Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kleist, Heinrich von: Der zerbrochne Krug. Berlin, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite
Veit.
-- Gestrenger Herr, ich will noch nichts behaupten.
Ich war daheim, als sich der Krug zerschlug,
Und auch von einer andern Unternehmung
Hab' ich, die Wahrheit zugestehn, noch nichts,
Wenn ich jedweden Umstand wohl erwäge,
Das meinen Sohn verdächtig macht, bemerkt.
Von seiner Unschuld völlig überzeugt,
Kam ich hieher, nach abgemachtem Streit
Sein ehelich Verlöbniß aufzulösen,
Und ihm das Silberkettlein einzufordern,
Zusamt dem Schaupfennig, den er der Jungfer
Bei dem Verlöbniß vor'gen Herbst verehrt.
Wenn jetzt von Flucht was, und Verrätherei
An meinem grauen Haar zu Tage kommt,
So ist mir das so neu, ihr Herrn, als euch:
Doch dann der Teufel soll den Hals ihm brechen.
Walter.
Schafft Frau Brigitt' herbei, Herr Richter Adam.
Adam.
-- Wird Ew. Gnaden diese Sache nicht
Ermüden? Sie zieht sich in die Länge.
Ew. Gnaden haben meine Kassen noch,
Und die Registratur -- Was ist die Glocke?
Licht.
Es schlug so eben halb.
Veit.
— Geſtrenger Herr, ich will noch nichts behaupten.
Ich war daheim, als ſich der Krug zerſchlug,
Und auch von einer andern Unternehmung
Hab’ ich, die Wahrheit zugeſtehn, noch nichts,
Wenn ich jedweden Umſtand wohl erwaͤge,
Das meinen Sohn verdaͤchtig macht, bemerkt.
Von ſeiner Unſchuld voͤllig uͤberzeugt,
Kam ich hieher, nach abgemachtem Streit
Sein ehelich Verloͤbniß aufzuloͤſen,
Und ihm das Silberkettlein einzufordern,
Zuſamt dem Schaupfennig, den er der Jungfer
Bei dem Verloͤbniß vor’gen Herbſt verehrt.
Wenn jetzt von Flucht was, und Verraͤtherei
An meinem grauen Haar zu Tage kommt,
So iſt mir das ſo neu, ihr Herrn, als euch:
Doch dann der Teufel ſoll den Hals ihm brechen.
Walter.
Schafft Frau Brigitt’ herbei, Herr Richter Adam.
Adam.
— Wird Ew. Gnaden dieſe Sache nicht
Ermuͤden? Sie zieht ſich in die Laͤnge.
Ew. Gnaden haben meine Kaſſen noch,
Und die Regiſtratur — Was iſt die Glocke?
Licht.
Es ſchlug ſo eben halb.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0105" n="99"/>
        <sp who="#VEI">
          <speaker> <hi rendition="#g">Veit.</hi> </speaker><lb/>
          <p>&#x2014; Ge&#x017F;trenger Herr, ich will noch nichts behaupten.<lb/>
Ich war daheim, als &#x017F;ich der Krug zer&#x017F;chlug,<lb/>
Und auch von einer andern Unternehmung<lb/>
Hab&#x2019; ich, die Wahrheit zuge&#x017F;tehn, noch nichts,<lb/>
Wenn ich jedweden Um&#x017F;tand wohl erwa&#x0364;ge,<lb/>
Das meinen Sohn verda&#x0364;chtig macht, bemerkt.<lb/>
Von &#x017F;einer Un&#x017F;chuld vo&#x0364;llig u&#x0364;berzeugt,<lb/>
Kam ich hieher, nach abgemachtem Streit<lb/>
Sein ehelich Verlo&#x0364;bniß aufzulo&#x0364;&#x017F;en,<lb/>
Und ihm das Silberkettlein einzufordern,<lb/>
Zu&#x017F;amt dem Schaupfennig, den er der Jungfer<lb/>
Bei dem Verlo&#x0364;bniß vor&#x2019;gen Herb&#x017F;t verehrt.<lb/>
Wenn jetzt von Flucht was, und Verra&#x0364;therei<lb/>
An meinem grauen Haar zu Tage kommt,<lb/>
So i&#x017F;t mir das &#x017F;o neu, ihr Herrn, als euch:<lb/>
Doch dann der Teufel &#x017F;oll den Hals ihm brechen.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#WAL">
          <speaker> <hi rendition="#g">Walter.</hi> </speaker><lb/>
          <p>Schafft Frau Brigitt&#x2019; herbei, Herr Richter Adam.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#ADA">
          <speaker> <hi rendition="#g">Adam.</hi> </speaker><lb/>
          <p>&#x2014; Wird Ew. Gnaden die&#x017F;e Sache nicht<lb/>
Ermu&#x0364;den? Sie zieht &#x017F;ich in die La&#x0364;nge.<lb/>
Ew. Gnaden haben meine Ka&#x017F;&#x017F;en noch,<lb/>
Und die Regi&#x017F;tratur &#x2014; Was i&#x017F;t die Glocke?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#LIC">
          <speaker> <hi rendition="#g">Licht.</hi> </speaker><lb/>
          <p>Es &#x017F;chlug &#x017F;o eben halb.</p>
        </sp><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[99/0105] Veit. — Geſtrenger Herr, ich will noch nichts behaupten. Ich war daheim, als ſich der Krug zerſchlug, Und auch von einer andern Unternehmung Hab’ ich, die Wahrheit zugeſtehn, noch nichts, Wenn ich jedweden Umſtand wohl erwaͤge, Das meinen Sohn verdaͤchtig macht, bemerkt. Von ſeiner Unſchuld voͤllig uͤberzeugt, Kam ich hieher, nach abgemachtem Streit Sein ehelich Verloͤbniß aufzuloͤſen, Und ihm das Silberkettlein einzufordern, Zuſamt dem Schaupfennig, den er der Jungfer Bei dem Verloͤbniß vor’gen Herbſt verehrt. Wenn jetzt von Flucht was, und Verraͤtherei An meinem grauen Haar zu Tage kommt, So iſt mir das ſo neu, ihr Herrn, als euch: Doch dann der Teufel ſoll den Hals ihm brechen. Walter. Schafft Frau Brigitt’ herbei, Herr Richter Adam. Adam. — Wird Ew. Gnaden dieſe Sache nicht Ermuͤden? Sie zieht ſich in die Laͤnge. Ew. Gnaden haben meine Kaſſen noch, Und die Regiſtratur — Was iſt die Glocke? Licht. Es ſchlug ſo eben halb.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_krug_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_krug_1811/105
Zitationshilfe: Kleist, Heinrich von: Der zerbrochne Krug. Berlin, 1811, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_krug_1811/105>, abgerufen am 05.12.2024.