb/> <p> <hi rendition="#c">Falſch?</hi> </p> </sp><lb/> <sp who="#WAL"> <speaker> <hi rendition="#g">Walter.</hi> </speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">Falſch, ſo wahr ich lebe!</hi><lb/> Herr Schreiber Licht, ſagt ſelbſt, iſt das die Ordre,<lb/> Die man aus Utrecht juͤngſt an euch erließ?</p> </sp><lb/> <sp who="#LIC"> <speaker> <hi rendition="#g">Licht.</hi> </speaker><lb/> <p>Die Ordre! Was! Der Suͤnder, der! Ein Wiſch,<lb/> Den er mit eignen Haͤnden aufgeſetzt! —<lb/> Die Truppen, die man anwarb, ſind beſtimmt<lb/> Zum Dienſt im Landesinneren; kein Menſch<lb/> Denkt dran, ſie nach Oſtindien zu ſchicken!</p> </sp><lb/> <sp who="#EVE"> <speaker> <hi rendition="#g">Eve.</hi> </speaker><lb/> <p>Nein, nimmermehr, ihr Herrn?</p> </sp><lb/> <sp who="#WAL"> <speaker> <hi rendition="#g">Walter.</hi> </speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">Bei meiner Ehre!</hi><lb/> Und zum Beweiſe meines Worts: den Ruprecht,<lb/> Waͤrs ſo, wie du mir ſagſt: ich kauf’ ihn frei!</p> </sp><lb/> <sp who="#EVE"> <speaker> <hi rendition="#g">Eve</hi> </speaker> <stage>(ſteht auf).</stage><lb/> <p>O Himmel! Wie belog der Boͤswicht mich!<lb/> Denn mit der ſchrecklichen Beſorgniß eben,<lb/> Quaͤlt er mein Herz, und kam, zur Zeit der Nacht,<lb/> Mir ein Atteſt fuͤr Ruprecht aufzudringen;<lb/></p> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [141/0147]
Walter (nimmt den Brief und lieſ’t ihn).
O unerhoͤrt, argliſtiger Betrug! —
Der Brief iſt falſch!
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Walter.
Falſch, ſo wahr ich lebe!
Herr Schreiber Licht, ſagt ſelbſt, iſt das die Ordre,
Die man aus Utrecht juͤngſt an euch erließ?
Licht.
Die Ordre! Was! Der Suͤnder, der! Ein Wiſch,
Den er mit eignen Haͤnden aufgeſetzt! —
Die Truppen, die man anwarb, ſind beſtimmt
Zum Dienſt im Landesinneren; kein Menſch
Denkt dran, ſie nach Oſtindien zu ſchicken!
Eve.
Nein, nimmermehr, ihr Herrn?
Walter.
Bei meiner Ehre!
Und zum Beweiſe meines Worts: den Ruprecht,
Waͤrs ſo, wie du mir ſagſt: ich kauf’ ihn frei!
Eve (ſteht auf).
O Himmel! Wie belog der Boͤswicht mich!
Denn mit der ſchrecklichen Beſorgniß eben,
Quaͤlt er mein Herz, und kam, zur Zeit der Nacht,
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Zitationshilfe: | Kleist, Heinrich von: Der zerbrochne Krug. Berlin, 1811, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_krug_1811/147>, abgerufen am 16.07.2024. |